Newsletter Nr. 156 März 2010 PROASYL
Geschrieben von jnwwebmaster am March 16 2010 18:49:34

Newsletter Nr. 156 März 2010

Inhalt

Allgemeine Meldungen BRD

Bundesinnenministerium hält an Überstellungen nach Griechenland fest

Bundesverwaltungsgericht zur Versagung des Flüchtlingsschutzes

Abschiebungen 2009 in Zahlen

Rückführungen in das Kosovo

Botschaftsvorführungen 2009 in Zahlen

Asylstatistik 2009

Flüchtlingsorganisationen zur Altersfeststellung

Passbeschaffungspraktiken für Abschiebungen nach Sierra Leone

Mehr und höhere Zwangsgelder gegen Fluggesellschaften

Jahresbilanz zur Abschiebungsbeobachtung am Flughafen FFM

Ruander droht Abschiebung

Bayern immer noch Lagerland

Hungerstreik in bayerischen Flüchtlingsunterkünften

Anhörung zu Residenzpflicht in Berliner Abgeordnetenhaus

VG Halle: keine Gebühren für „Verlassensanträge“

Wohnsitzauflage und Umzug

Leitfaden zu ausländischen Bildungs- und Berufsabschlüssen

Polizei in Dessau

Kooperation Deutschlands und Guineas auch auf militärischer Ebene

Internationale Meldungen und Meldungen zu Herkunftsländern

CDF legt Liste von Festnahmen in Syrien vor

Syriens Umgang mit politischen Gefangenen

Appell zur Freilassung von kurdischen politischen Gefangenen in Syrien

SFH veröffentlicht Update der Länderanalyse zu Eritrea

Rohingya aus Burma müssen in Bangladesh um ihr Überleben kämpfen

Frauen im kurdischen Nordirak Opfer von Genitalverstümmelung

Meldungen zur Flüchtlingspolitik der EU und einzelner EU-Länder

Hammarberg legt Papier zur Kriminalisierung der Migration in Europa vor

Europäische Organisationen: EU muss Zugang zu Schutz ermöglichen

Mehr Macht und Geld für FRONTEX

SFH zur Asyl- und Abschiebungspraxis in Dublin-Staaten

Gaddafi, Dschihad, Schweiz...

FRANKREICH

Gesetzentwurf von Besson schränkt Rechte von Asylbewerbern ein

Station an europaweitem Migrationsweg geschlossen

GRIECHENLAND

Unfairer Prozess gegen protestierende Abschiebungshaftgefangene

Ausgesetzte Bootsflüchtlinge fünf Tage nur notdürftig versorgt

Türkei und Griechenland bei Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention weit vorn

GROßBRITANNIEN

Schnellverfahren wird asylsuchenden Frauen nicht gerecht

Newsletter ITALIEN Februar 2010

1. Ärzte ohne Grenzen (MSF) - Bericht Italien: „Gefängnisbedingungen“ in Migrationszentren

2. Video aus dem Abschiebungslager Bari

3. RIACE – das positive Beispiel für die Aufnahme von Flüchtlingen

4. FRONTEX: CHRONOS startet im April 2010

5. Italien-Libyen: Das erste Ziel ist die Bekämpfung der illegalen Migration

6. Libyen: Mauer gegen illegale Flüchtlinge

7. Libyen schiebt Eritreer ab

8. Verhaftung von Flüchtlingsunterstützern in Ostsizilien

9. Sardinien: Solidarität mit geräumten Senegalesen

10. Polizeioperation gegen Antirassisten in Turin

11. Mehr als 50 % der Italiener sind fremdenfeindlich

12. Nigerianerin zeigt versuchten Missbrauch in Haft an

Bundesinnenministerium hält an Überstellungen nach Griechenland fest

Ein bereits aus Deutschland nach Griechenland abgeschobener Iraker muss zurückgeholt werden. Dies entschied das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder in einem Beschluss im Eilverfahren am 3. Februar 2010. Über den Fall berichtet der Jesuitenflüchtlingsdienst in einer Pressemitteilung vom 8. Februar 2010. Aufgrund der Missstände im griechischen Asylsystem hat das Bundesverfassungsgericht, so der Jesuitenflüchtlingsdienst, inzwischen in acht Eilverfahren Abschiebungen nach Griechenland vorläufig ausgesetzt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière habe jedoch in einem Schreiben mitgeteilt, auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes werde man an der Überstellung nach Griechenland festhalten. Soweit die Bundespolizei zuständig sei, werde man auch weiterhin Haft zur Vorbereitung der Überstellung beantragen. Es sei in den vergangenen Monaten ein sprunghafter Anstieg der unerlaubten Einreisen an den deutschen Flughäfen auf sogenannten Schengen-Binnenflügen aus Griechenland zu verzeichnen.

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Bundesverwaltungsgericht zur Versagung des Flüchtlingsschutzes

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Voraussetzungen präzisiert, unter denen Asylbewerbern wegen des Verdachts der Beteiligung an Kriegsverbrechen oder schweren nicht-politischen Straftaten die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes versagt werden kann. Das Urteil vom 16. Februar 2010, Az.: BVerwG 10 C 7.09, stellt klar, dass ein Kriegsverbrechen auch dann vorliegen kann, wenn sich die Tat im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts gegen Soldaten und nicht gegen Zivilpersonen richtet. Auch die Tat einer Zivilperson kann ein Kriegsverbrechen sein, wenn sie im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt steht, so das Bundesverwaltungsgericht. Im vorliegenden Fall wurde die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen, da die relevanten Tatsachen noch nicht festgestellt worden waren.

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Abschiebungen 2009 in Zahlen

Im Jahr 2009 hat es in Deutschland über 7.800 Abschiebungen gegeben, davon 7.289 auf dem Luftweg. Dies ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke (BT-Drucksache 17/459 und 17/644). Überraschend ist die gegenüber den Vorjahren gestiegene Zahl der Zurückschiebungen an den Landgrenzen (4.981). 154 Rückführungen auf dem Luftweg scheiterten im Jahr 2009 an Widerstandshandlungen, 58 an der Weigerung der Fluggesellschaft oder der Piloten, die Abzuschiebenden mitzunehmen, 41 aus medizinischen Gründen und 17 an der Weigerung des jeweiligen Zielstaates, die Abzuschiebenden aufzunehmen.

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Rückführungen in das Kosovo

Die Bundesregierung hat am 11. Februar 2010 eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen (BT-Drucksachen 17/505 und 17/692) beantwortet. Thema: „Rückführungen in das Kosovo“. Die Antworten der Bundesregierung sind ein Musterbeispiel, wie man klaren Fragen ausweicht und Sachverhalte beschönigt. Wo UNHCR Angehörige von Minderheitengemeinschaften weiterhin als „Opfer ethnisch motivierter Vorfälle wie beispielsweise tätliche und verbale Angriffe oder Bedrohungen, Brandstiftung, Steinwürfe, Einschüchterungen, Belästigungen und Plünderungen“ sieht, liegen der Bundesregierung gar keine Erkenntnisse vor, „dass Angehörige von Minderheitengemeinschaften im Kosovo in systematischer Weise Opfer ethnisch motivierter Übergriffe sind.“ Methode: Man verweigere Erkenntnisse, indem man Erkenntnisse und Berichte Anderer möglichst gar nicht zur Kenntnis nimmt. Befragt nach der nach Ansicht des UNHCR immer noch nicht gewährleisteten Personenfreizügigkeit im Kosovo, stellt sich die Bundesregierung zunächst einmal naiv: „Die Bewegungsfreiheit im gesamten Kosovo ist rechtlich nicht eingeschränkt.“ Immerhin, möchte man sagen – im Kosovo gibt es keine Residenzpflicht wie in Deutschland. Dann aber wird es schlicht ärgerlich, was die Bundesregierung von sich gibt: „Problematische Situationen wie z.B. handgreifliche Auseinandersetzungen bzw. Proteste können sich ergeben, wenn das Betreten eines von anderen Ethnien dominierten Gebiets als Provokation ausgelegt wird.“ Da wird das, was UNHCR als Androhung physischer Gewalt bezeichnet, begrifflich abgestuft zu spontan sich ergebenden handgreiflichen Auseinandersetzungen, wie man auch jede Wirtshausschlägerei bezeichnen könnte. Auf die Realitätsverweigerung der Bundesregierung in Sachen Kosovo hat PRO ASYL mit einer Presseerklärung vom 25. Februar 2010 reagiert.

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Botschaftsvorführungen 2009 in Zahlen

Im Jahr 2009 wurden durch die Bundespolizei 2.994 Menschen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit zur Identitätsfeststellung im Rahmen sogenannter Botschaftsvorführungen vorgeladen. Erschienen sind dabei 1.079 Personen aus elf Staaten. In 610 Fällen konnte die Staatsangehörigkeit geklärt werden. Diese Zahlen ergeben sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke im Bundestag (BT-Drucksache 17/575 und 17/664).

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Asylstatistik 2009

Wichtige Informationen enthält die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke „Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das Jahr 2009“ vom 11. Februar 2010 (BT-Drucksachen 17/576 und 17/693). Es finden sich in der Antwort u.a. die Gesamtschutzquoten und die Statistik der Widerrufsverfahren für die wichtigsten Herkunftsländer sowie eine Übersicht zu den Übernahmeersuchen und Überstellungen im Rahmen der Dublin II-Verordnung, ebenfalls aufgeschlüsselt nach Herkunfts- und Zielstaaten. Mitgeteilt hat die Bundesregierung weiterhin Zahlen zu Asylanträgen Minderjähriger inklusive der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge sowie die Statistik der gerichtlichen Entscheidungen.

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Flüchtlingsorganisationen zur Altersfeststellung

In einer gemeinsamen Presseerklärung haben der Flüchtlingsrat Hamburg, das Café Exil, das Sportallee-Projekt und der Bundesfachverband UMF am 16. Februar 2010 den Umgang Hamburgs mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen thematisiert: „Älter machen, umverteilen, zurückschieben = Kindeswohl schützen?“ Festgestellt werden drastisch steigende Zahlen von sogenannten „Altersfiktivsetzungen“. Nach einer kurzen Inaugenscheinnahme werden die Betroffenen für mindestens 18 Jahre alt erklärt und weiterhin wie Erwachsene behandelt, in andere Bundesländer umverteilt usw. Kritisch wird gefragt, ob es ein rassistisches Handlungsmuster bei afrikanischen Flüchtlingsjugendlichen gibt. Denn die betrifft die Praxis in noch viel größerem Maße als andere Personengruppen. In Hamburg werde zur Altersbestimmung zwangsweise eifrig geröntgt. Die Behörde leugne den Zwangscharakter dieser Untersuchung und kläre die betroffenen Jugendlichen nicht auf, so die Kritiker. Obwohl Gerichte verschiedentlich das Röntgen als Methode zur Altersfeststellung für unzulässig gehalten hätten, mache die Hamburger Ausländerbehörde weiter. Gebe es Widerspruch gegen die Untersuchung, dann sei die Folge die „Altersfiktivsetzung“ nach Augenschein. Ein vom Café Exil getragenes mobiles Projekt zur Beratung und Begleitung von Minderjährigen, das auf ehrenamtlicher Basis tätig wird, werde von den Behörden auf jede mögliche Art behindert.

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Passbeschaffungspraktiken für Abschiebungen nach Sierra Leone

Die Bundesregierung hat eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke zum Thema „Die Bundespolizei unter Korruptionsverdacht bei der Passbeschaffung durch Ausländerbehörden“ am 10. Februar 2010 beantwortet (BT-Drucksachen17/575 und 17/664). Anlass der Anfrage waren Passbeschaffungspraktiken im Zusammenhang mit der Vorbereitung von Abschiebungen insbesondere nach Sierra Leone. Die Bundesregierung legitimiert die gängige Praxis und verweist darauf, dass es sich bei den von einer „Expertendelegation“ Sierra Leones ausgestellten Emergency Travel Certificates um einen international üblichen Passersatz handele, der lediglich zur Rückkehr ins Heimatland berechtige. Die von Sierra Leone erhobene Gebühr habe sich auf 250 Euro pro Dokument belaufen. Weitere 37.153,15 Euro seien für Reise- und Aufenthaltskosten sowie Tagegelder und Dolmetscherkosten entstanden. Die an solche Delegationen gezahlten Tagegelder orientierten sich an die durch die EU festgelegten Tagesraten. Eine beigefügte Tabelle weist die verlangten Gebühren für Heimreisedokumente, die Anzahl der Anhörungen und der geladenen Personen sowie das Ergebnis aus.

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Mehr und höhere Zwangsgelder gegen Fluggesellschaften

Die Bundesregierung mache Unternehmer zu Abschiebungshelfern. So kommentiert die Bundestagsabgeordnete der Linken, Ulla Jelpke, die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke im Bundestag (BT-Drucksache 17/644). Die Antwort der Bundesregierung weist aus, dass gegen Fluggesellschaften und Beförderungsunternehmen, die Ausländer ohne Einreiseerlaubnis transportiert haben, immer mehr und immer höhere Zwangsgelder verhängt werden. Die Summe der verordneten Zwangsgelder ist von 7.000 Euro im Jahr 2007 auf 1,4 Millionen Euro hochgeschnellt. Jelpke: „Die Bundesregierung erhöht den Druck auf Fluggesellschaften, an der Abschottung Deutschlands gegen Flüchtlinge mitzuwirken. Durch die Zwangsgelder versuchen die zuständigen Behörden, Fluggesellschaften und andere Beförderungsunternehmen zur verstärkten Kontrolle ihrer Passagiere anzuhalten. Damit wird die hoheitliche Aufgabe der Grenzkontrolle auf private Unternehmen abgewälzt. Sie sollen nur jene transportieren, die über entsprechende Dokumente verfügen. Doch wer fliehen muss, hat oft nicht die notwendigen Papiere und kann sie sich auch nicht beschaffen - es ist geradezu absurd, von Flüchtlingen und Asylsuchenden zu verlangen, dass sie die richtigen Papiere vorweisen können. Die entsprechenden Regelungen im Aufenthaltsrecht müssen endlich abgeschafft werden."

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Jahresbilanz zur Abschiebungsbeobachtung am Flughafen FFM

Das Forum Abschiebungsbeobachtung am Flughafen Frankfurt am Main hat am 9. Februar 2010 die Jahresbilanz zur Abschiebungsbeobachtung auf dem Rhein-Main-Flughafen Frankfurt am Main vorgestellt. Die kirchlichen Träger der Abschiebungsbeobachtung stellen in einer Pressemitteilung zwar fest, es habe im Berichtszeitraum keine unverhältnismäßige Gewalt von Seiten der Bundespolizei festgestellt werden können, wiesen aber anhand einiger drastischer Beispiele auf Fehler und nicht hinnehmbare menschliche Härten hin, die primär durch das Handeln der Ausländerbehörden geschaffen würden. Die drei beteiligten Nichtregierungsorganisationen Amnesty International, Hessischer Flüchtlingsrat und PRO ASYL betonten in ihrem Statement, dass die Umsetzung der EU-Rückführungsrichtlinie bis Ende 2010 ein wirksames Monitoringsystem vorsehe. Dies müsse dann allerdings auch für andere Flughäfen und die Beobachtung der zunehmenden Zahl von Abschiebungs-Charterflügen gelten.

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Ruander droht Abschiebung

Nachdem die Abschiebung des Ruanders Innocent Irankunda mit seiner sofortigen Inhaftierung nach der Ankunft und der folgenden Verurteilung zu vier Jahren Gefängnis im Rahmen eines unfairen Verfahrens endete, droht dem in Niedersachsen lebenden Maurice Mwizerwa Ähnliches. Der Niedersächsische Flüchtlingsrat setzt sich für ihn ein. Die Schaumburger Zeitung hat in einem Dossier vom 17. Februar 2010 über den Fall berichtet.

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Bayern immer noch Lagerland

Nach einem Jahr Landtagsdebatte über die Neugestaltung der Flüchtlingsunterbringung konnte man zunächst hoffen, dass es wesentliche Änderungen der bayerischen Unterbringungspolitik geben werde. Herausgekommen ist im Ergebnis relativ wenig, so eine Pressemitteilung des Bayerischen Flüchtlingsrates vom 4. Februar 2010 unter der Überschrift „Außer Spesen nichts gewesen...“. Es sollen lediglich einzelne Gruppen von der bislang umfassenden Lagerunterbringung ausgenommen werden, darunter Traumatisierte, Schwerkranke, Altersgebrechliche und Schwerbehinderte. Es bleibt bei der Zwangsversorgung mit Sachleistungen durch Lebensmittelpakete.

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Hungerstreik in bayerischen Flüchtlingsunterkünften

Nach knapp drei Wochen haben 16 Insassen der bayerischen Flüchtlingsunterkünfte in Hauzenberg und Breitenberg ihren Hungerstreik beendet. Sie wollen aber weiterhin die Annahme der von den Behörden gestellten Lebensmittelpakete verweigern. Die Protestierenden fordern Wahlfreiheit der Lebensmittel per Bargeld und größere Bewegungsfreiheit sowie die Möglichkeit zu arbeiten. Über die Aktion berichtete u.a. die Passauer Presse vom 16. Februar 2010. Der Boykott der Lebensmittelpakete hat sich inzwischen ausgeweitet.

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Anhörung zu Residenzpflicht in Berliner Abgeordnetenhaus

Bei einer Anhörung im Berliner Abgeordnetenhaus ließen die Sachverständigen Beate Selders, Rolf Stahmann und Georg Classen keinen Zweifel daran, dass die Residenzpflicht einem staatlich verordneten Integrationsverbot gleichkommt und umgehend abgeschafft werden muss. In seiner Stellungnahme für den Flüchtlingsrat Berlin verweist Georg Classen u.a. auf die in einer Reihe von Bundesländern bereits gängige Praxis, die Residenzpflicht zu lockern und die Bewegungsfreiheit für die Betroffenen zu erweitern. Berlin und Brandenburg, die über die Zusammenlegung ihrer Bundesländer zu einem gemeinsamen Residenzpflichtbereich beraten, sollten ihre landesrechtlichen Spielräume zugunsten der Betroffenen weitmöglichst nutzen und im Bundesrat Änderungen der zugrundeliegenden bundesrechtlichen Regelungen anregen. Ergänzend seien nach Auffassung des Flüchtlingsrates die Aufhebung des Arbeitsverbotes, der Lagerpflicht, der bundesweiten Umverteilung sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes anzustreben.

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VG Halle: keine Gebühren für „Verlassensanträge“

Am 26. Februar 2010 hat das Verwaltungsgericht Halle/Saale entschieden, dass es keine Rechtsgrundlage für die Praxis vieler Kreise und Städte gibt, Gebühren für sogenannte Verlassensanträge zu erheben. Asylsuchende, deren Aufenthalt durch die sogenannte Residenzpflicht oft auf den Bezirk einer Ausländerbehörde beschränkt ist, müssen bislang Gebühren in unterschiedlicher Höhe bezahlen, wenn sie einen Antrag stellen, aus privaten Gründen diesen Aufenthaltsgestattungsbereich verlassen zu dürfen. Die Internationale Liga für Menschenrechte hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in einer Pressemitteilung vom 26. Februar 2010 begrüßt und Asylsuchende aufgerufen, Anträge auf Rückerstattung aller Gebühren zu stellen, die für die Beantragung einer Erlaubnis bislang entrichtet wurden. Wie PRO ASYL fordert die Liga die Abschaffung der Residenzpflicht überhaupt.

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Wohnsitzauflage und Umzug

Im Asylmagazin Nummer 1-2/2010 findet sich ein für die Beratung nützlicher Praxistipp zum Thema „Wohnsitzauflage und Umzug aus sozialrechtlicher Sicht“ von Claudius Voigt, GGUA-Flüchtlingshilfe Münster. Unter welchen Voraussetzungen können Menschen mit Aufenthaltserlaubnis, in der die Wohnsitznahme beschränkt ist, umziehen und ggf. ergänzende Leistungen nach dem SGB II beantragen?

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Leitfaden zu ausländischen Bildungs- und Berufsabschlüssen

Das niedersächsische Innenministerium hat einen hilfreichen Orientierungsleitfaden zur Frage der Anerkennung von ausländischen Bildungs- und Berufsabschlüssen herausgegeben.

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Polizei in Dessau

Alle Achtung! Dass die Polizei sich für Fehler öffentlich entschuldigt, kommt nicht allzu oft vor. Doch jetzt hat sich der Präsident der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt sehr deutlich zu einem Polizeieinsatz im Dezember 2009 geäußert. Karl-Heinz Willberg bezeichnet die Durchsuchungen, die am Ende des Vorgehens gegen mutmaßliche Drogendealer standen, selbst als rechtswidrig und entschuldigt sich. Hintergrund war ein Polizeieinsatz im Dessauer Telecafé, bei dem alle anwesenden Personen, inklusive der Angestellten durchsucht worden waren. Einer der Betroffenen, Mouctar Bah, war ein Freund des in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten Sierre Leoners Oury Jalloh. Den Vorwurf, Polizeieinsatz und Bahs Ehrung mit der Ossietzky-Medaille hätten in einem Zusammenhang gestanden, weist Willberg jedoch zurück. Der Journalist Jörg Biallas hat den Vorgang kommentiert: „Trotz aller Neigung, die lautere Absicht des Vorgesetzten zu akzeptieren: Der seit dem Fall Jalloh bestehende Verdacht, bei der Polizei sei Ausländerfeindlichkeit verbreitete Gesinnung, wird dadurch nicht entkräftet. Im Gegenteil: Immerhin ist die Entschuldigung gleichzeitig Eingeständnis, dass seinerzeit sehr bewusst unverhältnismäßig gegen die Afrikaner vorgegangen wurde. Der Vorwurf, vor acht Wochen hier formuliert, hat zu empörten Reaktionen geführt. Die Argumentationsmuster waren vergleichbar. Der Drogenhandel sei in afrikanischer Hand, also sei ein hartes Vorgehen gegen Afrikaner in jedem Fall gerechtfertigt. Mit dieser Logik müssten bei Verkehrskontrollen alle Porschefahrer besonders streng kontrolliert werden, weil sie aufgrund ihrer Motorisierung potentielle Raser sind. Es bleibt dabei, im Rechtsstaat gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser wurde bei der Razzia in Dessau missachtet. Daran ändert auch eine Entschuldigung nichts.“

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Kooperation Deutschlands und Guineas auch auf militärischer Ebene

Über das undurchsichtige Zusammenwirken deutscher Ausländerbehörden und ominöser guineischer Staatsbediensteter, die in besonderen Delegationen anreisen, wurde in diesem Newsletter häufiger berichtet. Doch die Kooperation Deutschlands und Guineas hat auch andere Facetten. Die „Bundeswehr bildet Kriegsverbrecher aus“, berichtete das TV-Magazin Fakt am 22. Februar 2010. Zur Zeit befinden sich nach Informationen von Fakt acht Soldaten aus Guinea in Deutschland, wo sie militärisch ausgebildet werden. Obwohl das guineische Militär für brutale Massaker u.a. im September 2009 verantwortlich ist, geht die Militärkooperation mindestens bis zum Jahr 2011 weiter. Nicht nur der Anführer der Militärjunta Moussa Dadis Camara, sondern ein Großteil der Regierung haben eine militärische Schulung in Deutschland durchlaufen.

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Internationale und herkunftslandbezogene Meldungen

CDF legt Liste von Festnahmen in Syrien vor

Die Menschenrechtsorganisation Committees for the Defense of Democracy Freedoms and Human Rights in Syria (CDF), Zweigstelle Deutschland, hat eine Liste von der Organisation bekannten Festnahmen im Zeitraum von 2008 bis heute und ergänzenden Angaben zum Schicksal der Betroffenen unter der Überschrift „Willkürliche Festnahmen in Syrien“ vorgelegt.

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Syriens Umgang mit politischen Gefangenen

Wie Syrien, Kooperationspartner Deutschlands in Sachen Rückübernahmeabkommen auch heute noch mit politischen Gefangenen umgeht, belegt eine urgent action von Amnesty International vom 26. Februar 2010. Der gewaltlose politische Gefangene Haytham al-Maleh ist schwer krank, erhält aber keines der von ihm benötigten Medikament. Dem 78-jährigen Menschenrechtsanwalt, der am 22. Februar einem Militärrichter vorgeführt wurde, wird „Präsidentenbeleidigung“ und „Verunglimpfung einer staatlichen Institution“ vorgeworfen, gängige Gesinnungsstraftatbestände in Syrien. RechtsanwältInnen, die im Auftrag der Internationalen Liga für Menschenrechte die Verhandlung beobachten wollten, wurden ebenso wenig zugelassen wie DiplomatInnen. Die Fakten seien denjenigen Politikern ins Stammbuch geschrieben, die im Bundestag angekündigt haben, man werde die Umsetzung des Rückübernahmeabkommens und die Menschenrechtssituation in Syrien weiter beobachten. Der syrische Staat hat kein Interesse, sich in die Karten schauen zu lassen.

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Appell zur Freilassung von kurdischen politischen Gefangenen in Syrien

Nach dem erneuten Foltertod eines kurdischen politischen Gefangenen in Syrien appelliert die Gesellschaft für bedrohte Völker an Bundesaußenminister Westerwelle, sich für die Freilassung von 151 namentlich bekannten kurdischen politischen Gefangenen einzusetzen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker fordert wie PRO ASYL die umgehend Aufkündigung des Rückübernahmeabkommens zwischen Deutschland und Syrien.

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SFH veröffentlicht Update der Länderanalyse zu Eritrea

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) hat am 8. Februar 2010 ein Update ihrer Länderanalyse zu Eritrea veröffentlicht. Der zunehmenden Fluchtbewegung und der sinkenden Wehrbereitschaft in diesem militarisiertesten Land der Welt versuche die Regierung, so der Bericht, mit immer drakonischeren Maßnahmen zu begegnen. Die Grenztruppen haben den Befehl, Fluchtversuche durch Schusswaffengebrauch zu unterbinden. Razzien und Straßensperren sind an der Tagesordnung. Wer keine Personaldokumente oder Reisegenehmigungen vorweisen kann, wird verhaftet. Dennoch flohen allein im Jahr 2008 über Zehntausend EritreerInnen nach Äthiopien. Auch im Sudan ist eine große Zahl eritreischer Flüchtlinge registriert. Nach Angaben von Human Rights Watch sollen 5.000 bis 10.000 Menschen ohne Verfahren und Urteil in eritreischen Gefängnissen sitzen. Die Zahl der inhaftierten Deserteure ist darin nicht enthalten. Die massiven Menschenrechtsverletzungen der vergangenen Jahre von Folterungen bis zu extralegalen Tötungen gehen weiter.

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Rohingya aus Burma müssen in Bangladesh um ihr Überleben kämpfen

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen hat in einem am 18. Februar 2010 veröffentlichten Bericht „Violent crackdown fuels humanitarian crisis for unrecognised Rohingya refugees” von der Regierung Bangladeshs ein sofortiges Ende der Gewalt gegen diese Minderheit gefordert. UNHCR wird in diesem Bericht aufgefordert, ihren Schutz zu gewährleisten. Seit Jahrzehnten suchen Angehörige dieser ethnischen und religiösen Minderheit, die aus Burma fliehen müssen, Zuflucht in Bangladesh. Nur 28.000 Menschen sind in Bangladesh als Flüchtlinge anerkannt und leben in Lagern unter Aufsicht des UNHCR. Mehr als 200.000 Menschen sind demgegenüber nicht als Flüchtlinge anerkannt und kämpfen um ihr Überleben. Die Forderungen von Ärzte ohne Grenzen richten sich an die Regierung von Bangladesh, die die Gewalt umgehend stoppen und die Rohingya schützen müsse, andererseits auch an UNHCR. UNHCR müsse sich auch um diejenigen kümmern, die den Schutz ihres Heimatstaates verloren haben und keine Heimat mehr haben, in die sie zurückkehren können. Burmas Regierung hat die Rohingya im Jahr 1982 durch ein damals eingeführtes Staatsangehörigkeitsgesetz praktisch staatenlos gemacht. Überraschenderweise fast parallel zu den Ausschreitungen gegen Rohingya in Burma verkündete Irin, der Nachrichtendienst des UN-Büros für die Koordination humanitärer Hilfe, angebliche Fortschritte im Umgang mit den Rohingya in Burma selbst. Es sei eine Überprüfung des rechtlichen Nicht-Status der Rohingya im Gange.

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Frauen im kurdischen Nordirak Opfer von Genitalverstümmelung

Mehr als jede zweite Frau im kurdischen Nordirak ist Opfer von Genitalverstümmelung. Dies ergibt sich aus einem 40 Seiten umfassenden Bericht, den die Hilfsorganisation WADI und die Kampagne „Stop FGM in Kurdistan“ am 6. Februar veröffentlicht haben. Zugrunde liegen dem Bericht repräsentative Umfragen unter Frauen aus der gesamten kurdischen Autonomieregion. Die Genitalverstümmelung kann keineswegs mehr als überwiegend afrikanisches Phänomen betrachtet werden, so WADI e.V. Die Studie werfe ein Schlaglicht auch auf die nach wie vor schlechte Lebenssituation von Frauen in der irakischen Gesellschaft. Lange gehegte Gewissheiten müssten nunmehr hinterfragt werden. Ob und in welcher Weise Frauen auch in anderen Teilen der Region verstümmelt würden, könnten nur weitere Studien klären. Bisher seien viele gegen die Genitalverstümmelung aktive Organisationen den Hinweisen auf die Verbreitung von FGM im Nahen Osten nicht systematisch nachgegangen.

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Meldungen zur Flüchtlingspolitik der EU und einzelner EU-Länder

Hammarberg legt Papier zur Kriminalisierung der Migration in Europa vor

„Die Kriminalisierung der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthaltes von Migranten in Europa greift die Grundsätze des etablierten Völkerrechtes an und verursacht menschliche Tragödien, ohne das Ziel einer wirklichen Kontrolle zu erreichen.“ Dies sagte Thomas Hammarberg, Europarats-Kommissar für Menschenrechte bei der Vorstellung eines Themenpapiers in Brüssel. Dieses Papier „Criminalisation of Migration in Europe: Human Rights Implications“, veröffentlicht am 4. Februar 2010, untersucht die Auswirkungen der Kriminalisierung der Migration in Europa auf die Menschenrechte. Trotz des legitimen Interesses der Staaten an der Kontrolle ihrer Grenzen stelle die Kriminalisierung eine unverhältnismäßige Maßnahme dar. Strafrecht werde unnötigerweise dort angewandt, wo man mit verwaltungsrechtlichen Mitteln reagieren könne.

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Europäische Organisationen: EU muss Zugang zu Schutz ermöglichen

Der Europäische Flüchtlingsrat ECRE, das EU-Büro von Amnesty International und die spanische Flüchtlingsorganisation CEAR haben in einer Pressemitteilung vom 24. Februar 2010 von den EU-Regierungen gefordert, ihr Grenzschutzmanagement so zu gestalten, dass Flüchtlinge überhaupt noch Europa erreichen können. So viele Menschen wie möglich davon abzuhalten, Europa irregulär zu erreichen, sei immer mehr das wichtigste Ziel der EU-Migrationspolitik geworden – um jeden Preis. Gewarnt wurde in diesem Zusammenhang vor einer gestärkten Kooperation von FRONTEX mit Drittstaaten. Alfredo Abad, Generalsekretär von CEAR, kritisierte die beunruhigende Haltung, die hinter dem Abfeiern der Erfolge gegen die irreguläre Migration in der EU steht: Man feiere die Begründung eines europäischen Asylsystems, während man gleichzeitig Flüchtlinge außerhalb Europas, wo sie keinen Zugang zu internationalem Schutz hätten, ihrem Schicksal überlasse.

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Mehr Macht und Geld für FRONTEX

Die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX soll mehr Macht und mehr Geld bekommen. Die Europäische Kommission hat entsprechendes in einen Vorschlag zur „Stärkung der Grenzschutzagentur“ gekleidet. Dem Vorschlag zufolge sollen die Mitgliedsstaaten FRONTEX mehr Ausrüstung und Personal zur Verfügung stellen, darunter auf Dauer einen Pool von Geräten inklusive Booten und Flugzeugen. Außerdem soll die Agentur jetzt auch eigene Ausrüstung anschaffen können. Verstärkt werden soll die höchst problematische Kooperation mit Vorfeldstaaten der EU. FRONTEX soll künftig die Möglichkeit erhalten, Drittländer technisch zu unterstützen und Verbindungsbeamte in solche Staaten zu entsenden, heißt es in einer Presseerklärung der EU-Kommission vom 24. Februar 2010. „FRONTEX bekommt jetzt ein Eigenleben“ kommentierte ein ungenannter EU-Diplomat gegenüber DiePresse.com bereits am 23. Februar 2010. Während man annehmen darf, dass die restriktiven Teilvorschläge zum verschärften Kampf gegen Flüchtlinge und Migranten im EU-Rat und im Parlament überwiegend Zustimmung finden, werden zwei andere Vorschläge sicher Debatten auslösen. FRONTEX soll nach den Vorstellungen der schwedischen Justizkommissarin Malmström mitbestimmen dürfen, wie viele im Rahmen von FRONTEX-Operationen gerettete Bootsflüchtlinge auf welche Mitgliedsstaaten verteilt werden, und bevollmächtigt werden, Grenzschutzoperationen nicht nur dieser Art zu planen und zu evaluieren. Vorgeschlagen wird weiter, „den Rechtsrahmen zu stärken, damit die Grundrechte bei allen Tätigkeiten von FRONTEX in vollem Umfang gewahrt bleiben.“ Wer an FRONTEX-Einsätzen teilnimmt, soll künftig zum Thema „Grund- und Menschenrechte“ zuvor geschult werden. Man darf gespannt sein, was sich dadurch an den in vieler Hinsicht menschenrechtswidrigen FRONTEX-Einsätzen ändert. Malta hat gegen einen Aspekt der geplanten Neuregelungen bereits protestiert. So sollen Flüchtlinge/Migranten, die von FRONTEX-Schiffen aufgegriffen worden sind, in den Staat gebracht werden, der Gastgeber der jeweiligen FRONTEX-Mission ist, falls sie nicht in den Abfahrtsstaat zurückverbracht werden können. Malta, Ausgangspunkt vieler maritimer FRONTEX-Missionen im Mittelmeer, fordert, dass sie demgegenüber in den nächsten Hafen gebracht werden. Andernfalls werde Malta nicht mehr an anderen FRONTEX-Missionen teilnehmen.

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SFH zur Asyl- und Abschiebungspraxis in Dublin-Staaten

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe hat am 3. Dezember 2009 ein Papier „Übersicht über die Asyl- und Wegweisungspraxis in einzelnen Dublin-Staaten“ veröffentlicht (Autorin: Seraina Nufer). Zusammengestellt werden die Praktiken der EU-Staaten Italien, Spanien, Ungarn, Deutschland, Frankreich, Österreich und Belgien in Bezug auf Asylsuchende aus Eritrea, Somali, Irak, Afghanistan, Sri Lanka, China, Kosovo, Türkei und Iran. Wie meist bei solchen umfassenden Untersuchungen, die diverse Dublin-Staaten betreffen, sind die asyl- und ausländerrechtlichen Begrifflichkeiten in den jeweiligen Staaten unterschiedlich und für die Interpretation problematisch. „Direkte Vergleiche zwischen den Staaten sind somit nur beschränkt und mit Vorbehalt möglich,“ heißt es in den Schlussfolgerungen. Festgestellt wird im übrigen, dass sich die Dublin-Staaten bei der Anwendung der humanitären Klausel (Artikel 15 Dublin II-Verordnung) sehr zurückhaltend verhalten und ihre Entscheidungskriterien kaum jemals offen legen. Ausnahmen gebe es lediglich in Bezug auf die Überstellung nach Griechenland.

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Gaddafi, Dschihad, Schweiz...

Libyens Staatschef Gaddafi hat den Dschihad gegen die Schweiz ausgerufen, die entgegen seiner Vorschläge vor den Vereinten Nationen bislang immer noch nicht aufgelöst und den Nachbarstaaten portionsweise übergeben worden ist. Anlass für Gaddafis neusten Auftritt: das schweizerische Nein bei der Volksabstimmung über den Bau von Minaretten. Räumlicher Abstand zum Diktator Gaddafi ist empfehlenswert, denn – so seine Rede – „Wenn die Schweiz an unserer Grenze läge, dann würden wir sie angreifen.“ So wird er sich damit begnügen müssen dazu aufzurufen, dass alle Häfen für Schweizer Schiffe geschlossen werden sollten und die islamische Welt Schweizer Flugzeuge vom Landen abhalten sollten. „Er schien erregt“, titelte Telepolis am 26. Februar 2010 zum Dschihad-Aufruf. Problematisch an der Berichterstattung, die Gaddafi überwiegend als Verrückten einstuft, ist die Tatsache, dass die EU und insbesondere einige Mitgliedsstaaten ungeachtet seiner Aktionen eine hervorragende Zusammenarbeit mit dem libyschen Regime pflegen, wenn es um die Abschottung gegen Flüchtlinge und Migranten geht. Die bilaterale Kooperation zwischen Italien und Libyen hat zu dem Ergebnis geführt, dass Flüchtlingsboote auf hoher See aufgebracht und in libysche Häfen zurückgelotst wurden. In libyschen Lagern sind Migranten und Flüchtlinge schweren Misshandlungen ausgesetzt und von Abschiebungen in die Herkunftsstaaten bedroht.

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Gesetzentwurf von Besson schränkt Rechte von Asylbewerbern ein

Mediapart, eine „unabhängige, partizipative“ Online-Zeitung ist an einen Gesetzentwurf von Migrationsminister Besson gekommen, der europäische Richtlinien in französisches Recht integrieren will. Ein Artikel dazu wurde am 11. Februar 2010 veröffentlicht. Der Gesetzentwurf ist vor allem eine Reaktion auf die von Besson als „massiv“ bezeichnete Ankunft von 123 kurdischen Migranten an der korsischen Küste im Januar 2010. Das Gesetz „Zur Umsetzung von Richtlinien zur Einreise und zum Aufenthalt von Ausländern und zur Vereinfachung von Abschiebungsverfahren“ enthält folglich überwiegend Bestimmungen zur Einreise „einer bedeutenden Zahl von Ausländern in irregulärer Situation“. Besson war im Zusammenhang mit der Inhaftierung der Kurden aus Syrien, die auf Korsika an Land gegangen waren, sowohl von Haft- als auch von Verwaltungsrichtern desavouiert worden (alle wurden freigelassen) und hatte damals seine Absicht angekündigt, das Gesetz zu ändern. Schon im September 2009 gab es eine ähnliche Situation, als alle Afghanen, die nach der Räumung des Dschungel von Calais, festgenommen worden waren, von den Richtern wieder freigelassen wurden.

Konkret beinhaltet der Gesetzentwurf folgende Veränderungen: Besson will die Definition von Wartezonen (in Frankreich an Flughäfen, Bahnhöfen oder Häfen, vergleichbar mit Flughafenunterkunft in BRD) erweitern, die einzigen Orte, an denen Asylbewerber eingesperrt werden können: „Wenn feststeht, dass einer oder mehrere Ausländer gerade außerhalb eines Grenzpostens über die Grenze gekommen sind, dann erstreckt sich die Wartezone von dem Ort, wo die Betroffenen entdeckt wurden, bis zu dem nächsten Grenzkontrollpunkt.“ Hätte es bei der Ankunft der syrischen Kurden ein solches Gesetz gegeben, hätten sie solange in Haft genommen werden können, bis über ihren Asylantrag entschieden worden wäre.

Eine weitere Beschränkung der Rechte von Asylbewerbern wäre das Inkrafttreten der folgenden Bestimmung: Die Abschiebungsgefangenen sollen ihr Recht auf einen Dolmetscher, einen Anwalt und einen Arzt erst wahrnehmen können, wenn sie in der Abschiebungshaftanstalt angekommen sind. Weiterhin darf ein Verfahrensfehler nicht in einem Rechtsmittel eingebracht werden, wenn es nicht schon in der ersten Instanz eingebracht worden ist.

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Station an europaweitem Migrationsweg geschlossen

Zwei Jahre lang haben ehrenamtliche Helfer der Organisation „Terre d’Errance“ (wörtlich: Land des Umherirrens) eritreische Migrantinnen und Migranten begleitet, die auf ihrem Migrationsweg in Norrent-Fontes, einer Kleinstadt in der Nähe von Calais, gelandet waren. Inzwischen sind es so wenige geworden, dass sie sich einer anderen eritreischen Community in der Gegend angeschlossen haben. Die Organisation macht die Grenzabschottung – z.B. FRONTEX, Abkommen mit Gaddafi – dafür verantwortlich, dass immer weniger Flüchtlinge nach Frankreich und in ihre Stadt gekommen sind. Terre d’Errance blickt auf eine erfolgreiche Arbeit zurück: Sie trat vor zwei Jahren – auf Bitten der damaligen eritreischen Community, deren Rechte verletzt wurden, weil sie sans papiers waren – vor allem als Vermittler zwischen der eritreischen Community und der Bevölkerung sowie den Behörden auf. Sie erreichte durch Beratung, dass die Migranten ihre Rechte wahrnehmen und sich den Diktaten von Schleusern entziehen konnten, Konflikte zwischen einheimische Bevölkerung und Migranten seltener wurden. Ungefähr tausend Migranten hat die kleine Organisation in den knapp zwei Jahren geholfen.

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Unfairer Prozess gegen protestierende Abschiebungshaftgefangene

42 irreguläre Migranten, die gegen ihre Inhaftierung im Haftzentrum Venna in der Evros-Region (Griechenland) und die damit verbundenen inhumanen Lebensumstände protestiert hatten, sind Anfang Februar zu vier bis acht Monaten Gefängnisstrafe und späterer Abschiebung verurteilt worden. Dem ist nach Medienberichten ein unfaires Gerichtsverfahren ohne Anwälte oder Übersetzer vorausgegangen. Eine lokale Nichtregierungsorganisation kritisiert, dass der Prozess unfair war und die katastrophalen Haftbedingungen unterstreiche, die in Venna herrschen. Die Haftanstalt hat 90 Plätze, ist z.Zt. aber mit 140 Migranten belegt (Quelle: UNHCR Greece Press Review: 12 -16 February 2010).

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Ausgesetzte Bootsflüchtlinge fünf Tage nur notdürftig versorgt

39 Bootsflüchtlinge, 27 Männer und 12 Frauen, sind von türkischen Schleusern am 14. Februar 2010 auf der unbewohnten ägäischen Insel Farmakonissi ausgesetzt worden. Sie blieben dort für fünf Tage „vergessen“, ohne Versorgung, da die zuständigen Behörden unfähig schienen, ihren Transfer in ein Aufnahmezentrum auf anderen Inseln zu organisieren. Dies berichtet der UNHCR Greece Press Review vom 17.-19. Februar 2010 unter Bezugnahme auf einen Artikel in der griechischen Zeitung Elefheros Typos vom 19. Februar. Die einzige Hilfe, die die Betroffenen während ihres Inselaufenthaltes erhalten konnten, kam von auf der kleinen Insel stationierten Soldaten, die wenigstens Lebensmittel und Wasser anbieten konnten und mit einem Zelt aushalfen.

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Türkei und Griechenland bei Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention weit vorn

Bei der Zahl der Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention, über die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zu befinden hat, weit oben steht Griechenland. Bei fast allen (72 von insgesamt 75) Verfahren gegen Griechenland im Jahr 2009 stellte der Gerichtshof Verletzungen der Konvention fest. 41 Urteile betrafen insbesondere die Länge von Gerichtsverfahren und das Recht auf einen fairen Prozess. Spitzenreiter der Tabelle ist die Türkei. Bei 341 Entscheidungen wurden Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention festgestellt. (Quelle: UNHCR Greece Press Review 12 – 16 February 2010)

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Schnellverfahren wird asylsuchenden Frauen nicht gerecht

Frauen, denen drastische Menschenrechtsverletzungen drohen, wenn sie in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden, haben in Großbritannien wenig Chancen, dass ihre Asylanträge im Schnellverfahren fair behandelt werden. Ein 69-seitiger Bericht von Human Rights Watch mit dem Titel „Fast-Tracked Unfairness: Detention and Denial of Women Asylum Seekers in the UK“ belegt, dass weibliche Asylsuchende mit komplexer Verfolgungsgeschichte mit dem Schnellverfahren in ein System hineinmanipuliert werden, das im Grund für wesentlich einfachere Fälle geschaffen wurde. Die Betroffenen und ihre Rechtsanwälte hätte, so HRW, zu wenig Zeit, um sich auf Verfahren vorzubereiten, in denen es um solche sensitive Themen wie sexuelle Gewalt, Genitalverstümmelung, Menschenhandel und häusliche Gewalt gehe. Rechtsanwälte und andere Vertreter hätten gar nicht die Möglichkeit, zu ihren Klienten eine Vertrauensbeziehung aufzubauen. Die aber brauche man, damit die Fluchtgründe geschildert werden könnten. Es fehle auch die Zeit, um medizinische oder andere Beweismittel beschaffen zu können. Grundlage des Berichtes sind 50 Interviews, die Human Rights Watch insbesondere in Haftzentren durchgeführt hat. Das sogenannte Detained Fast Track System wurde im Jahr 2003 geschaffen und wird seit 2005 auch auf Frauen angewendet. Über einen Asylantrag soll in diesem Verfahren innerhalb von zwei Wochen entschieden werden, während derer Asylsuchende in Haft sind. Von den 2055 Frauen, deren Asylantrag in dem Detained Fast Track System durchgeführt worden ist, wurden 96 Prozent nach der Erstanhörung abgelehnt. Zur Zeit liegt die Ablehnungsquote immer noch über 90 Prozent.

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Newsletter Italien Februar 2010

Zusammengestellt von Judith Gleitze, Palermo

Ärzte ohne Grenzen (MSF) - Bericht Italien: „Gefängnisbedingungen“ in Migrationszentren

„Den Zentren für die Aufnahme illegaler Immigranten in Italien fehlt es an grundlegenden Bedingungen, sie sind Gefängnisse in jeder Hinsicht“, so ein Report der Menschenrechtsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Der Report basiert auf der Untersuchung von 21 Zentren in ganz Italien zwischen Dezember 2008 und August 2009. Innenminister Maroni äußerte, der Bericht der Organisation sei falsch. Er beruhe auf Vorurteilen und beschreibe nicht die Realität dieser Zentren, niemand werde schlecht behandelt, die Versorgung sei in Ordnung. Im Bericht von MSF heißt es dagegen: „Kein Toilettenpapier, keine Seife und notfalls ruhig gestellt mit Medikamenten“. Die Zustände in italienischen Flüchtlingslagern seien erschreckend. Besonders menschenunwürdig sei die Situation im Abschiebelager in Rom. Das Innenministerium erläuterte, dass die Abschiebungshaftanstalten in Trapani (Sizilien) und in Lamezia Terme geschlossen, dafür aber ggf. andere Einrichtungen eröffnet werden. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von 20-23 Tagen werde nur in Bari (120-150 Tage!!!) und in Gorizia (90-120 Tage) überschritten. Derzeit gebe es1694 Plätze in Abschiebungshaftanstalten, von denen 1200 belegt seien. Eigentlich wolle man in jeder Region eine Abschiebungshaftanstalt, aber derzeit seien die Plätze nicht nötig. Es gebe 6500 Aufnahmeplätze in den so genannten CARA, Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende, 3500 seien belegt. Eine weitere Änderung soll es in den so genannten SPRAR geben, den Aufnahmezentren für Asylsuchende nach der Erstaufnahme. Hier soll der Aufenthalt von 6 auf 9 Monate verlängert werden.

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Video aus dem Abschiebungslager Bari

Ein tunesischer Migrant, inzwischen abgeschoben, hat ein Video aus dem Inneren der Haftanstalt Bari „gedreht“ und es der Redaktion von Radio Radicale zukommen lassen. Er beschreibt die Situation: „Hier behandeln sie uns wie Tiere. Ich bin seit 17 Jahren in Italien, jetzt wollen sie mich abschieben. Ich brauche Beruhigungsmittel, um schlafen zu können. Wir sind alle krank hier drin.“

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RIACE – das positive Beispiel für die Aufnahme von Flüchtlingen

Domenico Lucano, 51 Jahre, ist Bürgermeister des kalabresischen Städtchens Riace. Durch ihn ist das fast sterbende Großdorf wieder zum Leben erweckt worden: la città futura, die Zukunftsstadt. 1998 kam ein Flüchtlingsboot mit Kurden an der Küste vor Riace an, 300 Männer und Frauen, einige Kinder. Lucano lädt die Flüchtlinge nach Riace ein, sie dürfen in den verlassenen Häusern wohnen, erhalten Strom, Wasser und Nahrung umsonst. Dafür müssen sie italienisch lernen und arbeiten; die Frauen fertigen Kunsthandwerk, die Männer renovieren Häuser, die an Touristen vermietet werden. Nach den Unruhen in Rosarno Anfang 2010 bot Lucano an, wer wolle könne nach Riace kommen. Es gibt 2 Euro Taschengeld und 500 ¤ Lohn im Monat. Inzwischen ist Città Futura der größte Arbeitgeber im Ort, für Flüchtlinge und Einheimische. Nur der kalabresischen Mafia gefällt nicht, dass sie in Riace nichts mehr zu sagen hat und nichts zu kassieren. Sie ließ Lucanos drei Hunde vergiften und zwei Kugeln in die Tü