Markus Kompa 24.09.2009
Kohl & the Gang
Eine Präferenz von Deutschlands mit 37.000 Außendienstlern personalstärkstem Finanzvertrieb "Deutsche Vermögensberatung AG" (DVAG) zur CDU istunübersehbar: Im Beirat geben sich Helmut Kohl persönlich, seine frühere rechte Hand Horst Teltschick (langjähriger Organisator der Münchner Sicherheitskonferenz), Kohls pfälzischer Ministerpräsidentennachfolger a.D. Bernhard Vogel sowie der hessische Ministerpräsident a.D. Walter Wallmann die Ehre. Ein weiterer Beiratsposten wird von dem konservativen Dieter Stolte besetzt, der als ehemaliger Intendant des ZDF DietherHildebrandt an die Luft setzte und während der Ära Kohl politisches Kabarett im Mainzer Sender verhinderte.
Kohls Bundesfinanzminister a.D. Theo Waigel ziert den Aufsichtsrat. Im Vorstand verdient sich Kohls ehemaliger Kanzleramtschef Friedrich Bohl ein Zubrot, der seinerzeit mitAktenschwund in Verbindung gebracht wurde. Auch Roland Kochs hessischer Ex-Minister Udo Corts, der leidenschaftlich für die Studiengebühren eingetreten war, bekleidet inzwischen einen DVAG-Vorstandsposten. Generalbevollmächtigter der DVAG ist Kohls ehemaliger Regierungssprecher Friedhelm Ost, was deshalb ein gewisses Geschmäckle hat, weil Ost in früheren Zeiten das ZDF-Verbrauchermagazin WISO moderiert hatte - die DVAG ist für die Verbraucherschützer jedoch ein rotesTuch.
Markus Kompa 29.09.2009
Unverblümt gratulierte das DVAG-Unternehmensblog DVAG-Freundin Merkel und DVAG-Beirat Westerwelle zum Wahlerfolg. Was dürfen wir wohl von einer Regierung erwarten, die den Arbeitsgesetzen und Sozialsystemen dermaßen Hohn spricht, in dem sie sich für einen Strukturvertrieb einspannen lässt? Dessen Handelsvertreter zum Teil am Existenzminimum laborieren und trotz ihrer Arbeitnehmerähnlichkeit nur unzureichende Rechte gegen das Vertriebsunternehmen haben? Dessen Finanzberatung sogar in einer Studie des unionsgeführte Verbraucherschutzministeriums nur mit Mühe ohne Kraftausdrücke beschrieben werden konnte?
Ich bin so frei ...
Ein Blick auf die Nebentätigkeiten der Spitzenpolitiker des designierten Koalitionspartners - basierend auf den Angaben des noch amtierenden 16. Bundestags - lässt zahlreiche Interessenkollisionen mit der Finanzwirtschaft erahnen:
Guido Westerwelle übt neben seinem Pöstchen bei der DVAG auch bei der Rechtsschutzversicherung ARAG eine Funktion aus, sowie beim Versicherer Hamburg Mannheimer - dessen Strukturvertriebsgesellschaft Hamburg Mannheimer International (HMI) einen ähnlichen Ruf genießt wie die DVAG.
Daniel Bahr, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP, jobbt für die Versicherungsgruppe ERGO, zu der Hamburg-Mannheimer, Victoria Leben, DKV, Victoria Kranken, KarstadtQuelle Versicherungen, Hamburg-Mannheimer Rechtsschutz u.a. gehören. Wertvolle Anregungen für sein Metier kann Bahr sicherlich auch vom Dachverband der Unterstützungskassen für deutsche Krankenhäuser e.V. erhalten, mit dem er sich Gedanken um die betriebliche Altersvorsorge macht.
Dass gestandene Politiker, die bereits öffentliche Ämter bekleidet hatten, etwa Rainer Brüderle oder Wolfgang Gerhard ihre Pöstchen in der Finanzwirtschaft gefunden haben, versteht sich von selbst.
Im neuen Bundestag nicht mehr vertreten ist Konrad Schily, der nunmehr ausgiebig Zeit für seine umfangreichen Nebentätigkeiten hat, u.a. für die AXA Krankenversicherung AG. Dem politischen Geschäft erhalten blieb jedoch Patrick Döring, der unter anderem Haustiere versichert. Cornelia Pieper scheint als Übersetzerin die richtige Qualifikation zu bieten, die Nürnberger Versicherung AG beaufsichtigen zu dürfen. Über die Newcomer im gerade neugewählten Bundestag standen bislang noch keine Informationen über offenlegungspflichtige Tätigkeiten zur Verfügung.
Die größte Einzelspende an die FDP leistete sich mit 200.000,- Euro die Deutsche Bank, deren Finanzprodukte u.a. ebenfalls von der DVAG vertrieben werden. Während die Industrie zu Zeiten des Dreiparteiensystems Union/SPD/FDP die Tradition pflegte, bei der "politischen Landschaftspflege" alle drei Parteien mit Spenden bei Laune zu halten, gehörte die Liebe der Finanzwirtschaft diesmal offenbar vornehmlich Schwarz-Gelb.