grenzenlos 19. 03. 2007
Geschrieben von jnwwebmaster am March 20 2007 08:06:30
Quelle: Stuttgarter Nachrichten 19.03.2007


Bilanz

Gute Noten für Islamunterricht


Ein halbes Jahr nach seinem Start läuft der islamische Religionsunterricht in Baden-Württemberg aus Sicht des Kultusministeriums reibungslos

Stuttgart - Ein halbes Jahr nach seinem Start läuft der islamische Religionsunterricht in Baden-Württemberg aus Sicht des Kultusministeriums reibungslos. Trotz langjähriger kontroverser Diskussionen der islamischen Verbände untereinander und mit dem Ministerium sei die Resonanz bei Eltern und Kindern jetzt ausschliesslich positiv, sagte Kultusminister Helmut Rau (CDU) in einem dpa-Gespräch.

"Nach allem, was uns berichtet wird, sind die Schüler mit Begeisterung bei der Sache. Der islamische Religionsunterricht wird von den muslimischen Kindern offensichtlich auch als Geste des Respekts und der Gleichberechtigung erfahren." Baden-Württemberg ist nach Raus Angaben das erste Bundesland, das einen Religionsunterricht mit Bekenntnischarakter für muslimische Kinder anbietet.

270 Kindern werden an zehn Grundschulen die Grundlagen des sunnitischen, an zwei Grundschulen des alevitischen Glaubens nahe gebracht. Nach einer vierjährigen Erprobungsphase und einer wissenschaftlichen Bewertung des Modellversuchs wird über eine Erweiterung auf andere Schulen entschieden. Das Angebot sei ein Mittel der Integration, betonte Rau: "Muslimische Mädchen und Jungen erleben durch das Unterrichtsangebot, dass ihr Glaube sie mit unserer Gesellschaft verbindet und nicht trennt."

Die Unterrichtssprache Deutsch fördere überdies die integrative Wirkung. Religion könne Menschen Halt und Orientierung bieten. "Deshalb müssen wir einer so grossen Gruppe wie den Muslimen die Möglichkeit einer religiösen Unterweisung in der Schule ermöglichen. Darauf haben sie auch einen verfassungsmässigen Anspruch."

Auch im kommenden Schuljahr wird der Unterricht an den zwölf Standorten wieder von Klasse eins an angeboten. "Die ersten Rückmeldungen zeigen, dass das Interesse ungebrochen gross ist", sagte Rau. Er freue sich über die interreligiöse Zusammenarbeit an den Modellstandorten. Dort unterstützten die katholischen und evangelischen Lehrkräfte ihre muslimischen Kollegen nach Kräften, beispielsweise bei der didaktischen Aufbereitung von Unterrichtsmaterial.

Motivierend wirke auf die Kinder, dass sie nun keine Hohlstunde mehr haben, wenn ihre evangelischen und katholischen Klassenkameraden den Religionsunterricht besuchen. Auch von Seiten des türkischen Generalkonsulats, das sich anfangs gegen den Unterricht gestellt hatte, seien keine skeptischen Äußerungen mehr zu hören.

Rau kündigte an, dass bereits zum Wintersemester 2007/08 ein Erweiterungsstudiengang "Islamische Religionspädagogik" an zwei bis drei Pädagogischen Hochschulen des Landes eingerichtet wird. Bislang wurden die islamischen Pädagogen, die bereits andere Fächer unterrichten, in einem halbjährigen Lehrgang ausgebildet.

dpa/lsw
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Quelle: Schweriner Volkszeitung online 19. 3. 2007

Künftig mit einer Stimme reden

Migrantenvereine bündeln ihre Kräfte / Workshop im Schleswig-Holstein-Haus

Schelfstadt (Christian Koepke) • In Schwerin leben insgesamt rund 6000 Zuwanderer aus dem Ausland. Wie soll die Integrationsarbeit in der Landeshauptstadt künftig aussehen? Mit dieser Frage haben sich Vertreter von Migrantenvereinen am Sonnabend bei einem Workshop im Schleswig-Holstein-Haus beschäftigt. Ergebnis: Die Vereine wollen ihre Kräfte innerhalb des Netzwerks Migration bündeln. „Integration als demokratischer Prozess – vom Ich zum Wir“, so lautete der Titel des Workshops, zu dem die Landeshauptstadt in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll- Stiftung und dem Sprecherrat des Schweriner Netzwerks Migration ins Schleswig-Holstein-Haus eingeladen hatte. Aktueller Anlass: die Fortschreibung der Integrationsarbeit in der Landeshauptstadt, insbesondere die künftige Arbeit der Migrantenvereine.

Ein gutes halbes Dutzend Vereine gibt es in Schwerin, die von Zuwanderern geleitet werden – zum grössten Teil ehrenamtlich. „Knappe finanzielle Mittel stellen allerdings immer wieder die Vereinsarbeit in Frage“, so die Schweriner Integrationsbeauftragte Annette Köppinger. Und Absprachen und Zusammenarbeit zwischen den Vereinen habe es in der Vergangenheit kaum gegeben. Das soll sich nun aber ändern.

Beim Workshop im Holstein-Haus unter der Leitung der Mediatorin Ulrike Seemann-Katz einigten sich die Vertreter des togolesischen Vereins „Amuzé, der Vereine „Kuljugin“, „Wissen“, „Freundschaft“ und „Kontakt“, des Arabischen Kulturvereins und des Vereins „Makabi“ auf die Gründung einer neuen eigenständigen Arbeitsplattform innerhalb des Netzwerks Migration. „Bei regelmässigen Treffen können wir nun unsere Informationen austauschen“, sagte Elena Danilina vom Verein „Wissen“. Auch Muchtar Madjed vom Arabischen Kulturverein sieht in der neuen Plattform vor allem Vorteile: „Wir werden uns jetzt besser gegenseitig unterstützen.“

Die vereinsspezifischen Profile sollen dabei natürlich auch in Zukunft erhalten bleiben, die Erarbeitung gemeinsamer Ziele aber erleichtert werden. „Um Migranten gesellschaftlich einzubinden und Partizipation zu fördern, ist die Entwicklung der neuen Plattform von Migranten innerhalb des Netzwerks Migration ein notwendiger Schritt“, betonte Annette Köppinger.

Fünf so genannte Arbeitstische hat das im August 2003 gegründete Netzwerk Migration in Schwerin bereits. Und der Rahmen ist weit gesteckt: Rund 50 Mitglieder aus den unterschiedlichsten Institutionen arbeiten im Netzwerk mit, beschäftigen sich unter anderem mit den Themen Kinder und Jugend, Beruf und Bildung, Senioren, Familien und Wohnumfeld, aber auch mit dem interreligiösen Dialog.

Nach Angaben von Annette Köppinger, die auch das Netzwerk Migration leitet, leben in Schwerin derzeit rund 4300 ausländische Staatsangehörige und zirka 1600 Spätaussiedler. Schätzungsweise 700 Zuwanderer seien in den vergangenen Jahren eingebürgert worden oder hätten die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt erworben.

Und noch ein ganz praktisches Ergebnis lieferte der Workshop im Schleswig-Holstein-Haus, bei dem auch die Migrationsdienste von Caritas und Arbeiterwohlfahrt vertreten waren: Dimitri Avramenko, Stadtteilmanager im Mueßer Holz und in Neu Zippendorf, wird Schwerin im Landesintegrationsbeirat präsentieren. Ebenfalls darauf einigten sich die Migrantenvereine, die in Zukunft besonders auch gegenüber dem Land mit einer Stimme sprechen wollen.

Die Teilnehmer des Workshops „Integration als demokratischer Prozess“ im Schleswig-Holstein-Haus Herbert Kewitz

Quelle: Südwestdeutscher Rundfunk – Nachrichten 19. 3. 2007

Koblenz

Abschiebung aus Kirche war rechtens


Die kurdische Familie, die im vergangenen Herbst aus ihrem Kirchenasyl in Koblenz geholt und abgeschoben worden war, hatte keinen Anspruch auf Asyl gehabt. Das teilte das Verwaltungsgericht in Koblenz mit und bestätigte damit eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration.

Fachbuch zum Deutschen Ausländerrecht (Quelle: picture-alliance / dpa)


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Die im Asylverfahren vorgelegten Unterlagen seien "plumpe Fälschungen" gewesen, teilte das Gericht mit. In dem Verfahren sei unter anderem ein Haftbefehl türkischer Behörden vorgelegt worden, der zahlreiche Fälschungsmerkmale aufgewiesen hätte.

Die Familie war 1996 nach Deutschland eingereist. Mehrere Asylanträge blieben erfolglos. Im Juli 2006 stellte sie den insgesamt sechsten Antrag, der aber ebenfalls abgelehnt wurde. Dagegen klagte die Familie. Um der drohenden Abschiebung zu entgehen, flüchteten die Eltern mit ihren drei Kindern in die Gemeinde St. Peter in Koblenz-Neuendorf. Polizisten holten die Familie knapp drei Wochen später aus der Kirche.

Lob und Kritik an den Behörden

Der Trierer Bischof Reinhard Marx kritisierte damals das Vorgehen der Behörden, das er "weder gutheissen noch billigen" könne. In Koblenz habe sich der Staat "gewaltsam über das von der Kirche gewährte Asyl hinweggesetzt". Der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) betonte dagegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebung. Auch die Härtefallkommission des Landes habe negativ entschieden.

Familie inzwischen in der Türkei

Die Familie ist nach Angaben des Unterstützerkreises in Koblenz nach ihrer Ankunft in der Türkei getrennt worden. Der Mann sei nach drei Tagen Haft ohne Papiere entlassen worden und befinde sich in Istanbul. Seine Frau lebe im Südosten der Türkei in ihrer Heimat. Die Kinder seien in der Obhut der Grossmutter.

Quelle: derStandard.at 19. März 2007 13:35 MEZ

Zentralrat der Muslime warnt vor "Kultur des Misstrauens"

Generalsekretär Mazyek nach jüngsten Terrordrohungen: "Dürfen jetzt keine Panik machen"

München - Nach den jüngsten im Internet veröffentlichten Terrordrohungen hat der Zentralrat der Muslime in Deutschland vor einer Kultur des Misstrauens gewarnt. "Wir dürfen jetzt keine Panik machen, weil das das ist, was die Terroristen schliesslich wollen", sagte der Generalsekretär des Dachverbandes, Aiman Mazyek, am Montag im Bayerischen Rundfunk. Wichtig sei vor allem eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Polizei und Muslimen.

Zwischen der Frage der Integration und der Frage der Sicherheit müsse sauber getrennt werden. Es gelte eine "Kultur des Misstrauens" zu verhindern, in der Muslime in Deutschland nicht mehr friedlich leben könnten, sagte Mazyek.

Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht indes Fortschritte bei der Einbindung muslimischer Organisationen in das gesellschaftliche und politische Leben in Deutschland. Der Islam sei "ein Teil unseres Landes geworden", sagte er am Montag im Südwestrundfunk. Die gemeinsame Verurteilung des Terrorismus und der jüngste Appell des Islamrats zur Freilassung der im Irak verschleppten Deutschen seien ebenfalls bemerkenswert. Die Muslime leisteten damit einen Beitrag um zu verhindern, "dass die Terroristen gewissermassen Nachwuchspotenzial finden".

Der Islamrat für Deutschland hatte die Entführer im Irak am Sonntag aufgerufen, ihre Geiseln sofort freizulassen. Eine Woche zuvor hatte der Zentralrat der Muslime bereits dasselbe getan. (APA)

 

Quelle: Hamburger Abendblatt erschienen am 19. März 2007



Staatenlos

Abgeschobener erhängte sich

BUKAREST -

Ein vor fünf Jahren aus Deutschland abgeschobener staatenloser Rumäne hat sich im Transitzentrum des Bukarester internationalen Flughafens erhängt. Marin Mogos hatte dort mit seiner Frau und zwei Kindern seit der Abschiebung der Familie gelebt.

Quelle: Salzburger Nachrichten 17. März 2007 | 15:56 | athen

Mindestens sieben tote Flüchtlinge in der Ägäis

Vor der griechischen Insel Samos in der Ostägäis sind in der Nacht auf Samstag mindestens sieben illegale Einwanderer ertrunken. Die Leichen von vier Menschen wurden an einen Strand der Insel gespült. Rettungsmannschaften entdeckten weitere drei Tote in der Meerenge zwischen Samos und der Türkei, wie der griechische Rundfunk unter Berufung auf die Küstenwache mitteilte.

apa/dpa athen

Vor der griechischen Insel Samos in der Ostägäis sind in der Nacht auf Samstag mindestens sieben illegale Einwanderer ertrunken. Die Leichen von vier Menschen wurden an einen Strand der Insel gespült. Rettungsmannschaften entdeckten weitere drei Tote in der Meerenge zwischen Samos und der Türkei, wie der griechische Rundfunk unter Berufung auf die Küstenwache mitteilte.

Die Suche nach weiteren neun vermissten Flüchtlingen blieb erfolglos. Ihr Boot war bei dem Versuch gekentert, die Meerenge zwischen der Türkei und Samos zu durchqueren. Weiteren sechs Flüchtlingen gelang es, die Insel zu erreichen und die Behörden zu alarmieren. Die Flüchtlinge stammten aus verschiedenen Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas. In den vergangenen fünf Wochen waren vor Samos bei verschiedenen ähnlichen Unfällen bereits 14 illegale Einwanderer ertrunken.

© SN/SW

Quelle: Reuters Deutschland 18. 3. 2007 2:40

Türkische Küstenwache stoppt Flüchtlinge vor Lesbos

So Mrz 18, 2007 2:40 MESZ

Istanbul (Reuters) - Die türkische Küstenwache hat ein Schiff mit 184 Flüchtlingen gestoppt, die illegal in die Europäische Union (EU) gelangen wollten.

Bei den Menschen an Bord handele es sich um Türken, Iraker und Palästinenser, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anatolien am Sonntag. Das Schiff sei bereits am Samstag an der Weiterfahrt zur griechischen Insel Lesbos gehindert worden.

Die Türkei bemüht sich um eine Mitgliedschaft in der EU und geht auf Drängen der Gemeinschaft verstärkt gegen illegale Einwanderer vor. Die Türkei grenzt sowohl an die EU-Mitgliedsländer Griechenland und Bulgarien als auch an den Irak, Iran, Syrien, Armenien, Georgien und Aserbaidschan.

Quelle: derStandard.at 18. März 2007 19:33 MEZ

Porträt auf derStandard.at/Integration

"Ich bin dort Bürgerin, wo ich gerade bin"

Eine halbe Zeremonie ist noch keine Hochzeit

Improvisationstheater am Brunnenmarkt - eine Serie der "Fleischerei" zum Thema Zwangsheirat

Wien - Der Bräutigam ist schüchtern. "Er ist erst gestern aus der Türkei gekommen", entschuldigt die Familie seine Zurückhaltung. Der Braut geht es nicht anders - den Spass haben auf dieser Hochzeit eindeutig die anderen. Help yourself, marry me! ist der Titel einer Serie zum Thema Zwangsheirat von Eva Brenners Projekttheater Fleischerei. Am Freitag wurde im Ragnarhof beim Brunnenmarkt ein Hochzeitsritual mit türkischen Jugendlichen der zweiten und dritten Generation inszeniert.

Die Geschichte, die sich um die (letztlich abgebrochene) Zeremonie herum entwickelt, basiert auf Improvisationen, Erzählungen und den realen Biografien der Mitwirkenden, vorrangig aus dem Jugendzentrum Aichholzgasse, diskutiert werden typische Konflikte von Migranten unterschiedlicher Herkunft sowie kulturelle Traditionen.

Tradition ohne Klischees

Zeynep und Murat sollen vermählt werden, Stolz, Familienname und Ehre müssen in die nächste Generation weitergetragen werden. Murat erfüllt dabei nicht einmal gängige Klischees über einen grausamen, reichen und viel zu alten Patriarchen, er ist im Gegenteil ein netter Kerl, jung, mit guten Vorsätzen, bloss hat ihn seine Braut vor der Feier eben noch nie gesehen.

Das Spannende an diesem Theaterprojekt zweier türkisch-österreichischer Regisseurinnen (Emel Heinreich und Asli Kislal) ist dem Publikum nicht zugänglich, sondern ein Prozess, in dem junge Türken aus Wien ihre Lebenssituation zum Gegenstand eines emanzipatorischen Annäherungsversuchs machen. Bis 2009 produziert die Fleischerei unter dem Übertitel Creating Alternatives eine Reihe "soziotheatraler Experimente" im Kontext von Migration und Integration.

Fixpunkt ist dabei etwa die Serie "migration mondays": Kitchen Stories - beim Kochen erzählen Türken, Armenier und Kurden von Flucht und Exil, Lebensweisen in Wien und diskutieren die aktuelle Rolle der Türkei in Europa. Zum Dialog wird ausserdem mit Impulsen nach Texten von Orhan Pamuk angeregt.

Isabella Hager

Quelle: DER STANDARD.at, Print-Ausgabe, 17./18.3.2007


Antonella Mei-Pochtler ist Senior Partnerin von BCG in Wien.

 

Die Geduldeten

Zuwanderung wird zunehmend zum Wettbewerbsfaktor - Von Antonella Mei-Pochtler

Unter dem Titel "Bleiberechtsregelung für Geduldete" wurde letzte Woche ein Kapitel in der Migrationsgeschichte Deutschlands geschlossen. Unter restriktiven Bedingungen sollen aus illegalen Einwanderern erwünschte "Gastarbeiter" werden. In Grossbritannien wird knapp ein Prozent des Wachstums von 5,3 Prozent auf den direkten Effekt des erweiterten Arbeitskräfteangebots zurückgeführt: Seit 2004 sind allein aus Polen 264.000, aus Osteuropa insgesamt 447.000 Migranten gekommen. Und in Österreich wurde heuer die Quote um 500 auf 6500 gesenkt.

Zuwanderung wird zunehmend zum Wettbewerbsfaktor. Ob die ökonomischen Vorteile die sozialen Vorurteile aufwiegen, hängt vom Umgang mit wichtigen Veränderungen ab:

1. Getrennte (Lebens-)Welten: Ob multinationaler Topmanager oder Pflegekraft (allein in Österreich sind davon 40.000 illegal beschäftigt): physische Mobilität ist längst nicht mehr identisch mit sozialer. Viele Osteuropäer leben in London oder Wien, sozial aber weiterhin in der alten Heimat. So boomt der "Ethnic traffic" - die Ende 2003 gegründete ungarische "Wizz Air" hat mit drei Millionen Passagieren in 2006 bereits 15 Prozent Marktanteil in Polen hinter der staatlichen Lot erobert.

2. Geteilte (Wohlstands-)Gewinne: Ob Länder oder Branchen wie Bauwirtschaft, Tourismus oder Pflege - ohne Migration gibt es oft kein Wachstum. Die Wohlstandsgewinne gehen vor allem an Kapitaleigner und Konsumenten billigerer Güter und Dienstleistungen, während ein Teil der inländischen Bevölkerung aufgrund der Sorge vor sinkendem Lohnniveau und belasteten Sozialsysteme mit Ressentiment und Ablehnung reagiert. Ohne ein differenziertes Sozialpaket wird man den Einwanderungsstrom nicht bewältigen.

3. Verschenkte (Wachstums- und Zukunfts-)Chancen: Bill Gates warnte kürzlich vor den Folgen restriktiver Immigrationsverfahren - den High-Tech-Unternehmen fehlen hochqualifizierte Arbeitskräfte: Die Zahl der für hochqualifizierte Immigranten ausgestellten US-Visa sank von 200.000 in 2001 auf derzeit 65.000 jährlich. Im Wettbewerb der Finanzzentren Wall Street und City of London gewinnt letztere dank liberaler Visaregelungen.

"Zu denken, man könne die Migration verhindern, ist eine Utopie", so der italienische Sozialminister Ferrero. Im Wettbewerb der Nationen werden diejenigen gewinnen, die mit einer differenzierten Immigrationsstrategie "Geduldete" in Willkommene verwandeln.

Quelle: derStandard.at 18. März 2007 13:09 MEZ

Drei Gastarbeiterkinder dritter Generation sollen abgeschoben werden

Eltern haben Aufenthaltstitel nicht fristgerecht beantragt - Grüne für humanitären Aufenthaltstitel für die Kinder

Wien - Drei in Österreich aufgewachsenen serbischen Schülern zwischen 16 und 18 Jahren droht die Abschiebung, weil ihre Eltern nicht fristgerecht eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt haben, berichteten das ORF-"Morgenjournal" und der "Kurier" am Sonntag. Sie sind Gastarbeiterkinder dritter Generation, ihre Grosseltern kamen in den 70er-Jahren nach Österreich, ihr Vater lebt seit seinem zweiten Lebensjahr hier.

Unbescholten und integriert

Zwei der drei Kinder sind in Wien geboren, sie sprechen Deutsch, sind unbescholten und betrachten Österreich als ihre Heimat. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 1992 lebten die Mutter und die drei Kinder allerdings illegal hier. In ihrem Bemühen um eine Aufenthaltsgenehmigung haben die Eltern zunächst Fristen verfehlt, dann nicht alle Unterlagen vorgelegt und sind zuletzt an einer Gesetzesverschärfung gescheitert, berichtete der ORF.

Die Mutter wurde bereits im Dezember 2006 abgeschoben, für zwei Kinder liegt bereits ein Abschiebebescheid vor, dem dritten - einem 16jährigen Burschen - droht er mit Ende des heurigen Schuljahres.

Der "Kurier" berichtet, dass sich das 18jährige Mädchen abgemeldet hat und als ausgereist gilt, aber als U-Boot hier lebt. Ihrer 17jährigen Schwester droht die Abschiebung; derzeit muss sie sich täglich am Polizeikommissariat melden.

Grüne: Kein Einzelfall

Die Grünen kritisierten, dass voll integrierte Kinder, deren Vater, Grosseltern und Verwandte in Österreich leben, in einen Staat abgeschoben werden sollen, zu dem sie keine Bindung haben. Sie forderten einen humanitären Aufenthaltstitel für die Kinder. Die Grünen verweisen auch darauf, dass es sich hier um keinen Einzelfall handelt. Sie schätzten, dass sich mehrere 1.000 Menschen in Österreich in einer ähnlichen Situation befinden könnten. (APA)

Quelle: derStandard.at 18. März 2007 12:44 MEZ

Kriminelle, Ausländer Wahlkampfthemen bei Schweizerischer Volkspartei

"Wer hier lebt, hat sich an unsere Regeln zu halten" - Eingebürgerten soll Bürgerrecht wieder entzogen werden können

Bern - Unter dem Motto "Wer hier lebt, hat sich an unsere Regeln zu halten" will die rechtsbürgerliche Schweizerische Volkspartei (SVP) Einwanderer zur Integration zwingen. Am Samstag fiel der Beschluss, eine Initiative auszuarbeiten, mit der straffällig gewordenen Eingebürgerten das Schweizer Bürgerrecht entzogen werden kann. Justiz- und Polizeiminister Christoph Blocher (SVP) sprach sich bei einem Parteitag in Lugano persönlich dafür aus, berichtete die "NZZ am Sonntag" in ihrer aktuellen Ausgabe.

Ziel sei es, Kriminalität und Sonderwünsche von Muslimen einzudämmen. Der Partei schwebe ein Integrationsvertrag zwischen dem Staat sowie den Einwanderern vor, der eine formelle Loyalitätserklärung zur Bundesverfassung und zur Rechtsordnung der Schweiz enthalte. Wer diese Integration verweigere oder straffällig werde, müsse die Schweiz aufgrund des Vertragsbruches wieder verlassen, so die Idee der SVP. Der definitive Initiativtext soll am 30. Juni vorgestellt werden.

Das Thema "kriminelle und unangepasste Ausländer" sei für die Partei Wahlkampfthema Nummer Eins im Vorfeld der Nationalratswahlen im Oktober, sagte SVP-Chef Ueli Maurer bereits letzten Herbst. Seit dieser Zeit sei auch klar, dass die SVP eine Ausländerinitiative plane. Die Partei schaffe es, dieses Thema mühelos zu besetzen. Sie benutze es als "äusserst geeignetes Vehikel dafür", immer wieder den eigenen Unmut über Ausländer in der Schweiz loszuwerden, berichtete das Schweizer Radio DRS.

Keine Inhalte, nur Ankündigungen

Ihr wichtigstes Wahlkampfthema könne sie über so lange Zeit "beackern", weil es nie um konkrete inhaltliche Fragen gehe, sondern immer nur um Ankündigungen. So produziere die Partei keinen Überdruss bei den Wählern. Die SVP-Delegierten ihrerseits würden so wenigstens ihren Frust los. "Wir haben genug davon mit anzusehen, wie Ausländer sich hier auf unsere Kosten vermehren wie die Kaninchen", sagte einer von ihnen bei der aktuellen Versammlung im Kanton Tessin.

Maurer erklärte gegenüber dem Schweizer Radio, die Initiative "ist ein wichtiges Geschäft, das wir sehr sorgfältig erarbeiten. Wir werden wahrscheinlich erst im Sommer den definitiven Text verabschieden."

Nach der neuesten Umfrage wird die SVP bei den kommenden Nationalratswahlen einen Anteil von 29 Prozent erreichen, berichtete der "Sonntagsblick". Sie ist damit vor den Sozialdemokraten (SP) die stärkste Partei in der Schweiz. (APA)

Quelle: Stuttgarter Nachrichten 19.03.2007

Bilanz

Gute Noten für Islamunterricht


Ein halbes Jahr nach seinem Start läuft der islamische Religionsunterricht in Baden-Württemberg aus Sicht des Kultusministeriums reibungslos

Stuttgart - Ein halbes Jahr nach seinem Start läuft der islamische Religionsunterricht in Baden-Württemberg aus Sicht des Kultusministeriums reibungslos. Trotz langjähriger kontroverser Diskussionen der islamischen Verbände untereinander und mit dem Ministerium sei die Resonanz bei Eltern und Kindern jetzt ausschliesslich positiv, sagte Kultusminister Helmut Rau (CDU) in einem dpa-Gespräch.

"Nach allem, was uns berichtet wird, sind die Schüler mit Begeisterung bei der Sache. Der islamische Religionsunterricht wird von den muslimischen Kindern offensichtlich auch als Geste des Respekts und der Gleichberechtigung erfahren." Baden-Württemberg ist nach Raus Angaben das erste Bundesland, das einen Religionsunterricht mit Bekenntnischarakter für muslimische Kinder anbietet.

270 Kindern werden an zehn Grundschulen die Grundlagen des sunnitischen, an zwei Grundschulen des alevitischen Glaubens nahe gebracht. Nach einer vierjährigen Erprobungsphase und einer wissenschaftlichen Bewertung des Modellversuchs wird über eine Erweiterung auf andere Schulen entschieden. Das Angebot sei ein Mittel der Integration, betonte Rau: "Muslimische Mädchen und Jungen erleben durch das Unterrichtsangebot, dass ihr Glaube sie mit unserer Gesellschaft verbindet und nicht trennt."

Die Unterrichtssprache Deutsch fördere überdies die integrative Wirkung. Religion könne Menschen Halt und Orientierung bieten. "Deshalb müssen wir einer so grossen Gruppe wie den Muslimen die Möglichkeit einer religiösen Unterweisung in der Schule ermöglichen. Darauf haben sie auch einen verfassungsmässigen Anspruch."

Auch im kommenden Schuljahr wird der Unterricht an den zwölf Standorten wieder von Klasse eins an angeboten. "Die ersten Rückmeldungen zeigen, dass das Interesse ungebrochen gross ist", sagte Rau. Er freue sich über die interreligiöse Zusammenarbeit an den Modellstandorten. Dort unterstützten die katholischen und evangelischen Lehrkräfte ihre muslimischen Kollegen nach Kräften, beispielsweise bei der didaktischen Aufbereitung von Unterrichtsmaterial.

Motivierend wirke auf die Kinder, dass sie nun keine Hohlstunde mehr haben, wenn ihre evangelischen und katholischen Klassenkameraden den Religionsunterricht besuchen. Auch von Seiten des türkischen Generalkonsulats, das sich anfangs gegen den Unterricht gestellt hatte, seien keine skeptischen Äußerungen mehr zu hören.

Rau kündigte an, dass bereits zum Wintersemester 2007/08 ein Erweiterungsstudiengang "Islamische Religionspädagogik" an zwei bis drei Pädagogischen Hochschulen des Landes eingerichtet wird. Bislang wurden die islamischen Pädagogen, die bereits andere Fächer unterrichten, in einem halbjährigen Lehrgang ausgebildet.

dpa/lsw
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