CAP ANAMUR: Staatsanwaltschaft fordert 4 Jahre Haft
Geschrieben von jnwwebmaster am April 23 2009 06:36:22

CAP ANAMUR: Staatsanwaltschaft fordert 4 Jahre Haft


 In ihrem Plädoyer am 22.4.2009 hat die Staatsanwaltschaft in Agrigento in
 einem dreistündigen Plädoyer 4 Jahre Haft und eine Strafe von jeweils
 400.000 Euro für die Angeklagten Bierdel und Schmidt gefordert. Elias
 Bierdel war der Leiter des Komitees Cap Anamur und damit Verantwortlicher
 für die Aktionen des Schiffes, Stefan Schmidt war seinerzeit Kapitän der
 Cap Anamur. Der Erste Offizier des Schiffes, der ebenfalls der Beihilfe
 zur illegalen Einreise angeklagt wurde, soll laut Staatsanwaltschaft nicht
 schuldig sein, da er "mit dem Fall nicht als Verantwortlicher zu tun
 habe."


 Auffällig ist, dass sich die Staatsanwaltschaft überhaupt nicht auf den
 eigentlichen Anklagepunkt "Beihilfe zur illegalen Einreise im besonders
 schweren Fall" ausgelassen hat, sondern Bierdel und Schmidt nur vorwirft,
 sie haben die Flüchtlinge zu eigenen Werbezwecken des Komitees Cap Anamur
 so lange an Bord gelassen. Der Staatsanwalt spricht von "paternalistischer
 Form der Hilfe". Eingangs lobte er über alle Maßen die Rettung und den
 humanitären Ansatz der Cap Anamur, leider habe man aber nach der nötigen
 Rettung große Fehler begangen und nicht sofort die Behörden informiert,
 das habe der Werbung des eigenen Vereins gedient. Im Detail geht es
 letztendlich um die 10 Tage zwischen der Rettung am 20.Juni 2004 und der
 Mitteilung an die italienischen Behörden am 30. Juni 2004. Bierdel und
 Schmidt haben in dieser Zeit versucht, einen sicheren Hafen für die
 Flüchtlinge zu finden, da Malta -- der nächst gelegene Hafen -- kein
 sicherer Hafen für Flüchtlinge sei. Diese Aussage, die durch den
 Jesuitenflüchtlingsdienst und auch durch das Europäische Parlament
 bestätigt wurden, will der Staatsanwalt jedoch nicht gelten lassen. Das
 Schiff hätte doch sonst wo hinfahren können, auch nach Spanien z.B. Diese
 Argumentation ist nicht haltbar, da erstens die DUBLIN II Verordnung gilt
 (der erste Staat in Europa, in dem die Flüchtlinge anlanden, ist zuständig
 für die Asylanträge, also in diesem Falle Deutschland (da ein deutsches
 Schiff) oder Italien, da der nächste sichere Hafen ein italienischer war;
 zweitens hätte kein anderes Land die Cap Anamur einreisen lassen und eine
 weitere Odyssee hätte begonnen.

 Da der Staatsanwaltschaft die Beweismittel zu "Beilhilfe zur illegalen
 Einreise" fehlen muss nun der Vorwurf "mediale Wirksamkeit und Profit"
 herhalten. Doch auch dieser ist nicht haltbar, wie die Verteidigung in
 ihrem Plädoyer am 20. Mai 2009 darlegen wird.

 Judith Gleitze, borderline-europe Sizilien