Bombenanschlag auf Assyro-Aramäer
Geschrieben von jnwwebmaster am March 20 2007 14:22:56
GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER
PRESSEMITTEILUNG Göttingen, den 20.03.2007

Bombenanschlag auf Assyro-Aramäer in Südost-Türkei: Rückkehr von
christlichen Flüchtlingen bleibt ungewiss

Gegen den Kirchenratsvorsitzenden von Midyat im Südosten der Türkei ist
ein Bombenanschlag verübt worden. Dies erfuhr die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) von Gewährsleuten im Tur Abdin am Dienstag. "Die
Bombe wurde am vergangenen Samstag auf den Hof von Yusuf Türker
geworfen" berichtete der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido nach dem
Telefonat. "Sie ist jedoch glücklicherweise nicht explodiert, sonst
hätte das Attentat tödliche Folgen haben können." Dieser Anschlag sei
eines von mehreren Attentaten auf Christen in der Südosttürkei.
Assyro-aramäische Flüchtlinge im Exil sollten so verunsichert und davon
abgehalten werden, in ihre Heimat zurückzukehren.

Beobachter vor Ort vermuten, dass der so genannte "tiefe Staat"
(türkisch: derin devlet) hinter dem jüngsten Anschlag steht. Eine
informelle Koalition aus nationalistischen Politikern, Justiz, Militärs
und Teilen der Wirtschaft. Sie nimmt Einfluss auf so genannte
Dorfschützer, die als paramilitärische Einheiten an der Seite der
türkischen Sicherheitskräfte gegen die radikale kurdische PKK kämpfen
sollten und heute neben der türkischen Gendarmerie die größte Gefahr für
die Menschen in der Region darstellen.

Zuletzt wurde am 30. August 2006 gegen das Haus von Gebro Seven, den
langjährigen Vorsitzenden des "Assyrischen Mesopotamien Vereins
Augsburg", ein Sprengsatz geworfen. Im Juni und August 2006 hatte es
eine Reihe solcher Angriffe gegen Häuser und Dörfer der Assyro-Aramäer
in der Südost-Türkei gegeben.

"Es ist höchste Zeit, das Unterdrückungssystem der Dorfschützer endlich
aufzulösen", forderte der GfbV Generalsekretär Tilman Zülch in einem
Brief an den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. "Diese
Attentate bedrohen die zaghafte Rückkehrbewegung der so lange verfolgten
Volksgruppe in ihre alte Heimat." Seit der Schaffung des
Dorfschützersystems 1985 wurden Hunderte von Verbrechen, Mord,
Vergewaltigung, Betrug oder Schmuggel begangen. Offiziellen Angaben
zufolge gibt es noch mindestens 70.000 bewaffnete Dorfschützer. Sie
werden noch immer bei Militäroperationen -- auch im Nordirak --
eingesetzt, obwohl die bewaffneten Auseinandersetzungen mit der PKK seit
1999 weitgehend eingestellt wurden.

Schon 2003 haben die wichtigsten assyro-aramäischen Verbände wie der
Dachverband der Entwicklungsvereine Tur Abdin (DETA), die European
Syriac Union (ESU), die Assyrische Demokratische Organisation - Sektion
Europa (ADO), der Zentralverband der Assyrischen Vereinigungen in
Deutschland und Mitteleuropa (ZAVD) und die Union der Assyrer-Suryoye
Vereinigungen in Deutschland (UASD) in einem Appell an die türkische
Regierung die Abschaffung des Dorfschützersystems gefordert.

Gab es Mitte der der 60-er Jahre noch rund 130.000 Assyro-Aramäer im Tur
Abdin, leben hier heute kaum noch 3000. Die überwältigende Mehrheit
dieser Christen flüchtete nach Mittel- und Nordeuropa vor Verfolgung
durch fanatische Muslime, aber vor allem durch die seinerzeit vom
türkischen Militär geschaffenen kurdischen Dorfschützerverbände.

Der GfbV-Nahostreferent Dr. Kamal Sido ist für Anfragen auch erreichbar
unter Tel. 0173 673 39 80.
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