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migration 22.03.2007

 

 

1. Tag gegen Rassismus: Erklärung von PRO ASYL und Interkulturellem Rat

 

Aus Anlass des Internationalen Tages der Vereinten Nationen gegen Rassismus kriti-sieren Interkultureller Rat und PRO ASYL die aktuelle Ausländer-, Asyl- und Integrati-onspolitik der großen Koalition: Mit dem 2. Zuwanderungsänderungsgesetz betreibt die Bundesregierung zur Zeit die dramatische Verschlechterung der rechtlichen und sozialen Situation von Migranten und Flüchtlingen in Deutschland. Der Gesetzent-wurf ist Ausdruck eines Politikverständnisses, in dem Zuwanderung nicht als Chance und Herausforderung gesehen wird, sondern als Bedrohung, der durch Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu begegnen ist.

Flüchtlinge und Migranten werden in dem Gesetzentwurf zu Integrationsbehinderten, schlimmer noch zu Integrationsverhinderern und Integrationsverweigerern erklärt. Ichre Integrationsleistungen sollen zukünftig unter besonderer Beobachtung der So-zial-, Arbeits- und Jugendbehörden stehen. Wer den Integrationserwartungen nicht entspricht, muss mit Sanktionen bis hin zur Ausweisung rechnen. Das ist Rohrstock-pädagogik mit den Mitteln des Ausländerrechts.

Eine von dem Gedanken der Gefahrenabwehr geleitete Ausländer-, Asyl- und Inte-grationspolitik, ist eher ein Teil des Problems als ein Teil der Lösung im Kampf gegen Rassismus: Sie gießt Wasser auf die Mühlen derer, die Menschen wegen einer an-deren Herkunft, Kultur und Religion grundsätzlich ablehnen und nicht davor zurück-schrecken, dieser Überzeugung auch durch rassistische Propagandadelikte und Ge-walttaten Ausdruck zu verleihen.

Gegenwärtig beschränkt sich der vermeintliche Beitrag der Politik zur Überwindung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auf Sonntagsreden, die angesichts der konkreten Politik nicht glaubwürdig sind:

Klare gesetzgeberische Signale der Wertschätzung für die Potentiale von Migranten und Flüchtlingen unterbleiben. Es fehlt eine Förderpolitik, die zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit dauerhaft absichert. Fast schon in Vergessenheit geraten ist, dass die Bundesregierung trotz einer seit 2001 bestehenden Selbstverpflichtung noch immer keinen Nationalen Aktionsplan gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus vorgelegt hat.

Es ist bedauerlich, dass die großartigen Signale, die von den weit über 500 Veran-staltungen im Rahmen der laufenden Internationalen Woche gegen Rassismus aus-gehen, in der Politik der Bundesregierung keinen Widerhall finden. Die diesjährige Aktionswoche, die noch bis zum 25. März andauert, ist die bislang größte und umfas-sendste in der Geschichte der Internationalen Woche gegen Rassismus in Deutsch-land, die der Interkulturelle Rat gemeinsam mit über 40 Kooperationspartnern in Deutschland organisiert.

 

aus: Pressemitteilung von PRO ASYL und Interkulturellem Rat vom 21.01.2007

 

2. Tag gegen Rassismus: Erklärung des Antidikriminierungsnetzwerks Berlin

 

Rassismus entspringt aus der Mitte der Gesellschaft - auch in Deutschland! - Zum heutigen Internationalen Tag gegen Rassismus erklärt das Antidiskriminierungsnetz-werk Berlin des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg (TBB):

 

„Der Internationale Tag gegen Rassismus geht zurück auf ein Ereignis in Südafrika im Jahre 1960: Während einer Demonstration, bei der schwarze Kinder, Frauen und Männer auf ihre Diskriminierung aufmerksam machen wollten, wurden sie mit Waf-fengewalt gestoppt. Es starben 69 Menschen und 180 wurden an diesem Tag ver-letzt. 1966 erklärte die Generalversammlung der Vereinten Nationen diesen Tag zum „Internationalen Tag zur Überwindung von Rassismus.“ Seit dem finden jedes Jahr überall auf der Welt vielfältige Aktionen und Veranstaltungen gegen Rassismus und Diskriminierung statt.

 

Der diesjährige Internationale Tag gegen Rassismus findet während des Europäi-schen Jahres der Chancengleichheit für alle und der Deutschen EU-Ratspräsident-schaft statt. Ein Grund mehr sich in Deutschland diesem lang vernachlässigten The-ma zu widmen.

 

Rassismus geht uns alle an, denn Rassismus entspringt aus der Mitte der Gesell-schaft. Es ist falsch Rassismus nur mit Rechtsextremismus in Verbindung zu bringen. Tagtäglich erleben Menschen in Deutschland rassistische Diskriminierungen auf-grund ihrer (zugeschriebenen) ethnischen Herkunft oder ihrer Hautfarbe.

 

Das ADNB des TBB begrüßt den Vorstoß der Bundesregierung die festgefahrenen Verhandlungen über den Rahmenbeschluss über Rassismus und Fremdenfeind-lichkeit wieder aufzunehmen.

 

Auf Unverständnis stößt jedoch, dass die Bundesregierung trotz heftiger Kritik von Seiten unabhängiger Antidiskriminierungsstellen und Betroffenenverbände noch im-mer an der Ausnahmeregelung bei der Vermietung von Wohnraum im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz festhält. Die Ausnahmeregelung ist nicht durch die EU-Richtlinien abgedeckt. Im Gegenteil, gerade die nun zulässige unterschiedliche Be-handlung bei der Vermietung von Wohnraum stellt in ihrer Auswirkung eine rassis-tische Diskriminierung dar, die nun durch das Gesetz legitimiert wird. All zu oft be-kommen Menschen nicht-deutscher Herkunft keine Wohnung, weil die Hausverwal-tung mit einer ausgewogenen sozialen und kulturellen Mischung argumentiert

 

Die Bundesregierung ist aufgefordert nun Taten statt Worte sprechen zu lassen.“

 

Kontakt: Florencio Chicote, Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin – ADNB, c/o Türki-scher Bund in Berlin-Brandenburg (TBB), Tempelhofer Ufer 21, 10963 Berlin, Tele-fon 030/ 61 30 53 28, E-Mail:adnb@tbb-berlin.de

 

aus: Erklärung des Antidiskriminierungsnetzwerks Berlin des TBB vom 21.03.2007

 

3. Tag gegen Rassismus: Erklärung der SPD-Bundestagsfraktion

 

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Rassismus erklären die jugendpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Christel Humme und der Berichterstatter für Rechtsextremismus, Soenke Rix:

Wir bedauern, dass sich der Internationale Tag gegen Rassismus zum 40. Mal jährt und dieses Thema auch nach 40 Jahren immer noch so aktuell ist.

Erneut haben am Wochenende offensichtlich rechtsextreme Übergriffe auf mehrere Menschen im brandenburgischen Landkreis Teltow-Fläming stattgefunden. Diese Übergriffe sind keine Einzelfälle. Zudem bestätigen Polizei und Organisationen, dass
insgesamt das Gewaltpotenzial in der rechten Szene zunimmt. Daher sind Ma?nah-men gegen Rassismus und rechte Gewalt dringender denn je.

Wir sind froh, dass die Bundesregierung den Kampf gegen Rechtsextremismus fort-führt. Für entsprechende Initiativen und die Bereitstellung von Mitteln hat sich die
SPD-Bundestagsfraktion in der Vergangenheit immer wieder stark gemacht.

Bund, Länder, Kommunen und die Zivilgesellschaft müssen Rechtsextremismus an der Wurzel bekämpfen. Zahlreiche Initiativen und Programme wie beispielsweise "Soziale Stadt" und "Schule ohne Rassismus" gehören zu einer langfristigen Ge-samtstrategie gegen Rechts.

Seit Januar 2007 läuft das mit 19 Millionen Euro jährlich finanzierte Bundesprogramm "Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremden-feindlichkeit und Antisemitismus". Das Programm ist präventiv und auf langfristige Wirkungen angelegt und soll vor allem junge Menschen ansprechen.

Ab Juli 2007 soll das neue Programm "Förderung von Beratungsnetzwerken - Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus" zusätzlich starten, für das fünf Millionen Eu-ro jährlich bereit stehen. Mit diesem Programm wird die wertvolle Arbeit der mobilen Beratungsteams und Opferberatungsstellen in den ostdeutschen Ländern fortgesetzt.
Bis 2010 soll es in allen 16 Bundeslaendern Beratungsnetzwerke geben, die Rechts-extremismus und Fremdenfeindlichkeit vor Ort bekämpfen. Beide Programme sollen eng miteinander verzahnt werden.

Wir hoffen, dass wir mithilfe dieser Programme in naher Zukunft ein gesellschaftli-ches Klima schaffen können, in dem rechtsextreme Einstellungen und Rassismus keine Chance mehr haben.

 

aus: Pressemitteilung der SPD-Bundestagsfraktion vom 21.03.2007

 

4. Antisemitismus: Wolfgang Thierse (SPD) warnt vor rechten Polizisten

 

Nach dem Bekanntwerden eines antisemitischen Vorfalls an der Berliner Polizei-schule hat Bundestagsvize-Präsident Wolfgang Thierse vor einem Rechtsruck der Polizei gewarnt. "Nur der Verdacht, dass antisemitischer Korpsgeist sich in der Poli-zei ausbreitet, wäre gefährlich", sagte der SPD-Politiker der Berliner Zeitung. Er for-derte eine Untersuchung der Vorwürfe. Sollten sich diese bestätigen, müssten Kon-sequenzen gezogen werden. Auch Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) forderte eine umfassende Aufklärung.

 

Wie berichtet, hatten Polizeischüler im Unterricht über die Zeit des NS-Regimes er-klärt, sie wollten nicht an den Holocaust erinnert werden. Auch äußerten sie, dass Juden reiche Leute seien. Thierse warnte vor Verallgemeinerungen. Er unterstelle der Polizei einen demokratischen Geist. Bei einem Teil der jungen Leute bestehe aber die Gefahr, aus einer Mischung aus Widerspruchsgeist oder aus Überdruss an der Demokratieerziehung zu derartigen widerwärtigen Aussagen zu greifen. Es müs-se geklärt werden, ob dabei Einflüsse von außen oder aus der Polizei gewirkt hätten. "Nichts wäre gefährlicher, als wenn Rechtsextremisten in die Reihen der Polizei hi-neinwirken könnten", sagte er.

 

Der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, nannte die Vorgänge einen Skandal. Zugleich sagte Kramer der Berliner Zeitung: "Ich habe Vergleichbares auch erlebt." Meinungen wie bei der Polizei seien in vielen öffentlichen Institutionen zu hören. Kramer warnte davor, Lösungen nur im Diszipli-nar- und Strafrecht zu suchen. Das Problem des Antisemitismus müsse der gesam-ten Gesellschaft bewusst werden. Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch verlang-te eine Bestrafung der Schüler, wenn sich die Vorwürfe bestätigen sollten.

 

aus: Berliner Zeitung vom 21.03.2007 (von Sigrid Averesch und Marlies Emmerich)

Link: www.berlinonline.de/berliner-zeitung/spezial/dossiers/rechte_gewalt/74870/ index.php?

 

5. Schule: UN-Berichterstatter Munoz gibt Deutschland schlechte Noten

 

Das deutsche Schulsystem ist nach Einschätzung des UN-Sonderberichterstatters Vernor Munoz diskriminierend. Benachteiligt würden vor allem sozial benachteiligte Schüler, Migrantenkinder und Kinder mit Behinderungen. Vor dem UN-Menschen-rechtsrat in Genf rief Munoz die deutsche Politik auf, die Aufteilung in Haupt-, Real-schulen und Gymnasien zu überdenken, um Ungleichheit und Chancengerechtigkeit zu beseitigen. "Ich glaube, dass das gegliederte System und die Art der Aufteilung der Schüler soziale Ungleichheit betont."

 

Weitere Kritikpunkte in seinem Bericht sind die oft unklare Schulsituation von Kindern illegal in Deutschland lebender Familien, die unterschiedliche Schulorganisation in 16 Bundesländer, die Eltern und Schülern den Wohnortwechsel erschwere. Außerdem bemängelte er die fehlende Durchlässigkeit zwischen den Schulformen sowie die Lehrerausbildung. Der Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung hatte vom 13. bis 21. Februar 2006 Deutschland besucht, um sich ein Bild von der Chancenge-rechtigkeit des hiesigen Bildungssystems zu machen. Munoz verweist in seinem Be-richt auf die Ergebnisse der Pisa-Studie, wonach Deutschland unter den Industriena-tionen den stärksten Zusammenhang zwischen dem sozialen Hintergrund und den Leistungen der Schüler aufweist. Das deutsche Schulsystem sei von seiner Natur her gewissermaßen ausschließend, es sei selektiv und könne zu Diskriminierung führen, kritisiert der Sonderberichterstatter. Dies hänge vor allem mit der Aufteilung der Schüler auf verschiedene weiterführende Schulen in einem sehr frühen Alter zusam-men, aber auch damit, dass die Kriterien für die Aufteilung weder klar noch einheitlich seien. Jedes Bundesland habe andere Regeln.

 

Er schlug vor, eine kostenlose und für jedermann zugängliche Vorschulerziehung zum Teil des Schulsystems zu machen. Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache müssten besser gefördert werden. Die Situation von Kindern Asylsuchender, von Flüchtlingen oder Illegalen müsse geklärt werden. Besonders betonte Munoz, dass Behinderte besser gefördert werden müssten.

 

Positiv hob er hervor, dass Deutschland ein breites öffentliches Schulwesen habe und eines der wenigen Länder sei, in dem die Schulpflicht bis 18 Jahre gehe.

Kultusminister weisen Kritik zurück.

 

aus: tagesschau.de vom 21.03.2007

Link: www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6535798,00.html

 

6. Die UN rügen das deutsche Bildungssystem - eine Presseschau 

 

Man muss Señor Vernor Muñoz Villabolos dankbar sein. Brachte sein Bericht zum deutschen Bildungswesen doch den in wirre Reformdebatten verstrickten Politikbe-trieb wieder dorthin zurück, wo das Publikum ihn am liebsten sieht: in den Ring ideo-logischer Faustkämpfe. Endlich wieder Kratzen und Beißen statt Gesundheitsfonds und Unternehmenssteuer. Wie hatten wir das doch vermisst. Sicher: Solches Ge-schrei ist wenig zielführend. Dafür aber umso unterhaltsamer.

 

Da schreibt beispielweise Heike Schmoll, Bildungsfachfrau der Frankfurter Allgemei-nen, es sei "nicht nur dreist, es ist in höchsten Maße unlauter", wenn sich Señor Mu-ñoz nach einem "flüchtigen Blick auf das deutsche Schulsystem" ein Urteil über das-selbe erlaube - weil sich mit der Frage, woran dieses System krankt, manche Bil-dungsforscher doch jahrzehntelang beschäftigt hätten. Das stimmt. Nur: Bedurfte es nicht internationaler Studien, Pisa genannt, um Deutschlands Bildungspolitiker in Trab zu setzen? Da schweigt sich die Kommentatorin aus.

 

"Darauf hat die Republik gewartet", ätzt Frau Schmoll vielmehr. "Noch mehr aber auf eine neuerliche Schulreformdebatte, die von einem Vertreter des internationalen Ge-samtschulkartells angezettelt wird." Bravorufe, Schenkelklopfen. Solch fulminante Rednerin wird man für Wildbad Kreuth buchen wollen. Es kommt noch besser: "Wel-ches andere Land besitzt ein vergleichbar schwach ausgeprägtes Selbstbewusstsein und lässt sich von einem Professor aus Costa Rica, der kaum des Deutschen mäch-tig ist, die Leviten lesen?" Wäre der mal nur in Deutschland zur Schule gegangen, möchte man hinzufügen. Dann wäre er nie Juraprofessor geworden und könnte uns nicht mit merkwürdigen Ideen belästigen. Das dreigliedrige Schulsystem abschaffen - wer denkt denn an so etwas?

 

Nun muss man Frau Schmoll zugute halten, dass sie mit ihrer Meinung nicht alleine dasteht. Die Kultusminister haben sich, die Worte teils geschickter wägend, ähnlich geäußert. Weshalb sie nun der Spott der Süddeutschen Zeitung trifft. Dort schreibt Tanjev Schultz: "Gesandte der Vereinten Nationen sind den Umgang mit uneinsich-tigen Politikern gewohnt. Vor allem die Machthaber halbseidener Regime lassen sich von der Weltgemeinschaft ungern vorführen. Leider geriert sich nun auch Deutsch-land wie ein Schurkenstaat, der sich von der UN nichts sagen lassen will." Das sitzt.

 

Dem Vorwurf, wenn ein UN-Fachmann nur zehn Tage durch Deutschland reist, kön-ne er das Bildungssystem hier nicht verstehen, setzt Schultz übrigens entgegen: Die Kultusminister "benehmen sich also wie Despoten, die auf die Kritik von UN-Wahlbe-obachtern sagen, diese hätten das komplexe Wahlsystem leider nicht kapiert". Man muss die Minister wohl so verstehen: Wenn Señor Muñoz schon kein Deutsch ver-steht, dann wird er auch nicht lesen können - schon gar nicht jene viele Studien, die der FAZ doch so wichtig sind. Bloß warum tauchen dann ausgerechnet deren Ergeb-nisse in seinem Bericht auf? "Die deutschen Kultusminister verrennen sich in ihrem falsch verstandenen Stolz", schließt die SZ.

 

Eigentlich gebietet die Vernunft, über solcherlei Geschwätz hinwegzugehen. Es hat ja seine Komik, Sinn aber hat es nicht. Nur könnte man aufgrund der Reaktionen auf den Muñoz-Berichteines befürchten, dass uns die Blockade jeglichen wahren Fort-schritts in der Bildungsfrage bis auf Weiteres erhalten bleiben wird. Glücklicherweise gibt es genügend Verantwortliche, die sich darüber hinwegsetzen. Es zeichnen sich in manchen Ländern ermutigende Fortschritte ab. Doch deutsche Bildungspolitiker geben eben allzu gerne den Rechthaber.

 

aus: ZEIT online vom 22.03.2007 (von Karsten Polke-Majewski)

Link: www.zeit.de/online/2007/13/presseschau-un-bildung-schule

 

7. Von Arabisch bis Weissrussisch - Interkulturelle Online-Jobbörse gestartet

 

Im Internet gibt es seit Kurzem eine neue Bewerber- und Jobbörse, die sich speziell an mehrsprachige Fachkräfte mit interkulturellem Hintergrund richtet. Initiator ist die Mozaik Consulting Interkulturelle Unternehmens- und Personalberatung in Bielefeld. Die Online-Datenbank wurde im Rahmen des von der EU geförderten Teilprojekts „X-Port – interkulturelle Kompetenzagentur für Ostwestfalen-Lippe“ entwickelt.

Das bundesweit einmalige Onlineangebot greift den steigenden Bedarf nach interkul-turell gebildeten Fachkräften auf. Unternehmen können Bewerberinnen und Bewer-ber aus 33 Branchen und zwischen Sprachkenntnissen von Arabisch bis Weißrus-sisch wählen. Das System erstellt automatisch eine Übersicht mit geeigneten Kandi-datinnen und Kandidaten, aus der Unternehmen bequem die interessantesten Per-sonen auswählen

Bewerberinnen und Bewerber haben die Möglichkeit, ein ausführliches Qualifikati-onsprofil zu hinterlegen, in dem über die üblichen Bildungsabschlüsse, Berufserfah-rung hinaus auch Länderkenntnisse und interkulturelle Kompetenzen abgefragt wer-den. Besonders gesucht sind mehrsprachige Fachkräfte mit und ohne Migrationshin-tergrund, die über Berufserfahrung im Ausland verfügen.

Wer sich beruflich verändern möchte, über eine abgeschlossene Berufsausbildung und/oder ein Studium verfügt und mehrere Sprachen spricht, kann sich durch ein Lo-gin unter www.fachkraefte-interkulturell.de  registrieren lassen. Die Jobbörse www.fachkraefte-interkulturell.de  eignet sich auch für Personen, die berufstätig sind, sich aber verändern möchten. In der Startphase ist das einfach zu bedienende Job-portal für Unternehmen und Bewerberinnen und Bewerber kostenlos.

Informationen und Login unter: www.fachkraefte-interkulturell.de  oder Mozaik Con-sulting, Dipl.-Ing. Fuat Atasoy, Telefon: 0521 / 9668260, E-Mail: atasoy@mozaik-consulting.com

aus: Europa:Mobil, März 2007, Link: www.pro-qualifizierung.de/beitrag.html?id=5081

 

8. Verborgene Jobs - Wirtschaftsfaktor Migranten

 

Weltweit suchen etwa 30 bis 40 Millionen illegale Einwanderer ein besseres Leben, schätzen die UN. Etwa sechs Millionen sind es in der Europäischen Union. Die Hoch-rechnungen für Deutschland variieren zwischen 500000 und einer Million - gesicherte Zahlen gibt es nicht. Einem UN-Bericht zufolge überwiesen Migranten allein 2005 weltweit etwa 230 Milliarden Dollar in die Heimat, was mehr ist als das Doppelte der globalen Entwicklungshilfe.

 

Die Kirchen sind oft die einzige Anlaufstelle für die »Papierlosen«, denn anders als Schulen, Krankenhäuser oder soziale Dienste unterliegen sie keiner Meldepflicht. Der Staat, sagt Fanny Dethloff, Flüchtlingsbeauftragte der Nordelbischen Kirche, ignoriere die schwierige Menschenrechtssituation wie auch den expandierenden Niedriglohnsektor im Verborgenen. Viele Illegale arbeiteten schwarz in Restaurants und Hotels, im privaten Hauswirtschaftsbereich und in der Altenpflege – oft für Stun-denlöhne unter vier Euro und ohne Versicherung. Arbeitsunfälle und Krankheiten blieben so oft unbehandelt. Nierenversagen oder offene Tuberkulosen seien häufig, vor allem aber Depressionen und Schwangerschaften ohne ärztliche Begleitung. Die faktische Rechtlosigkeit lasse Illegale leicht zu Opfern von Kriminalität werden. Die Afrikaner machten zwar gegenüber den Osteuropäern eine kleine Gruppe aus, doch sei ihre soziale Lage am problematischsten – vor allem wegen des familiären Erwar-tungsdrucks. Der Erwerb eines Visums oder einer Greencard ist für sie nahezu un-möglich. Als einzige Alternative, einen legalen Aufenthaltsstatus zu erreichen, gilt der Familiennachzug oder die Heirat eines Deutschen. Auch deshalb boomt das Ge-schäft mit den Scheinehen.

»Die Migranten üben meist Tätigkeiten aus, die in Deutschland sonst kaum - oder nur zu höheren Preisen – angeboten werden könnten«, sagt der Migrationsforscher Her-bert Brücker. Experten gehen davon aus, dass 15 bis 25 Prozent des Umsatzes im Hotel- und Gastronomiegewerbe mit illegaler Beschäftigung erwirtschaftet werden. Rund 150000 Schwarzarbeiter gebe es in der Branche. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) nennt als Grund den Kostendruck der Betriebe. Der Lohn sei ein eher geringer Kostenfaktor, meint hingegen die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, vielmehr mangele es an Kontrollen und abschreckenden Stra-fen.

 

aus: DIE ZEIT vom 08.03.2007

Link: http://www.zeit.de/2007/11/Illegale-Kasten

 

9. Alma Evert: "Ich wollte meine Erfahrungen als Migrantin mit Anderen teilen“

 

? Du arbeitest in der Ausländerberatung beim DGB Berlin-Brandenburg. Wer kommt in die Beratung?

 

Alma Evert: Zu uns kommen Menschen verschiedenster Nationalitäten. Menschen aus allen ethnischen Gruppen, die in Berlin leben, waren schon bei uns. Die meisten stammen aus der Türkei.

 

? Welche Fragen haben die?

 

! Häufig geht es um Schwierigkeiten im Umgang mit Ämtern oder bei der Antragstel-lung für das Arbeitslosengeld II. Ähnlich oft gibt es Fragen zur Rentenversicherung, Ausländerrecht. Es kommen aber auch Leute, die Probleme am Arbeitsplatz haben. Die werden auch schon einmal von den Gerichten zu uns geschickt, weil die Gerichte selber nicht beraten dürfen.

 

? Du kommst aus Kasachstan, hast also selber einen Migrationshintergrund. Inwie-fern hilft dir das?

 

! Das hilft mir sehr. Das war auch ein Grund, warum ich mich entschlossen hatte, ei-ne Qualifikation als Beraterin zu machen. Ich wollte meine eigenen Erfahrungen als Migrantin mit anderen teilen und ihnen dabei helfen, sich in ihrer neuen Heimat zu-rechtzufinden und zu integrieren.

 

? Wie hast du deine Migration selber erlebt? Du bist 1999 nach Deutschland gekom-men.

 

! Für mich war das sehr schwer. Menschen, die aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland kommen, haben sehr wenig Informationen über Deutschland. Sie haben kein reales Bild davon, was sie hier erwartet. Aussiedler aus Kasachstan oder Kontingentflüchtlinge haben zwar einen Anspruch darauf Deutsch zu lernen, aber keiner erklärt ihnen, was in Deutschland auf sie zukommen kann. Arbeitssuche und auch schon die Organisation von Aus- und Weiterbildung stellen für Menschen, die hier von null anfangen, große, auch bürokratische Hürden dar. Ich selbst gehörte zu keiner Gruppe, die Anspruch auf Sprachförderung hatte und ich musste mich damit abfinden, diese Kurse aus eigener Tasche zu bezahlen. Genauso musste ich mich damit abfinden, dass ich mit meinem Diplom als Ökonomin nicht viel anfangen konn-te. Ich habe zwar an der Uni bei uns unterrichtet, die Inhalte waren aber ganz anders als hier. Meinen Neubeginn hier habe ich fast ausschließlich aus eigener Kraft be-werkstelligen müssen - ohne Bekannte oder Verwandte. Auch um mein Aufenthalts-recht habe ich allein gekämpft.

 

? Deutschland war deine zweite Migrationserfahrung. Du hast auch in der Türkei gelebt und gearbeitet.

 

! Ja, ich habe vier Jahre in Istanbul an der Uni gearbeitet. Das war meine erste Er-fahrung als Migrantin. Alles war ganz anders als in Kasachstan. Als ich nach Deutschland kam, wusste ich, dass ich es schon einmal geschafft hatte, mich einzu-leben und war zuversichtlich, das in Deutschland wieder, vielleicht sogar schneller, zu schaffen. Das traf dann aber nicht so ganz zu.

 

? Aus deiner Erfahrung als Migrantin und auch aus deiner Arbeit in der Ausländerbe-ratung heraus: Was würdest du Menschen raten, die neu nach Deutschland kom-men?

 

! Das A und O ist der Spracherwerb. Als nächstes darf man sich nicht mit Arbeiten abspeisen lassen, die unter der eigenen Qualifikation liegen. Wichtig ist auch, daran zu glauben, im Beruf etwas erreichen zu können. Das klappt vielleicht nicht sofort. Deshalb darf man nicht aufgeben, auch wenn man schon 100 Bewerbungen ge-schrieben hat. Zuwanderer, die neu in Deutschland sind, müssen auf die Menschen zugehen und nicht warten bis jemand kommt und einem Arbeit oder Weiterbildung anbietet. Man muss an jede Tür klopfen, wo man eine kleine Information oder einen Hinweis bekommen kann. So habe ich das auch gemacht. Wichtig ist schließlich auch, seinen Bekanntenkreis zu erweitern und nicht nur unter den eigenen Landsleu-ten zu bleiben. Und wenn man überall einmal angeklopft hat, dann muss man erst recht noch die Kraft haben, die Runde ein zweites Mal zu machen und dabei - selbstverständlich - auch immer eine positive und optimistische Ausstrahlung bewah-ren.

 

Alma Evert arbeitet in der Ausländerberatung beim DGB Berlin-Brandenburg.

 

aus: Europa:Mobil, März 2007, Link: www.pro-qualifizierung.de/beitrag.html?id=5086

 

10. Aylin Selcuk: Das Potential der Generation Deukisch

 

Eine Podiumsdiskussion im Außenministerium über das Image der Türkei und der Türken in den deutschen Medien. Aus dem Zuschauerraum tritt eine junge Frau ans Mikrofon: "Wir sind der Verein 'Die deukische Generation'. Wir sind deutsch und tür-kisch. Wir wollen etwas gegen die falschen Vorstellungen über uns türkischstämmige Jugendliche machen." Die Zuschauer im Saal applaudieren. Politiker versprechen Unterstützung, Journalisten notieren die Telefonnummer der Abiturientin.

 

Die junge Frau heißt Aylin Selcuk, geht auf ein Elitegymnasium im noblen Berliner Stadtteil Grunewald und hatte bis vor kurzem selbst die türkischstämmigen Schüler der Hauptschulen über einen Kamm geschoren: "Prolltürken", die an ihrem Misser-folg in der Schule selbst schuld sind. Wenn ihr auf der Straße eine Gruppe von "den Machos" begegnete, wechselte sie die Straßenseite.

 

Doch dann interviewte sie für eine Abi-Abschlussarbeit türkischstämmige Hauptschü-ler - und lernte deren verletzliche und verzweifelte Seite kennen. "Die Schüler leiden unglaublich unter ihrem Image. Hauptschüler werden nur kritisiert, eine Kinderpsyche kann damit nicht umgehen", sagt die 18-Jährige jetzt. Ein Schüler habe berichtet, wie ein TV-Sender Geld geboten habe, wenn er und seine Freunde eine Schlägerei vor-täuschten - "unfassbar". Einem Jungen aus der neunten Klasse seien im Zweierge-spräch gar die Tränen gekommen, als er von seinen Problemen und Sorgen erzählte: Eigentlich wolle er gerne aufpassen, aber wenn alle Blödsinn machen, dann sei er halt auch dabei. Der Lehrer habe ihm geraten, dem Förderunterricht fernzubleiben, weil bei ihm sowieso alles vergebens sei.

 

Hauptschüler und Migrant - das ist gleichzusetzen mit Verlierern, so hören es die Schüler. Und resignieren. In Berlin verließen im Jahr 2005 23 Prozent der jungen Mi-granten, die keinen deutschen Pass haben, die Hauptschule ohne Abschluss. Fast jeder Vierte also. Bei den Schülern mit deutschem Pass haben 7,7 Prozent keinen Abschluss. Noch größer sind die Unterschiede bei der Ausbildung: Nach einer Mikro-zensus-Auswertung blieben im Jahr 2004 37 Prozent der ausländischen Jugendli-chen im Alter zwischen 20 und 29 Jahren ohne beruflichen Abschluss - aber nur elf Prozent der deutschen.

 

Das dreigliedrige Schulsystem mit seiner frühen Selektion der Kinder steht in der Kri-tik. Jüngst reihte sich Vernor Munoz Villalobos, Uno-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung, in die Riege der Pisa-Gutachter und Bildungsforscher ein, die von einer strukturellen Diskriminierung von Einwandererkindern sprechen. Viele werden mit Sprachdefiziten eingeschult, die sie nicht mehr ausgleichen können, bis bereits im Alter von zehn Jahren die Entscheidung für die weitere Schullaufbahn fällt.

 

Aylin hatte keine Sprachprobleme. Ihr Vater, Journalist bei einer türkischen Tageszei-tung, und ihre Mutter, Filialleiterin einer Bank, beide in den sechziger Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen, sprachen konsequent Deutsch mit ihr. In ihrem Handballverein fand sie viele deutsche Freunde. In der Schule war Aylin so gut, dass sie eine Klasse übersprang. Dennoch denkt sie: "Wäre ich in einem anderen Umfeld aufgewachsen, wäre ich wohl auf der Hauptschule gelandet."

 

Weil sie Glück hatte, will sie anderen mit weniger Privilegien helfen und gründete den Verein "Die deukische Generation". Sie ist sich sicher: "Jugendliche hören eher auf Jugendliche." Im Internet fand sie 40 Mitstreiter in einem Studentenforum, ein Unter-nehmensberater hilft bei der Sponsorensuche, die Türkisch-Deutsche Unternehmer-vereinigung TDU stellt einen Raum zur Verfügung. Mit einer Messe der Berliner Ver-eine will "Die deukische Generation" die Lust auf Sport, Tanz und Musik im Club wecken - als Alternative zum Abhängen auf der Straße.

 

Mit der Aktion sollen auch die Eltern angesprochen werden, die oft zu wenig über die Angebote der Vereine wüssten, sagt Aylin. Außerdem ist eine Imagekampagne ge-plant. Bis zum Herbst will der Verein einen Werbespot realisieren, der bundesweit gesendet werden soll und ironisch mit den Vorurteilen gegenüber türkischstämmigen "Macho-Jungs" umgeht. Die Botschaft: Lasst euch nicht von der harten Schale der Jungs abschrecken, achtet mehr auf das Potential, das in ihnen steckt.

 

Bislang hatte Aylin oft das Gefühl, dass ihre deukische Identität für ihre Zukunfts-chancen eher ein Nachteil ist. Der Zuspruch nach ihrer Wortmeldung im Auswärtigen Amt hat sie aber motiviert. Ein Verlag möchte ihre Abiturarbeit in einem Sammelband herausgeben: "Offenbar werden Leute wie ich gebraucht."

aus: SPIEGEL ONLINE - Schulspiegel vom 20.03.2007 (von Alexander Bürgin)

Link: www.spiegel.de/schulspiegel/leben/0,1518,471922,00.html

 

11. Amtsrichterin in Frankfurt am Main: Koran erlaubt Gewalt in Ehe

 

Eine Frankfurter Richterin hat unter Verweis auf den Koran einer Frau marokkani-scher Herkunft eine schnelle Scheidung verweigert. Sie verwies dabei ausdrücklich auf ein „Züchtigungsrecht“ des Mannes, mit dem die Frau bei der Heirat habe rech-nen müssen. Es liege daher keine unzumutbare Härte vor, die eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres rechtfertigen würde. Der Fall hat einen Sturm der Ent-rüstung entfacht. Das Amtsgericht Frankfurt am Main entzog der Richterin am Mitt-woch den Fall. Juristische Experten äußerten Unverständnis über die Richterin.

 

Reinhard Singer, Professor für Familienrecht an der Humboldt-Universität Berlin, sagte: „Davon auszugehen, dass die Frau mit der Heirat im marokkanischen Kul-turkreis gewissermaßen in die Misshandlung eingewilligt hat, ist absurd.“

 

>>> Sure 4, Vers 34: „Meidet sie im Ehebett und schlagt sie!“

 

Sure 4, Vers 34 ist eine der am häufigsten und kontroversesten diskutierten Stellen des Koran: „Die Männer stehen über den Frauen, weil Gott sie ausgezeichnet hat (…) und wenn ihr fürchtet, dass Frauen sich auflehnen, dann ermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie!“ Diese Übersetzung dient traditionellen Muslimen als Be-leg für die Vormachtstellung des Mannes gegenüber der Frau im Islam. Sie ist aber heftig umstritten. „Betrachtet man diese Stelle historisch-wissenschaftlich, bedeutet sie nicht, dass Männer gegenüber Frauen Gewalt anwenden dürfen, sondern das Gegenteil. Sie drückt aus, dass Mann und Frau miteinander sprechen, und, falls kei-ne Einigung erzielt wird, eine Distanz zwischen sich legen sollen, verschiedene We-ge einschlagen sollen“, sagt Luise Becker vom Zentrum für Islamische Frauenfor-schung in Köln. Das arabische Wort für „schlagen“ habe fünf Bedeutungsebenen. „Der Konflikt zwischen traditionalistischer und wissenschaftlicher Auslegung, ist so alt wie der Islam.“

 

aus: Der Tagesspiegel vom 22.03.2007

Link: www.tagesspiegel.de/politik/archiv/22.03.2007/3156681.asp

 

12. Falsches Verständnis einer Amtsrichterin - taz-Kommentar von Daniel Bax

 

In vielen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas ist das Familienrecht von tradi-tionellen Moralvorstellungen und religiösen Normen geprägt, die Frauen schlechter stellen. Es gibt islamische Autoritäten und fundamentalistische Imame, die Schläge für die Ehefrau sogar mit einer Sure aus dem Koran legitimieren. Der Streit über die-se Auslegung und, grundsätzlich, die Gleichberechtigung der Geschlechter wird in diesen Ländern aber nicht erst seit gestern geführt. Er entzweit nicht nur säkulare Reformer und fundamentalistische Muslime, sondern zum Beispiel auch orthodoxe Mullahs und "islamische Feministinnen", die ihre Religion von innen modernisieren wollen.

 

Diese Auseinandersetzungen sollten in einem deutschen Gericht aber keine Rolle spielen. Der Fall einer hessischen Familienrichterin, die es unter Berufung auf den Koran ablehnte, den Scheidungsantrag einer marokkanischen Frau als Härtefall zu behandeln, ist deshalb an Absurdität kaum zu überbieten. Die Marokkanerin wollte noch vor dem Ablauf des gesetzlichen "Trennungsjahrs" von ihrem Mann geschieden werden, weil dieser ihr Gewalt angedroht hatte: mit gutem Grund, denn sie hat das gleiche Recht auf Schutz vor einem gewalttätigen Ehemann wie eine Deutsche. Alles andere wäre falsch verstandene Islam-Einfühlsamkeit zugunsten des Mannes - und eine geradezu rassistische Diskriminierung der Frau, die allein aufgrund ihrer Her-kunft anderen Maßstäben unterworfen würde.

 

Es gibt auf dieser Welt viele überkommene Sitten und Bräuche, die nicht mit dem deutschen Grundgesetz in Einklang zu bringen sind. Witwenverbrennungen in Indien, Genitalverstümmelungen an kleinen Mädchen in Zentralafrika oder Ehrenmorde in tribal geprägten Gesellschaften gehören dazu. Sie alle werden in ihren jeweiligen Gesellschaften bekämpft. Es wäre deshalb ein schlechter Witz, wenn sie aus falsch verstandener Liberalität in Europa akzeptiert würden.

 

Zum Glück gibt es wenig Anlass zu dieser Befürchtung. Die hessische Familienrich-terin wurde prompt von dem Fall abgezogen. Und die einhellige Empörung über ihr Verhalten sendet ein deutliches Signal: Das Grundgesetz gilt für alle.

 

aus: taz vom 22.03.2007, Link: www.taz.de/pt/2007/03/22/a0114.1/text

 

13. Der Islam in Europa - ein Pressedossier

Die Antworten auf die Frage, wie das überwiegend christliche Europa mit seinen muslimischen Bürgern umgehen soll, fallen unterschiedlich aus: Muss sich Europa muslimischen Einwanderern öffnen oder müssen sich Muslime anpassen? Oder gibt es einen dritten Weg: den Euro-Islam?

Daniel Martín urteilt in der konservativen spanischen Tageszeitung Estrella Digital über Bruce Bawer, den US-amerikanischen Autor des Buches "Wie der radikale Is-lam den Westen von innen zerstört", er reflektiere "klar über die Anwesenheit und die Macht des radikalen Islam auf dem alten Kontinent. Ebenso klar denkt er über die Unfähigkeit Europas nach, dagegen Front zu machen. Sein Buch warnt vor der rea-len Gefahr des radikalen Islamismus. Bawer hat in Amsterdam und Norwegen gelebt und die Lage der muslimischen Immigranten genau studiert. Seine Schlüsse sollten uns eine Warnung sein, da ein großer Teil der in Europa lebenden Muslime es ab-lehnt, ein Minimum an demokratischen Regeln zu akzeptieren. Schlimmer noch, viele von ihnen sind bereit, unser 'dekadentes' politisches System abzuschaffen... Der reli-giöse Fanatismus vieler muslimischer Einwanderer betrifft ganz Europa, einen Konti-nent, der offenbar ohnmächtig und schwach gegenüber einem Feind ist, dessen Ide-en klar und dessen Gläubige überzeugt sind."

 

Link (span.): www.estrelladigital.es/a1.asp?sec=opi&fech=20/03/2007&name=martin


Die Freie Universität Brüssel (ULB) hat es dem Islamspezialisten Tariq Ramadan kürzlich untersagt, auf ihrem Gelände eine Konferenz abzuhalten. Ali Daddy, der Chef der Zeitung Reflets Magazine, meint in La Libre Belgique, diese Entscheidung zeige die Schwierigkeiten der Integration des Islam in Europa. "Es ist mehr als an-strengend, ohne Ende Leute anhören zu müssen, die den Koran verachten, die aber diesen Text gar nicht kennen und oft ihre ekelhafte Islamophobie nur schlecht ka-schieren. Sie wollen uns, die wir diesen Text seit vielen Jahren täglich lesen, erklä-ren, dass wir am Ende nur eine 'Bande von Idioten' sind und unfähig, 'die zutiefst gewalttätige Natur' des Textes des Islam-Gründers zu erkennen. Eine Gewalt, die jeder Moslem auf gewisse Weise in sich trage!... Der Islam gehört in Europa zur Inneneinrichtung und niemand scheint es zu merken, außer wenn Wahlen sind, aber dann nur im Hinblick auf die Stimmen der Muslime. Dabei hat Europa schon ein Modell des religiösen, sozialen und interkulturellen Friedens hervorgebracht: das andalusische Modell! Ein Modell, das heute wiederbelebt wird und bei dem es klar darum geht, sich für die Interkulturalität zu entscheiden und gegen die Barbarei."

Link (französisch): www.lalibre.be/article.phtml?id=11&subid=118&art_id=338378


Der in Syrien geborene deutsche Politologe Bassam Tibi erklärt im Perlentaucher sein Konzept eines Euro-Islam: "Europa hat auf der Basis seiner kulturellen Moderne die Aufklärung als 'Entzauberung der Welt' und in diesem Rahmen einen Werte-Uni-versalismus hervorgebracht, der weder ethnisch noch religiös und somit inklusiv ist. Ich wiederhole, dass die angeführte Inklusivität darin besteht, offen für die Aufnahme anderer zu sein. Das ist kein akademisches Gerede im negativen Sinne, sondern ei-ne zivilisatorische Realität, die ich als Muslim und Araber aus meinem eigenen Leben in Europa kenne. Die Inklusivität ist die europäische Leistung im Kontext der Migrati-on. Die Leistung der Migranten könnte in dem Versuch bestehen, ihre Identität mit Europa und dem dazugehörigen kulturellen System in Einklang zu bringen. Der Euro-Islam ist eine Vision, die beansprucht, diese Leistung zu erbringen. Trotz vieler an-derslautender Behauptungen ist die Europa-Idee nicht christlich, sie ist säkular und hat im Hellenismus ihre Quellen. Derselbe Hellenismus gehörte auf dem Höhepunkt der islamischen Zivilisation zu den Quellen des mittelalterlichen islamischen Rationa-lismus. Somit liegt eine Brücke vor."

 

Link zum Artikel: www.perlentaucher.de/artikel/3764.html

aus: euro|topics-newsletter vom 21.03.2007

 

14. Grossbritannien: Muslime wünschen mehr islamische Konfessionsschulen

 

Einer britischen Studie zufolge wünschen sich die Muslime Grossbritanniens mehr is-lamische Konfessionsschulen, berichtet „Telepolis". "Als Gründe für den Wunsch nach mehr moslemischen Konfessionsschulen ermittelte Nasar Meer, dass moslemi-sche Eltern den Wunsch nach einer stärkeren Verankerung islamischer Kultur im Un-terricht hegen und ihre Kinder in einer stärker vom moslemischen Glauben geprägten Umgebung erzogen sehen wollen. Zudem glauben viele moslemische Eltern, dass vor allem Jungen in religiösen Schulen bessere Leistungen bringen würden als in öffentlichen Schulen. Tatsächlich schneiden die Schüler der sechs existierenden moslemischen Schulen besser ab als der Durchschnitt. Bei einigen moslemischen
Eltern spielt auch der Wunsch nach einer nach Geschlechtern getrennten Unterrich-tung von Jugendlichen eine wichtige Rolle. Für Kinder im Grundschulalter ist dieser Wunsch nach Geschlechtertrennung weniger stark ausgeprägt."

 

Link: www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24861/1.html

 

aus: Linkliste der Bundeszentrale für politische Bildung vom 19.03.2007

Link: www.bpb.de/wissen/EMH9Q8,,0,Linkliste_zum_11_9_2001.html

15. Zwangsprostitution - Opferschutz und Bleiberecht verbesserungsbedürftig

 

Es ist eines der widerlichsten Verbrechen. Menschenhandel. Betroffen in erster Linie Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden. Doch wenn deutsche Behörden auf diese Verbrechensopfer aufmerksam werden, ist deren Leid damit nicht automatisch zu Ende. Nein, selbst wenn sie den Mut haben, in einem Prozess gegen Menschen-händler auszusagen, droht ihnen dennoch die Abschiebung.

 

Andere Länder, wie beispielsweise Italien, haben längst erkannt, dass man so den Menschenhandel nicht in den Griff bekommt. Es muss also etwas geschehen. Beate Klein zeigt, was.

 

Bericht: Noch immer verfolgt sie die Angst. Elvira war vor sechs Jahren von Litauen nach Deutschland verschleppt worden. Für ein paar tausend Mark von Menschen-händlern an einen brutalen Zuhälter verkauft. »Er hat mich vergewaltigt. Und hat zu mir gesagt „Und, war das gut?“ Er hat mir 50 Kondome aufs Gesicht geschmissen und gesagt: „Jetzt weißt Du, was Du tun sollst.“«

 

Der Zuhälter sperrte sie im Bordell ein. Nacht für Nacht musste sie Freier bedienen. Nach Monaten konnte sie fliehen, ging trotz Angst von sich aus zur Polizei. Aber wie geht es anderen Opfern? Frauenhaftanstalt Neudeck in München. Hier landen weib-liche Untersuchungshäftlinge und Frauen, die abgeschoben werden sollen. Und so unglaublich es klingt, immer wieder werden Frauen in die Zellen gesteckt, die als Zwangsprostituierten ausgebeutet wurden. Eine von ihnen war Maria. Ihr einziges Vergehen: Sie wurde auf der Straße ohne Pass angetroffen. Die Polizei sah in ihr nur eine Illegale, steckte sie in Haft. O-Ton: »Ich habe bei der Polizei gar nichts erzählt, weil ich große Angst gehabt habe.« Von den Menschenhändlern war sie gezwungen worden, bei der Polizei zu lügen. Zwei schlimme Schicksale, die zeigen, Opfer von Zwangsprostitution brauchen Hilfe, doch immer wieder erweist sich der Opferschutz als lückenhaft.

 

Wir wollen von den Länderinnenministern wissen, wie ernst nehmen sie den Kampf gegen den Menschenhandel. Tenor der Antworten an REPORT MAINZ: Die Länder messen dem Thema einen hohen Stellenwert bei, gerade die Zusammenarbeit mit den Beratungsstellen habe eine deutliche Verbesserung gebracht. Doch nach unse-ren Recherchen gibt es noch immer viele Probleme. Hier versucht eine Kriminalbe-amtin mit einem Opfer ins Gespräch zu kommen. Die Ermittler wissen, neben den Aussagen der Opfer finden sie kaum andere Beweise.

 

O-Ton, Erwin Owtscharenko, Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz: »Wir sind also auf diese Zeugenaussagen von Opfern angewiesen. Und die befinden sich ja gerade in einer Zwangssituation, so dass es da schwierig ist, Beweise zu gewinnen.« Ein Pro-blem der Ermittler: Opfer werden nicht als Opfer erkannt, sondern, wie Maria, als Tä-terinnen behandelt. Wegen des Verstoßes gegen das Ausländerrecht. Die Innenmini-ster bestätigen das Dilemma. Auch eine Studie des Bundeskriminalamtes aus dem Jahr 2006 kritisiert, Opfer würden im Rahmen von Kontrollmaßnahmen verfrüht ab-geschoben.

 

Letzte Woche. Razzia im Rotlichtmilieu in Rheinland-Pfalz. Eine Frau wird aufgegrif-fen, sie stammt wohl aus Westafrika, hat keinen Pass, spricht fast kein Deutsch. Al-les Anzeichen für die Ermittler, dass die Frau ein Opfer von Menschenhandel ist.

Gesetzlich festgelegt ist, dass sie eine vierwöchige Bedenkzeit bekommt, um zu überlegen, ob sie mit der Polizei zusammenarbeiten will. Die Ermittler in Mainz wol-len ihr die Zeit geben. Eine Seltenheit in Deutschland.

 

Zwar erklären auf unsere Anfrage die meisten Länder, sie würden ebenso verfahren. Baden-Württemberg etwa antwortet: Zitat: »Die (...) vorgesehene Duldung von vier Wochen wird (...) in Baden-Württemberg angewandt.« Beate Meinzolt von der Fach-beratungsstelle FIZ hat im Raum Stuttgart jedoch ganz andere Erfahrungen gemacht. Sie betreut Opfer von Menschenhandel, wenn sie von der Polizei verständigt wird.

O-Ton, Beate Meinzolt, FrauenInformationsZentrum FIZ, Stuttgart: »Also ich habe das noch nie erlebt, dass eine Ausländerbehörde oder eine Polizei oder Staatsan-waltschaft gesagt hat: ‚Aha, da besteht jetzt nur Verdacht auf Menschenhandel, sie hat jetzt mal vier Wochen Zeit, wir bringen die unter, es wird bezahlt, sie bekommt eine medizinische Versorgung.’ Da gibt es überhaupt nichts Geregeltes. Das habe ich noch gar nie erlebt, dass es so läuft. Noch gar nie.«

 

Auch andere Fachberaterinnen schildern uns solche Widersprüche. Und nicht nur bei der Vier-Wochen-Frist gibt es Defizite. Ein weiteres Problem: Was passiert nach dem Prozessende mit den Frauen? Durch Elviras Aussagen vor Gericht wurden ihre Pei-niger zu langen Haftstrafen verurteilt. Ihr Aufenthaltrecht endete. Sie kehrte in ihre Heimat zurück. Doch ein Komplize der Menschenhändler hat sie dort brutal misshan-delt. O-Ton: »Hat er mich geschlagen, hat mir in den Fuß geschossen. Er hat gesagt: ‚Du Schlampe, du hast alles der Polizei erzählt.’«

 

Uta Ludwig und ihre Kolleginnen betreuen ehemalige Zwangsprostituierte in Bran-denburg. Sie halten es für unverantwortlich, dass die Frauen nach dem Prozess ohne Hilfe abgeschoben werden. O-Ton, Uta Ludwig, Fachberatungsstelle Belladonna, Frankfurt/Oder: »Es ist jeweils ein Schicksal. Und das wird nicht gesehen. Das wird im großen Verfahren nicht gesehen. Es wird in der Befragung gesehen, um den Täter zu verurteilen, aber das Ziel ist der Täter. Es ist niemals der Schutz einer Opferzeu-gin.«

 

Trotz dieser Kritik: Die Länderinnenminister wollen am nur befristeten Aufenthalts-recht für die Menschenhandelsopfer festhalten. Einzig der Innenminister von Rhein-land-Pfalz macht sich jetzt für ein dauerhaftes Bleiberecht für diese Frauen stark.

O-Ton, Karl Peter Bruch, SPD, Innenminister Rheinland-Pfalz: »Wir brauchen im Bleiberecht eine Regelung, dass die Frauen eine gesicherte Zusage kriegen können, dass sie hier bleiben. Deswegen müssen wir im Bleiberecht eine Passage aufnehmen. «

 

Opfer wie Maria und Elvira brauchen eine dauerhafte Perspektive in Deutschland. Nur dann haben die Ermittler eine Chance im Kampf gegen die Menschenhändler.

 

aus: REPORT MAINZ vom 19.03.2007

Link: www.swr.de/report/-/id=233454/nid=233454/did=2007442/16d9qb1/index.html

 

16. Buch-Tipp: Lebenslage „illegal“ - ohne Aufenthaltsstatus in Frankfurt

 

Wie kaum eine andere Stadt in Deutschland spiegelt Frankfurt am Main mit seiner ethnischen, kulturellen und religiösen Vielfalt den rasanten Wandel und die Verände-rungen in der Bevölkerung wider. Menschen ohne Aufenthaltsstatus gehören dazu, sie sind mittlerweile fester Bestandteil der Gesellschaft. Das gerade erschienene  Buch beschreibt die Situation von Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus in der Mainmetropole. Es schildert Notlagen der Betroffenen, nennt aber auch Strategien der Lebensbewältigung.

 

Die Autorinnen und Autoren Wolfgang Krieger, Monika Ludwig, Patrick Schupp und Annegret Will geben mit Auszügen aus Interviews, die sie mit statuslosen Menschen geführt haben, einen Einblick in deren Lebenswirklichkeit. Ihre Lebenssituation, die Motive, die sie zur Migration veranlasst haben, ihre Erfahrungen, Probleme und Pers-pektiven werden ausgewertet. Zugleich untersucht die Studie die Arbeit und Proble-me der Hilfe- und Beratungseinrichtungen und Kontrollbehörden in Frankfurt am Main. Dabei wird unter anderem deutlich, dass die restriktive Rechtsauslegung nicht nur den Bewegungsradius so genannter Illegaler einschränkt, sondern auch die Ar-beit der Beratungsstellen beeinträchtigt. ­­So entsteht aus neu gewonnenen empiri-schen Befunden und der Verknüpfung mit Ergebnissen anderer Studien ein umfas-sender Überblick. Außerdem geben die Verfasser praxisrelevante Empfehlungen zur Verbesserung der Hilfen für Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus und entwik-keln schließlich Handlungsoptionen auf legislativer und politischer Ebene.

 

Das im von Loeper Literaturverlag  erscheinene Buch „Lebenslage ‚illegal’ - Men-schen ohne Aufenthaltsstatus in Frankfurt am Main“( Bestell-Nr.: 3-86059-413-3),  herausgegeben vom Evangelischen Regionalverband Frankfurt am Main und dem Diakonischen Werk in Hessen und Nassau e.V. umfasst 260 Seiten und kostet 19,90 Euro. Es kann portofrei bezogen werden über die "vorwärts:buchhandlung + antiqua-riat" im Willy-Brandt-Haus, Stresemannstraße 28, 10963 Berlin, Telefon: 030/25299-871, Fax: 030/25299-872, E-Mail: info@vorwaerts-buchhandlung.de

 

Zum Preis von 5,00 Euro ist ebenfalls im von Loeper Literaturverlag eine Ergebniszu-sammenfassung der Studie erschienen (Bestell-Nr.: 3-86059-414-1).

17. Kino-Tipp: „Roter Satin“ (Satin Rouge) im Filmtheater Hackesche Höfe

 

(BIM) Am kommenden Sonntag 25.03.2007, lädt AfricAvenir um 17.15 Uhr in der Filmreihe „african reflections“zur Filmvorführung von Raja Amaris mehrfach prämiier-tem Spielfilm Roter Satin (OmDtU) in das Filmtheater Hackesche Höfe in Berlin-Mitte ein. ‘african reflections’ ist eine monatlich dort stattfindende Filmreihe, in deren Rah-men Spiel- und Dokumentarfilme afrikanischer FilmemacherInnen präsentiert wer-den. Im Anschluss an die Vorführung findet eine Diskussion statt.

Im Film geht es um Lilia (Hiyam Abbas), die den Ruf einer anständigen Frau und vor-bildlichen Mutter hat. Seit dem Tod ihres Mannes kümmert sie sich alleine um Toch-ter Salma (Hend El Fahem). Diese, verliebt in den Musiker Chokri (Maher Kamoun), ist des Nachts oft lange unterwegs. Aus Sorge um ihre Tochter begibt sich Lilia eines Tages in das Nachtleben von Tunis. Sie gerät in den Club „Satin Rouge“, der sie ab-schreckt, aber gleichzeitig auch in seinen Bann zieht. Einerseits ist Lilia über die Zur-schaustellung der Frauen vor den Männern bestürzt, andererseits jedoch faszinieren sie der Bauchtanz, die Musik, der Zauber und die Verlockung, die von der Atmosphä-re im Nachtclub ausgehen. Für Lilia beginnt ein Doppelleben: aus der Suche nach der Tochter wird eine Suche nach dem eigenen ich…

Die Regisseurin, Raja Amari, wurde 1971 in Tunis geboren. Nach dem Studium der französischen Literatur in Tunis studiert sie an der Filmhochschule FEMIS in Paris. 1995 dreht sie ihren ersten Kurzfilm ‚Le Bouquet’ (Der Blumenstrauß), gefolgt von ‚Avril’ (April) im Jahre 1998. Neben ‚Satin Rouge’ (Roter Satin) hat Raja Amari einen weiteren Spielfilm ‚Un soir de juillet’ (2003) gedreht und ist darüber hinaus Autorin des Drehbuchs ‚Mon meilleur ami’.

18. TV-Tipps

 

>>> Fr, 23.03.2007, Phoenix, 14.00 Uhr: Die Deutschstunde

 

Am Beispiel von Romaine und Etienne aus Togo und Ilyas aus Pakistan zeigt der Film die Schwierigkeiten und Versuche von Migranten, in einem neuen Leben Fuß zu fassen.

 

"Es ist unglaublich schwer, Kontakt zu finden, niemand spricht mit mir. So hatte ich mir Deutschland nicht vorgestellt." Die 30jährige Romaine aus Togo lebt seit zwei Jahren in Duisburg-Hochfeld. Vom quirligen Leben Afrikas in die deutsche Realität des sozialen Wohnungsbaus. Es sind die kleinen Dinge, die der sympathischen jun-gen Frau zusetzen: "Im Bus setzt sich niemand neben mich, obwohl er so voll ist, dass viele stehen müssen." Sicher fühlt sie sich im Moment nur in ihrem Deutsch-kurs. Dort hat sie Freunde, ihre Mitschüler haben die gleichen Probleme, verstehen sie. Wäre da nicht ihr Mann Etienne, ihre Jugendliebe, sie wäre wohl schon längst wieder zurückgegangen. Der studierte Ökonom ist ein Beispiel gelungener Integra-tion. Sein Deutsch ist perfekt und er hat eine feste Arbeit. Er könnte sich ohne Pro-bleme einbürgern lassen, für den Togolesen aber keine leichte Entscheidung: "Ich habe Angst davor, dass alle nur meine Hautfarbe sehen, davor, dass ich Ausländer bleibe - egal, welchen Pass ich besitze."

 

"Ich musste immer kämpfen. Mir wurde nie etwas geschenkt. Herausforderungen sind nicht neu für mich." Ilyas Sadiq sitzt in einem Integrationskurs der Berliner Volkshochschule und kämpft mit deutscher Grammatik. Fünf Tage in der Woche, vier Stunden täglich. Am Ende steht die Deutschprüfung. Für den ausgebildeten Informa-tiker die letzte Hürde auf dem Weg ins Arbeitsleben.

 

>>> Sa, 24.03.2007, arte, 17.10 Uhr: Die Tür zum Leben

 

Kurzfilm Frankreich 2005

 

Während Mohammed zur Arbeit geht, sperrt er seine Frau Fatiha mit den beiden Kindern in der Wohnung ein. Aber Fatiha findet Mittel und Wege, die Tür zur Außen-welt zu öffnen...

 

Wie viele Nordafrikaner in den 70er Jahren hat auch Mohammed sein Land verlas-sen, um in Frankreich Arbeit und Verdienst zu finden. Mohammed hat nie mit seiner Familie zusammen gelebt und sich nie Gedanken gemacht, wie er sich verhalten soll. Er ist überzeugt, dass sich seine Frau nur um die Kinder und den Haushalt zu küm-mern hat, und sieht keine Notwendigkeit darin, dass seine Familie das Haus alleine verlässt - seine Frau kennt sowieso niemanden und könnte sich verlaufen. Aber Fati-ha hat andere Vorstellungen vom Leben. Sie will dazulernen, will die Welt entdecken, will autark sein und ihr eigenes Geld verdienen.

Die Regisseurin wählte als historischen Hintergrund für ihre Erzählung die 70er Jahr

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