Startseite · Artikel · HessenCam · Weg der Erinnerung · Adventskalender · WebLinks · MySpace · YouTube · Twitter · Heimatlos · Ramadankalender · Über uns...
Navigation
Startseite
Artikel
HessenCam
Weg der Erinnerung
Adventskalender
Downloads
Diskussionsforum
WebLinks
MySpace
YouTube
Twitter
Schulen in die Innenstadt
OnlineRadios
Heimatlos
FAQ
Suche
Ramadankalender
Kontakt
Über uns...
Benutzer Online
Gäste Online: 1
Keine Mitglieder Online

Registrierte Mitglieder: 616
Neustes Mitglied: bookytutboype
Forum Themen
Neuste Themen
adipex p without pre...
DJ-Workshop und Kurs...
Soziales Engagement ...
Neue Geschäfte
Das Jugendnetz Wetzlar
Heißeste Themen
Nix los.. [6]
Das Jugendnetz We... [4]
Neue Geschäfte [3]
Tanz-kultur pres:... [3]
Schule in die Inn... [2]
Infodienst Migration vom 19.04.2007

BIM 22/2007 - Berliner Infodienst Migration vom 19.04.2007

 

In dieser Ausgabe:

 

1. Integrationsbeauftragte fordern: Wir müssen Einbürgerungsland werden

2. Peter Müller (CDU) im Interview: "Wir brauchen mehr Zuwanderung"

3. "Koordinierungsrat für Muslime" fehlen engagierte Frauen - taz-Kommentar

4. Berlin: Rückkehr gefordert - abgeschobener Frau droht Zwangsheirat

5. Mord an Christen in der Türkei - eine Presseschau

6. Mord an Christen in der Türkei - Stellungnahme der Türkischen Gemeinde

7. Bernard Lewis: Wird der Islam den Westen erobern?

8. EU bietet ihren Mitgliedsstaaten Geld für Aufnahme von Irak-Flüchtlingen

9. Friedrich-Ebert-Stiftung: Handbuch der Menschenrechtsarbeit erschienen

10. Cafebabel - vielsprachiges online-Magazin

11. Das kleine BIM-Lexikon (Folge 6): Die katholische Kirche und die Gabel

12. Buch-Tipp: „Migration von Marokko in die EU“ von Andrea Riesch

13. Interkultureller Kalender aktuell: 21. April - Beginn Ridvanfest der Bahai

14. TV-Tipps

 


 

1. Integrationsbeauftragte fordern: Wir müssen Einbürgerungsland werden

 

Die Integrations-, Migrations- und Ausländerbeauftragten der Länder haben auf ihrer Frühjahrskonferenz am 17. und 18. April 2007 in Dresden die folgende Resolution beschlossen:

 

Die Integrations-, Migrations- und Ausländerbeauftragten der Länder unterstützen die vielfältigen Bestrebungen und Aktivitäten von Bund, Ländern und Kommunen für eine offene und die Bereicherung anerkennende Kultur der Integration.

 

Die Beauftragten ermuntern alle Beteiligten, den mit der Erarbeitung des Nationalen Integrationsplans und des bundesweiten Integrationsprogramme verbundenen Im-puls für verstärkte Integration auch im Rahmen des aktuellen Gesetzesänderungs-verfahrens zur Novellierung des Zuwanderungsgesetzes aufzunehmen und die ge-setzlichen Regelungen in diesem Sinne zu gestalten.

 

Die Integrations-, Migrations- und Ausländerbeauftragten der Länder begrüßen aus-drücklich die vermehrten Anstrengungen in den Ländern, für die Annahme der deut-schen Staatsangehörigkeit zu werben. Einbürgerungen unterstreichen die Zugehö-rigkeit zu unserer Gesellschaft, sie stellen einen wesentlichen Schritt zu erfolgreicher Integration dar. Einbürgerungsfeiern sind ein Gewinn für die Integrations- und Will-kommenskultur.

 

Daher unterstützen die Beauftragten die Werbung für mehr Einbürgerung und ermun-tern Zuwanderinnen und Zuwanderer die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen.

Deutschland ist ein Zuwanderungsland. Jetzt muss es auch ein Einbürgerungsland werden.

 

Vor diesem Hintergrund sehen die Beauftragten Entwicklungen im aktuellen Gesetz-gebungsverfahren zur Novellierung des Zuwanderungsgesetzes kritisch, die Einbür-gerungen und damit Integration erschweren oder behindern.

 

In der Kritik steht dabei insbesondere die Streichung der erleichterten Möglichkeit für Jugendliche und junge Erwachsene, die das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet ha-ben, trotz fehlender Sicherung ihres Lebensunterhaltes eingebürgert zu werden. Dies wäre ein widersprüchliches Signal. Jugendliche und Heranwachsende, insbesondere Schüler, Auszubildende und Studierende bedürfen einer Integrationsperspektive, die eine Einbürgerung bieten kann.

 

Die Beauftragten begrüßen, dass im jetzigen Gesetzentwurf das Nachzugsalter für Ehegatten nicht auf 21 Jahre “wie ursprünglich beabsichtigt“, sondern auf 18 Jahre festgelegt wurde.

 

Allerdings stellt die Mehrheit der Beauftragten fest, dass das Festhalten am Erfor-dernis der Sprachkenntnisse, die bereits vor der Einreise erworben sein müssen, Probleme aufwerfen wird. Diese Anforderung stellt für einen Teil der Zuwanderer eine nicht zu überwindende Hürde dar. Zudem sieht sich die Regelung verfassungs-rechtlichen Bedenken vor dem Hintergrund des hohen Stellenwertes von Ehe und Familie unter Geltung des Grundgesetzes ausgesetzt.

 

Die Frühjahrskonferenz begrüßt, dass im Rahmen des Nationalen Integrationsplans die Fragen der Integration in den Arbeitsmarkt einen sehr hohen Stellenwert bekom-men haben. Die Möglichkeit des gleichberechtigten Zugangs zum Arbeitsmarkt für Migrantinnen und Migranten ist ein elementares Kriterium für gelingende Integration, ebenso wie es Bildung und Ausbildung sind.

 

Die Vielfalt an Ressourcen und an unterschiedlichen Chancen, die Migrantinnen und Migranten für unser Land besitzen, können und sollen gerade auch am Arbeitsmarkt eine für alle Seiten fruchtbringende Nutzung erfahren.

 

Die Beauftragten befürworten nicht zuletzt vor diesem Hintergrund insbesondere das Vorhaben geduldeten Migranten den vorbehaltlosen Zugang zum Arbeitsmarkt nach vierjährigem Aufenthalt zu ermöglichen.

 

Den nach wie vor gegenüber der Gruppe der Migrantinnen und Migranten bestehen-den Nachteilen ist zu begegnen und vorzubeugen, sei es durch gezielte Investitionen in die Ausbildungs- und Beschäftigungsförderung von Migrantinnen und Migranten, oder sei es durch eine enge Verzahnung der Integrationskurse mit Maßnahmen be-ruflicher Qualifizierung.

 

Unabdingbar zur Entfaltung der vorhandenen Potentiale ist es aber auch, Berüh-rungsängste und Vorbehalte sowohl bei potentiellen Arbeitgebern als bei Vermittlern und Beratungsstellen, wie Jobcentern und Arbeitsagenturen, abzubauen. Durch in-terkulturelle Öffnung insbesondere der Bundesagentur für Arbeit und der Kommunen kann dazu ein wesentlicher Beitrag geleistet werden. Die Arbeitsagenturen und die Job Center müssen mehr Anstrengungen unternehmen, die besondere Situation der Migrantinnen und Migranten in der Beratungs- und Vermittlungstätigkeit besser zu berücksichtigen.

 

Die Beauftragten sehen das zunehmende Engagement der Unternehmen und der Wissenschaften für Ausbildung und Qualifizierung von Migrantinnen und Migranten und fordern dieses weiter auszubauen.

 

Auch bei der Zuwanderung von selbständig Erwerbstätigen ist es richtig, die Anforde-rungen herabzusetzen. So wird die erforderliche Investitionssumme von 1 Million Eu-ro auf 500 000 Euro und die Zahl der Arbeitsplätze, die geschaffen werden müssen, von 10 auf 5 abgesenkt.

 

Der Rückgang der Zuwanderung, die Abwanderung von Hochqualifizierten und die demographische Entwicklung legen es nahe, die Einwanderung zu fördern und des-halb insbesondere die Anforderungen an die Zuwanderung von Hochqualifizierten und Fachkräften abzusenken.

 

2. Peter Müller (CDU) im Interview: "Wir brauchen mehr Zuwanderung"

Frankfurter Rundschau: Herr Ministerpräsident, Wirtschaftsminister Michael Glos hat dafür votiert, die Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus den neuen EU-Staaten früher als bislang geplant zu ermöglichen. Bei der Modernisierung des Zuwanderungsrechts hatte seine Partei, die CSU, eher gebremst. Wundert Sie die neue Initiative?

Peter Müller: Nein. Denn sie ist berechtigt. Wir müssen im weltweiten Wettbewerb um die besten Köpfe konkurrenzfähig sein. Wir haben über die High Tech-Branchen hinaus auch in anderen Bereichen des Arbeitsmarktes ein Zuwanderungsinteresse. Es handelt sich um Zuwanderung in unserem nationalen Interesse.

? Gerade hat sich die Koalition in Berlin auf einen neuen Zuwanderungskompromiss geeinigt. Warum eine neue Debatte?

! Das ist eine undifferenzierte Betrachtung. Wir haben uns verständigt über die Dul-dung von Flüchtlingen, ihre Bleiberechte und den Nachzug ihrer Familien. Die Zu-wanderung qualifizierter Arbeitskräfte hat damit nichts zu tun.

? Niedersachsens Innenminister Schünemann verbindet das aber. Er will den Kom-promiss zum Bleiberecht überdenken, wenn die SPD nicht auf Glos' Ideen eingeht.

! Der gefundene Kompromiss zwischen den Koalitionsparteien und zwischen Bund und Ländern wird im Gesetzgebungsverfahren die nötigen Mehrheiten erhalten - im Bundestag wie im Bundesrat. Er wird nicht aufgeschnürt.

? Wo ist denn eine Zuwanderung nötig?

! Wir brauchen sie beispielsweise im wissenschaftlichen Bereich und bei unterneh-merischer Selbstständigkeit. Hinzu kommt: Um unseren Bedarf in der Zukunft zu decken, werden zu wenige Ingenieure in Deutschland ausgebildet. Es gibt auch eini-ge Facharbeiterbereiche mit zusätzlichem Bedarf, der mit einheimischen Kräften nicht gedeckt werden kann.

? Deshalb hat ein Bundeskanzler namens Gerhard Schröder damals eine Diskussion über eine deutsche "Greencard" zur erleichterten Einwanderung begonnen, von der Ihre Partei nicht nur begeistert war.

! Grundsätzlich war diese Idee nicht falsch. Kritisiert haben wir die Verknüpfung mit anderen Fragen, die mit der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt nichts zu tun hatten.

? Glos und der Wirtschaft geht es aktuell ja nicht nur darum, Menschen nach Deutschland zu holen, sondern ausländische Absolventen unserer Hochschulen hier zu halten. Ist das von den großen Parteien gemeinsam verabschiedete Zuwande-rungsrecht so schnell veraltet?

! Wir haben mit der Reform den Verbleib in Deutschland erleichtert. Aber es gibt immer noch erhebliche Hürden. Es ist sinnvoll, die zu hohen Grenzen zu senken und zu vereinfachen.

? Ist die Senkung der Einkommensgrenze von mehr als 80 000 Euro Jahresverdienst sinnvoll?

! Ja.

? Die Einkommenshürden sind auf Drängen der Union so hoch gesetzt worden.

! Das ist wahr. Wir hatten damals allerdings auch eine andere Verfasstheit des Ar-beitsmarktes. Er war weniger flexibel und es gab mehr Arbeitslose. Gerade vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der zurückgehenden Arbeitslosigkeit sollten wir die Hürden senken.

? Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Wirtschaftsexperte Laurenz Meyer schlägt eine Quote vor: Danach muss, wer ausländische Experten einstellen will, zusätzlich deutsche Arbeitslose nehmen.

! Das sehe ich skeptisch und halte es nicht für pragmatisch. Erstens dürfte eine sol-che Regelung ein hohes Maß an bürokratischem Aufwand verursachen. Zweitens gibt es Bereiche, in denen der deutsche Arbeitsmarkt keine Arbeitskräfte hat - bis hin zu einfachen Tätigkeiten, wie beispielsweise die alljährliche Debatte über die Helfer bei der Spargelernte zeigt.

? Lässt sich der Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften beziffern?

! Ich glaube kaum. Der Bedarf orientiert sich an der konjunkturellen und wirtschaftli-chen Entwicklung. Deshalb ist es besser, auf Quoten zu verzichten und sich an Qua-lifikationen zu orientieren.

? Was muss geschehen?

! Ich gehe davon aus, dass die zuständigen Ressorts einen Vorschlag erarbeiten und der Koalitionsrunde vorlegen. Daraus ergibt sich ein Vorschlag fürs parlamentarische Verfahren.

? Vor der Sommerpause?

! Das parlamentarische Verfahren kann sicher noch vor der Sommerpause beginnen.

aus: Frankfurter Rundschau vom 17.04.2007 (Interview: Thomas Kröter)

Link: www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?sid=fae46e468bb986dda7-c9ec1a122ce0da&em_cnt=1115604

 

3. "Koordinierungsrat für Muslime" fehlen engagierte Frauen - taz-Kommentar

 

Eigentlich wäre es eine prima Gelegenheit, die Sache insgesamt mal neu zu regeln: das Verhältnis von Staat und Kirche, pardon: Religionsgemeinschaften. Man könnte Deutschland einen neuerlichen Säkularisierungsschub verpassen, nach dem keine Steuergelder mehr vom Staat für Kirchen eingezogen würden und nach dem die Kin-der in den Schulen über sämtliche Religionen so breit und unparteiisch unterrichtet würden wie über Kant und Hegel oder die Ozeane.

 

Aber die Überlegung ist ja illusorisch. Nie würden die Kirchen ihre einflussreichen Plätze räumen, die muslimischen Wortführer haben vermutlich auch schon die Mor-genluft der Macht gewittert; und so bekommen wir diesen "Koordinierungsrat der Muslime", sehr zur Freude der Politik. Deren legitimes Interesse an einem verbind-lichen Ansprechpartner ist verständlich; und doch, uns weniger orthodoxe Muslime setzt gerade dieser Aspekt unter Zugzwang.

 

Die Schwierigkeiten sind bekannt: Wie können wir dafür sorgen, dass auch wir "an-gesprochen" werden? Sollen wir, deren Glauben sich nicht auf ein Dutzend Dogmen und hundert Regeln und Rituale zusammenfassen lässt, versuchen, uns ein Plätz-chen innerhalb dieses Koordinierungsrates zu erkämpfen - oder direkt, innerhalb ei-nes eigenen Unkoordiniertheitsrates, um die Gunst der Politik buhlen?

 

Besonders für uns muslimische Frauen bietet der Koordinierungsrat keinen ermuti-genden Anblick. Denn es sind nämlich fast immer nur Männer zu sehen. Vieles da-von nette, kluge, vernünftige Männern - und trotzdem. Nicht etwa, weil der Islam eine besonders patriarchale Religion sei, sondern ganz generell will ich überhaupt bei kei-ner Gruppe als Mitglied gezählt werden, deren Sprecher überwiegend Männer sind.

Wir haben Frauen in die Astas reinverpflichtet und weibliche Vorsitzende in Ortsver-eine gewählt; in Büros und Redaktionen und wo immer wir arbeiten, bemühen wir uns, den Frauenanteil zu erhöhen. Nicht wegen irgendwelcher Quoten, sondern ein-fach, weil es auf Dauer nicht befriedigt, immer nur mit Männern Austausch zu haben und Männern zuzuhören - zumal sie selbst bei geringerer Gedankendichte oft so verdammt lang reden. Und jetzt soll das Ganze also in religiösen Angelegenheiten von vorne losgehen: wieder versuchen, irgendwelche Bekannte zu motivieren, sich durch Bürokratie und die Hierarchie der Aufmerksamkeitshascherei zu kämpfen? Na toll.

 

Natürlich sind einige muslimische Frauen oder "Islamkritikerinnen", wie dieses neue Berufsbild gern genannt wird, in der deutschen Öffentlichkeit überproportional prä-sent. Es handelt sich um Frauen mit muslimischem Familienhintergrund. Doch der Islam ist eine Glaubens-, keine Abstammungsgemeinschaft. Wenn es um die Stimme der deutschen Muslime geht, kann es nicht angehen, dass etwa eine explizit nicht-gläubige Necla Kelek, ohne von mir gewählt zu sein, für mich spricht. Wer selbst nicht (mehr) glaubt, darf gern über Muslime, oder für Ex-Muslime - nicht aber für Muslime sprechen, so wenig wie der als Baby getaufte Atheist für die Christenheit.

 

Doch wie Timothy Garton Ash es kürzlich ganz wunderbar formuliert hat, scheint man allgemein zu finden: "Nur ein Ex-Muslim ist ein guter Muslim." Für die weiblichen Muslime gilt das ganz besonders. Die weiblichen Ex-Muslime sind die allerbesten Muslime überhaupt. Jene eine im Speziellen hat jetzt die Gunst der Stunde genutzt, ein altes Thema erneut aufs Tapet zu bringen: die Teilnahme von Mädchen am Schwimmunterricht. Überhaupt ist das Schwimmen türkischstämmiger Mädchen des integrationsskeptischen Deutschen größte Sorge.

 

Nun ist die Fähigkeit zu schwimmen zweifellos eine große zivilisatorische Errungen-schaft, und mein eigener Vater hat mich liebevoll ins Wasser des Marmarameers geschubst, kaum dass ich mich an Land fortbewegen konnte. Aber es ist doch nicht zu vergessen, dass in diesem Land Schulpflicht besteht, die das ansonsten recht frei-zügige Recht der Eltern auf Verkorksung ihrer Kinder zumindest etwas eindämmt.

Wenn unsere Pädagogen und Schulbehörden das Schwimmen-Können also für unerlässlich halten, sollen sie's so in den Lehrplan aufnehmen, dass die Eltern fürs Fernbleiben oder Fernhalten ihrer Kinder genauso bestraft werden können wie im Fall des Mathematikunterrichts. Der Schulpflicht entspricht nämlich seitens der Kin-der ein Recht, für unerlässlich gehaltene Dinge beigebracht zu bekommen, und zwar egal, ob die Eltern beim Lernen mithelfen können oder wollen oder ob nicht.

 

Man kann einer Religionsgemeinschaft bei ihrer Gründung aber nicht abverlangen, dass sie sich so und so zum Brustschwimmen verhält, selbst wenn übrigens gesetz-lich geregelt wäre, dass es notwendig zum Bildungsauftrag der Schulen gehört. Ab-weichende Meinungen zu einzelnen Gesetzesinhalten sind in einer liberalen Gesell-schaft erlaubt, solange das Bekenntnis zum Grundgesetz vorliegt. Man darf zum Bei-spiel einen Verein gründen, der für die Abschaffung der Schulpflicht insgesamt ist oder für eine andere Straßenverkehrsordnung oder was auch immer.

 

Und wir sind doch noch eine liberale Gesellschaft, oder? Ein Kopftuchverbot lässt na-türlich anderes befürchten. Überhaupt lautet das zweite Lieblingsproblem der Anti-multikulturalisten, ob man das Tragen von Burkas in der Schule oder im Beruf per Gesetz verbieten solle. Was für ein Unfug! Darf man denn im Bikini zur Arbeit er-scheinen, im Cowboykostüm oder als Indianer? In Kleidungsfragen hat der Arbeitge-ber innerhalb bestimmter, durch den gesunden Menschenverstand gut nachvollzieh-barer Grenzen das Recht, mitzusprechen, so hat es unser wunderbares deutsches Justizsystem längst geregelt. Womit ich sagen will: Für all solche Fragen braucht man keine Extra-Integrationsproblematik-Gesetze. Die entsprechenden "Debatten" markieren nur noch einmal marktschreierisch, dass durch die Einwanderung unge-ahnte Probleme (zum Beispiel: störrische Eltern oder Differenzen in der Kleidungs-frage) in dieses Land eingedrungen seien, die eine Gewissenskontrolle vermeintlich unumgänglich machen.

 

Unbeachtet von dieser Aufregung werden die strittigen Fragen rund um die Nicht-Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen von engagierten Praktikerinnen be-arbeitet - teils deutschen, teils solchen mit Migrationshintergrund. Dort sind übrigens auch die muslimischen, gläubigen Frauen zu finden, die vielleicht daher keine Zeit hatten, sich für den Fototermin des Koordinierungsrates aufzustellen: in der Praxis.

In Vereinen, Beratungsstellen und Initiativen arbeiten sie als Therapeutinnen, Rechtsanwältinnen und Sozialarbeiterinnen; sie bündeln Kompetenzen und Erfah-rungen, dass einem die Ohren schlackern, wenn man mal als Zaungast zu einer ihrer Fachtagungen eingeladen ist. Und wir müssen schleunigst nach einem Weg suchen, dass auch sie als Partnerinnen von Politik und Öffentlichkeit verbindlich "angespro-chen" werden.

 

aus: taz vom 18.04.2007, Kommentar von HILAL SEZGIN

Link: www.taz.de/dx/2007/04/18/a0159.1/text

 

4. Berlin: Rückkehr gefordert - abgeschobener Frau droht Zwangsheirat

 

Nun hat ihr Fall die Politik erreicht. Die Linksfraktion und die Grünen im Abgeordne-tenhaus setzen sich dafür ein, dass Nasima El-Zein nach Berlin zurückkehren darf. Die Berliner Zeitung hatte mehrfach über das Schicksal der 23-Jährigen berichtet. Sie war im März nach Iskenderun in die Südtürkei zu ihrem Vater abgeschoben wor-den, der sie zwangsverheiraten will.

 

Die Grünen wollen Innensenator Ehrhart Körting (SPD) mit einem parlamentarischen Antrag auffordern, der jungen Frau, die in Beirut als Tochter kurdisch-arabischer El-tern geboren wurde und in Berlin aufgewachsen ist, die Rückkehr zu ermöglichen. Körting hatte ihre Abschiebung angeordnet, obwohl die Härtefallkommission einstim-mig dagegen votiert hatte. "Inzwischen hat auch das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Ausweisung rechtswidrig war", sagt der Fraktionsvorsitzende Volker Ratz-mann.

 

Die Ausweisung wurde mit falschen Angaben des Vaters über die Herkunft der Fami-lie im Asylantrag von 1993 begründet. Danach waren sie Flüchtlinge aus dem Liba-non und wurden als Staatenlose geduldet. 2004 fanden Ermittler heraus, dass der Großvater die Familie in einem Register der Türkei als türkische Staatsbürger hatte eintragen lassen, obwohl sie Jahrzehnte zuvor in den Libanon gegangen waren.

Körtings harte Haltung hat möglicherweise damit zu tun, dass einige bekannte libane-sische Kriminelle in Berlin den Familiennamen El-Zein tragen. Doch der Name ist im Libanon so üblich wie hierzulande Müller. Nasimas Familie ist laut ihrem Anwalt Jan Bornkessel völlig unbescholten - abgesehen von den falschen Angaben zur Herkunft.

 

Das Verwaltungsgericht war nach Nasima El-Zeins Abschiebung zu dem Schluss ge-kommen, man könne von den acht Kindern nicht erwarten, dass sie das Fehlverhal-ten ihrer Eltern bei den Behörden denunzieren. "Daher hob die Ausländerbehörde die Ausweisung von Nasimas Bruder Ibrahim auf und wollte das Gleiche für Nasima tun", sagt Bornkessel. Ibrahim kann nun in Berlin bleiben, bis er seinen Realschulab-schluss hat. Er könnte nach dem Ausländerrecht aber trotzdem abgeschoben wer-den, da er wegen eines früheren Bescheides weiter ausreisepflichtig ist.

 

Da dies auch für Nasima El-Zein gilt, sei ihre Abschiebung korrekt gewesen, erklären Vertreter der Innenbehörde. Das bezweifelt Evrim Baba vom Fraktionsvorstand der Linkspartei und sagt: "Sie hätte unter die neue Bleiberechtsregelung für geduldete Flüchtlinge fallen müssen." Laut der Gesetzesnovelle sollen Migranten, die länger als sechs Jahre in Deutschland leben, eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, um Arbeit zu finden. Diese Chance gab es für Nasima nicht. Die junge Frau hat 14 Jahre in Berlin gelebt, spricht gut Deutsch und hat bis zu ihrer Abschiebung in Neukölln Migranten-kindern ehrenamtlich Nachhilfe erteilt. "Für Nasima El-Zein wird dringend eine huma-nitäre Lösung benötigt", sagt Baba. Innensenator Körting hat sich wegen der drohen-den Zwangsheirat an den türkischen Generalkonsul mit der Bitte um Aufklärung ge-wandt.

 

aus: Berliner Zeitung vom 18.04.2007 (von Thorkit Treichel und Frank Nordhausen)

Link: www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/berlin/646102.html

 

5. Mord an Christen in der Türkei - eine Presseschau

 

Die FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG schreibt zu den Morden an drei Christen in der Türkei: "Auf den ersten Blick könnte es naheliegen, hinter der Ermor-dung dreier Mitarbeiter eines christlichen Verlages in der türkischen Stadt Malatya islamistische Eiferer zu vermuten; doch sicher ist das keineswegs. Der kleine Zirve-Verlag war schon mehrfach von extremen türkischen Nationalisten bedroht worden. Diese erstarkenden Gruppierungen glauben allen Ernstes, dass die marginale, durch die Behörden ohnehin drastisch eingeschränkte Tätigkeit einiger Christen der zu 99 Prozent islamischen Türkei gefährlich werden könne", erläutert die F A Z.

Aus Sicht der
MITTELDEUTSCHEN ZEITUNG sollten die Morde der EU zu denken geben: "Eben noch hatte der türkische Ministerpräsident Erdogan die Hannover-Mes-se zum Anlass genommen, abermals den Anspruch seines Landes auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union zu bekräftigen - nun lassen die Morde, mutmaßlich von religiösen Fanatikern verübt, das Bild einer modernen, aufgeklärten Türkei trügerisch erscheinen. Wo das Mindeste an Respekt und Toleranz gegenüber Andersdenken-den und Andersgläubigen im eigenen Land offenbar nicht gilt, stellt sich für Europa die Frage nach der Qualität einer Partnerschaft mit der Türkei noch einmal ganz neu", urteilt die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle.

Die türkische Zeitung
HÜRRIYET bemerkt: "Niemand kann die Hände in Unschuld waschen. Die Morde sind ein Nebenprodukt unserer kollektiven Stumpfsinnigkeit. Deswegen ein Aufruf an alle verantwortungsvollen Menschen dieses Landes: In Deutschland haben Türken über 3.000 Moscheen eröffnet, wir sind nicht einmal in der Lage, ein paar Kirchen zu dulden und die wenigen Missionare zu ertragen. Wo bleiben Menschlichkeit, die Gedankenfreiheit und unsere schöne Religion?", fragt HÜRRIYET aus Istanbul.

 

Die ebenfalls in Istanbul erscheinende Zeitung SABAH weist auf ähnliche Fälle hin:
"Zuerst ein Pastor in der Schwarzmeerstadt Trabzon, danach der armenische Jour-nalist Hrant Dink - und nun wurden drei Mitarbeiter eines Bibelverlags auf brutalste Weise ermordet. Es ist an der Zeit, dass Politiker und Interessengruppen sich fragen, welchen Anteil sie bei der Entstehung dieses Hasses hatten. Es ist schwer zu ver-stehen, warum in diesem Land, in dem Jahrhunderte lang Menschen verschiedener Konfessionen zusammen gelebt haben, heute aus Intoleranz Morde begangen wer-den", schließt
SABAH aus der Türkei.

Die italienische Zeitung
LA STAMPA spricht von der "dunklen Seele der Türkei". Die-se sei "... anti-europäisch sowie gegen religiöse und ethnische Minderheiten gerich-tet. So, als sei das Land in zwei völlig unterschiedliche Ausrichtungen zerrissen. Die-ses Gesicht der Türkei zeigt sich in der Stadt Malatya, der Geburtsstadt von Ali Agca, dem Aktivisten der 'Grauen Wölfe', der 1981 auf Papst Johannes Paul II. schoss. Ma-latya ist eine Grenzstadt nahe der Region, in der die Kurden in der Mehrheit sind. Zu-gleich leben in Malatya kleine armenische und griechische Minderheiten. Die Stadt ist aber auch eine Hochburg der türkischen Nationalisten und der immer stärker werden-den islamistischen Gruppen", erklärt LA STAMPA aus Turin.

 

aus: Deutschlandradio Presseschau vom 19.04.2007

 

6. Mord an Christen in der Türkei - Stellungnahme der Türkischen Gemeinde

 

Mit scharfen Worten hat der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, den brutalen Mordanschlag auf drei Menschen, darunter einen Deutschen, verurteilt und sprach sein Beileid für die Hinterbliebenen der Er-mordeten aus.

 

Kenan Kolat: „Die Brutalität des Anschlags zeigt das Ausmaß der gesellschaftlichen Problematik in der Türkei im Zusammenhang mit Andersgläubigen und Andersden-kenden. Es reicht nicht aus, Beileidserklärungen abzugeben. Es darf nicht zur Tages-ordnung übergegangen werden, als ob nichts geschehen sei. Es ist höchste Zeit, die gesellschaftliche Verantwortung für diese Taten zu übernehmen und offen über die Entwicklungen in der Türkei zu sprechen. In diesem Zusammenhang macht es mir Mut, dass es in der Türkei demokratische Kräfte gibt, die diese Entwicklungen kritisch begleiten und sich engagieren, um einen konstruktiven gesamtgesellschaftlichen Dis-kussionsprozess einzuleiten.“

 

Ferner betonte Kenan Kolat: „Die politischen Konsequenzen dieses Ereignisses müs-sen sichtbar gemacht werden.“ „Alle Politiker und Politikerinnen in der Türkei müssen ihre Äußerungen über Minderheiten und Andersdenkende kritisch reflektieren. Die Gesetzgebung in der Türkei muss überprüft und jegliche Art von Diskriminierungen aufgrund ethnischer, religiöser und kultureller Zugehörigkeit sowie der sexuellen Orientierung und des Geschlechts müssen strikt unterbunden werden. Die vorzeitige Umsetzung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie wäre ein guter Schritt in diesem Sin-ne“, so Kolat weiter.

 

7. Bernard Lewis: Wird der Islam den Westen erobern?

 

In den Augen einer fanatischen und entschlossenen Minderheit von Muslimen hat die dritte Angriffswelle auf die Christenheit und Europa begonnen. Die erste Welle ist auf den Anfang des Islam zu datieren, als der neue Glaube von der Arabischen Halbin-sel, wo er geboren wurde, auf den Nahen Osten und darüber hinaus überschwappte. Damals eroberten die Muslime Syrien, Palästina, Ägypten und Nordafrika - die da-mals alle noch zur christlichen Welt gehörten – und überschritten die Grenze nach Europa. Dort eroberten sie einen beachtlichen Teil Südeuropas, Spanien, Portugal und Süditalien inbegriffen, die alle Teil der islamischen Welt wurden, und sie über-querten sogar die Pyrenäen und besetzten eine Zeit lang Teile von Frankreich.

 

Die zweite Angriffswelle wurde nicht von Arabern und Mauren durchgeführt, sondern von Türken und Tataren. In der Mitte des 13.Jahrhunderts wurden die mongolischen Eroberer Russlands zum Islam konvertiert. Die Türken, die schon Anatolien erobert hatten, rückten nach Europa vor, und 1453 besiegten sie die alte christliche Zitadelle Konstantinopel. Sie eroberten einen Großteil des Balkans und regierten eine Weile halb Ungarn. Zweimal marschierten sie sogar bis nach Wien, das sie 1529 und dann wieder 1683 belagerten. Muslimische Korsaren aus Nordafrika erreichten Island – die äußerste Grenze - und verschiedene Orte in Westeuropa; das schloss einen bemer-kenswerten Überfall auf Baltimore ein (das ursprüngliche, das in Irland liegt).

 

Die dritte Angriffswelle nimmt eine andere Form an: Terror und Einwanderung. Das Thema „Terror“ ist oft und in vielen Details erläutert worden, ich möchte mich hier dem anderen Aspekt zuwenden, der für Europa heute größere Relevanz besitzt: der Einwanderung. Früher war es undenkbar, dass ein Muslim freiwillig in ein nicht musli-misches Land geht. Muslimische Juristen haben in den Lehr- und Vorschriftsbüchern der Scharia ausführlich darüber debattiert, ob es für einen Muslim gestattet sei, in einem nicht muslimischen Land zu leben oder es auch nur zu besuchen. Dies wurde unter verschiedenen Aspekten beleuchtet. Ein Verschleppter oder Kriegsgefangener hat offenkundig keine Wahl – aber er muss seinen Glauben bewahren und so bald wie möglich heimkehren. Der zweite Fall ist der eines Ungläubigen im Lande der Un-gläubigen, der das Licht sieht und den wahren Glauben annimmt - der, anders ge-sagt, Muslim wird. Auch er muss das Land der Ungläubigen möglichst schnell verlas-sen und in ein muslimisches Land gehen. Der dritte Fall ist der eines Besuchers.

 

Lange Zeit galt als einzig legitimer Grund für den Besuch eines nicht muslimischen Landes die Auslösung von Gefangenen. Später wurde dies um diplomatische Missio-nen und Geschäftsbesuche erweitert.

 

Wir haben es nicht nur mit einer anderen Religion zu tun, sondern auch mit einer an-deren Vorstellung dessen, womit sich die Religion beschäftigt; gemeint ist damit spe-ziell die Scharia, das heilige Gesetz des Islam. Die Scharia befasste sich mit einem weiten Feld von Angelegenheiten, die in der christlichen Welt sogar im Mittelalter als säkular galten, und das gilt heute umso mehr in der sogenannten postchristlichen Epoche der westlichen Welt. Offenkundig gibt es heute viele Attraktionen, die Musli-me nach Europa ziehen: unter anderem Arbeit und auch die Angebote des Wohl-fahrtsstaates, besonders wenn man die wachsende ökonomische Verarmung in der muslimischen Welt bedenkt. In Europa haben die Muslime auch die Freiheit der Mei-nungsäußerung und der Bildung, die ihnen zu Hause fehlt. Nebenbei: Dies ist ein großer Anreiz für Terroristen, die emigrieren. Terroristen haben in Europa - und bis zu einem gewissen Grad in Amerika – eine viel größere Freiheit, Anschläge zu pla-nen und auszuführen als in den meisten islamischen Ländern.

 

Inwiefern ist es für muslimische Einwanderer, die sich in Europa, Nordamerika und anderswo niedergelassen haben, möglich, Teil dieser Länder zu werden, wie so viele Einwandererwellen vor ihnen? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns den fundamentalen Unterschieden zuwenden, was genau mit Assimilation und Anerken-nung gemeint ist. Hier besteht eine deutliche und offensichtliche Differenz zwischen Europa und Amerika. Damit ein Einwanderer Amerikaner wird, muss er nur seine po-litische Loyalität ändern. Damit er Franzose oder Deutscher wird, muss er seine eth-nische Loyalität ändern. Ersteres ist viel einfacher und praktischer, als wenn man seine ethnische Loyalität wandeln muss: sowohl, was die eigenen Gefühle als auch, was das Maß der Akzeptanz durch die anderen betrifft. (England praktizierte eine Sowohl-als-auch-Lösung. Durch die Naturalisierung wurde man Brite, aber kein Eng-länder.)

 

Wie reagieren die Europäer auf diese Situation? In Europa wie in den Vereinigten Staaten ist eine häufige Antwort Multikulturalismus und Political Correctness gewe-sen. In der islamischen Welt erlegt man sich keine solchen Zurückhaltungen auf. Man ist dort sehr identitätsbewusst. Muslime wissen, wer und was sie sind und was sie wollen - eine Eigenschaft, die wir großteils verloren zu haben scheinen. Den ra-dikalen Muslimen ist es gelungen, in Europa Verbündete zu finden. Nach links üben sie eine Anziehungskraft auf die antiamerikanischen Segmente in Europa aus, für die sie sozusagen die Sowjetunion ersetzt haben. Nach rechts üben sie eine Anzie-hungskraft auf die antijüdischen Segmente in Europa aus, für die sie die Achsen-mächte ersetzen. Es ist ihnen gelungen, unter beiden Flaggen beachtliche Unter-stützung zu gewinnen. Für einige Leute in Europa ist der Hass offenbar stärker als ihre Loyalität.

 

Eine interessante Ausnahme macht Deutschland, wo die meisten Muslime Türken sind. Hier neigten sie häufig dazu, sich mit den Juden gleichzusetzen, sich also selbst als Nachfolger der Juden zu sehen, die heute Opfer des deutschen Rassismus und der Verfolgung würden. Ich erinnere mich an ein Treffen in Berlin, bei dem über die neuen muslimischen Minderheiten in Europa debattiert werden sollte. Abends lud mich eine Gruppe von Türken ein, zuzuhören, was sie darüber zu sagen hatte; es war sehr interessant. Der Satz eines dieser Türken, der mir am lebendigsten im Ge-dächtnis geblieben ist, lautete: „Die Deutschen waren unfähig, in tausend Jahren 400.000 Juden zu akzeptieren. Wie groß ist die Hoffnung, dass sie zwei Millionen Türken akzeptieren werden?“ Einige Türken in Deutschland machen davon sehr ge-schickt Gebrauch, um mit deutschen Schuldgefühlen herumzuspielen, damit effektive Maßnahmen zum Schutz der deutschen Identität verhindert werden – die, wie andere in Europa, mehr und mehr gefährdet wird.

 

Einige Worte zur Toleranz: Als die Muslime nach Europa kamen, hatten sie eine ge-wisse Erwartung von Toleranz. Sie dachten, sie hätten ein Recht auf wenigstens denselben Grad an Toleranz, den sie den Nichtmuslimen in den großen islamischen Imperien der Vergangenheit gewährt hatten. Als sie nach Europa kamen, erhielten sie sowohl mehr als auch weniger, als sie erwartet hatten. Sie bekamen in dem Sin-ne mehr, dass ihnen theoretisch und häufig in der Praxis dieselben politischen Rech-te zugestanden wurden, gleicher Zugang zu allen Berufen, alle Segnungen des Wohlfahrtsstaates, Freiheit der Meinungsäußerung und so weiter. Aber sie bekamen auch deutlich weniger, als sie selbst in den traditionellen islamischen Ländern ge-währt hatten. Im Osmanischen Reich etwa hatten die Nichtmuslime abgesonderte Organisationen und kümmerten sich um ihre eigenen Angelegenheiten. Sie trieben ihre eigenen Steuern ein und setzten ihre eigenen Gesetze durch. Es gab verschie-dene christliche Gemeinschaften, von denen jede unter ihrer eigenen Führung lebte und vom Staat anerkannt war. Diese Gemeinschaften unterhielten ihre eigenen Schulen und Bildungssysteme und kümmerten sich um Eheschließungen, Schei-dungen, Erbschaftsangelegenheiten nach ihren eigenen Traditionen. Das Gleiche galt für die Juden.

 

Das bedeutete, dass drei Männer in derselben Straße sterben konnten, und ihre Hin-terlassenschaft wurde nach drei verschiedenen Rechtssystemen aufgeteilt, wenn ei-ner zufällig Jude, einer Christ und einer Muslim war. Ein Jude konnte von einem rab-binischen Gericht verurteilt werden, wenn er den Sabbat verletzt oder am Jom Kippur gegessen hatte. Ein Christ konnte verhaftet und ins Gefängnis gesteckt werden, wenn er eine zweite Frau geheiratet hatte. Bigamie ist ein christliches Vergehen; sie ist kein muslimisches oder osmanisches Vergehen. Diesen Grad von Unabhängigkeit in ihrem gesellschaftlichen Leben und ihrer Rechtsprechung haben muslimische Ein-wanderer im modernen Staat nicht. Es ist ziemlich unrealistisch von ihnen, dies zu erwarten, wenn man die Natur des modernen Staates bedenkt, aber so sehen sie das nicht. Ein muslimischer Freund von mir in Europa formulierte es so: „Wir haben euch erlaubt, die Monogamie zu praktizieren, warum erlaubt ihr uns nicht, die Poly-gamie zu praktizieren?“

 

>>> weiter unter: www.welt.de/politik/article815914/Die_dritte_Angriffswelle_auf_Europa_rollt_.html  

 

Der Autor, der 90jährige Bernard Lewis ist britischer Historiker und Islamwissen-schaftler. Bis 1986 lehrte er an der Princeton University in den USA.

 

aus: DIE WELT vom 18.04.2007 (aus dem Englischen von Hannes Stein)

 

8. EU bietet ihren Mitgliedsstaaten Geld für Aufnahme von Irak-Flüchtlingen

 

Die Europäische Kommission will den 27 EU-Staaten bei der Aufnahme von Flücht-lingen aus dem Irak helfen. Geld stehe auch für die Unterbringung Schutzsuchender in der EU bereit, sagte ein Sprecher von EU-Justizkommissar Franco Frattini am Mitt-woch in Brüssel. Auf diese Weise können Frauen, Kindern und anderen besonders gefährdeten Gruppen geholfen werden, die aus dem Irak nach Syrien, in den Iran oder in die Türkei geflüchtet seien. Die Kommission biete die Unterstützung an: "Die Mitgliedstaaten müssen darüber entscheiden ", sagte Frattinis Sprecher Friso Ros-cam Abbing.

 

Die europäischen Innenminister beraten an diesem Freitag in Luxemburg über das Problem irakischer Flüchtlinge. Nach Diplomatenangaben haben die 27 EU-Staaten zusammen im vergangenen Jahr etwa 20 000 irakische Asylbewerber aufgenommen. Davon kamen rund 9000 nach Schweden. Deutschland hat demnach 2100 Men-schen aus dem Irak aufgenommen. Fachleute rechnen angesichts der unsicheren Lage in dem Land mit weiter steigenden Zahlen. "Da entwickeln sich zum Teil drama-tische Dinge", sagte ein Diplomat . Bisher ist der Ansturm nach Angaben der Kommi-ssion aber nicht so groß, dass eine Richtlinie zur Verteilung der Lasten zwischen den EU-Staaten greifen würde.

 

aus: Luxemburger Wort vom 18.04.2007, Link: www.wort.lu/index.php  

 

9. Friedrich-Ebert-Stiftung: Handbuch der Menschenrechtsarbeit erschienen

(BIM) Der Link www.fes.de/handbuchmenschenrechte öffnet den Zugang zum völlig überarbeiteten und ergänzten Handbuch der Menschenrechtsarbeit. Das Abspei-chern und Ausdrucken der Informationen wird erleichtert, weil nun auch die pdf-Da-teien des gesamten Handbuches oder der einzelnen Kapitel zur Verfügung stehen.

Weitere Fragen beantwortet Daniela.Hinze@fes.de, Vertreterin des Querschnittsthe-mas Menschenrechte im Referat Entwicklungspolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung.

 

10. Cafebabel - vielsprachiges online-Magazin

"Es ist vielleicht nicht das einzige seiner Art, aber viele der Art gibt es noch nicht: das online-Magazin Cafebabel.com. Das Besondere ist, dass es in voller Länge in sieben Sprachen gleichzeitig zu lesen ist", schreibt Olivier Zilbertin in der gestrigen Ausgabe von LE MONDE. Cafebabel gibt es seit sechs Jahren, es unterhält ein Netzwerk kos-tenlos arbeitender Korrespondenten in ganz Europa. "Bei Cafebabel spricht man französisch, englisch, deutsch, spanisch, italienisch, polnisch und sogar katalanisch. Auf der Homepage muss man nur ein Fähnchen anklicken und schon bekommt man Zugriff auf den gesamten Inhalt in der Sprache seiner Wahl... 'Wir haben eine Form des partizipativen Journalismus erfunden, der länderübergreifend und anspruchsvoll ist', sagt Redaktionschef Adrianao Faro selbstbewusst. Das Magazin wendet sich an alle 'neugierigen Europäer' und möchte zur Bildung einer 'europäischen Öffentlich-keit' beitragen."

 

Link zum Artikel (französisch): www.lemonde.fr/web/article/0,1-0,36-897237,0.html

aus: euro|topics-newsletter vom 18.04.2007

 

>>> Bestellungen sind zu richten an: www.cafebabel.com

 

11. Das kleine BIM-Lexikon (Folge 6): Die katholische Kirche und die Gabel

 

Wer kann sich, zumindest in der westlichen Kultur, vorstellen, ohne Messer und Ga-bel zu speisen? Doch die katholische Kirche hielt letztere jahrhundertelang für gott-los. Dieses Essinstrument wurde wahrscheinlich im 11. Jahrhundert in Italien erfun-den und vornehmlich in Adelskreisen verwendet.

 

Die Kirche verbot aber zu jener Zeit ihren Gebrauch mit der Begründung, gottgege-bene Nahrung dürfe nur mit den von Gott geschaffenen Fingern berührt werden: Die Gabel galt als Attribut des Teufels und der Hexen. So dauerte es immerhin bis zum 16. Jahrhundert, bis ihr Gebrauch sich im europäischen Bürgertum durchsetzen konnte.

 

aus: Brockhaus „Was so nicht im Lexikon steht“

 

12. Buch-Tipp: „Migration von Marokko in die EU“ von Andrea Riesch

 

Wanderungsbewegungen von Menschen sind ein weltweites Phänomen. Europa ist für viele Menschen zu einem wichtigen Zuwanderungskontinent geworden. Marokko ist von allen nordafrikanischen Ländern sowie den Ländern südlich der Sahara das Herkunftsland mit der größten Einwanderungsgruppe in die EU.

 

In dem Buch „Migration von Marokko in die EU wird anhand soziologischer Migrati-onstheorien wird herausgearbeitet, warum Menschen von Marokko in die EU migrie-ren. Feststellen lässt sich, dass die EU seit dem Europäischen Rat von Tampere 1999 einen Ansatz entwickelt hat, bei dem sie versucht präventiv auf Migrationsursa-chen einzuwirken. Dieser integrierte Migrationsansatz, der mehrere Politikbereiche miteinander verbindet, wird am Beispiel Marokkos unter Rückgriff auf die Ergebnisse der Ursachenanalyse untersucht.

Der von der Europäischen Kommission auch seit Herbst 2005 wieder stärker propa-gierte Zusammenhang zwischen Migration und Entwicklung wird genauer unter die Lupe genommen. Angesprochen fühlen sollen sich all diejenigen, die sich für Migra-tionsfragen interessieren und sich insbesondere näher mit der europäischen Zuwan-derungsproblematik auseinandersetzen möchten.
Marokko ist eines der Länder mit der größten Einwanderungsgruppe in die EU. An-hand soziologischer Migrationstheorien wird herausgearbeitet,warum Menschen von Marokko in die EU migrieren. Seit dem Europäischen Rat von Tampere 1999 hat die EU einen Ansatz entwickelt, mit dem sie versucht, präventiv auf Migrationsursachen einzuwirken. Dieser integrierte Migrationsansatz, der mehrere Politikbereiche mitein-ander verbindet,wird am Beispiel Marokkos unter Rückgriff auf die Ergebnisse der Ursachenanalyse untersucht.

Die Autorin, Andrea Riesch, geboren 1979, studierte an der Ludwig-Maximilians-Uni-versität in München Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Europapolitik. Zur Zeit ar-beitet sei als pädagogische Referentin an der Georg-von-Vollmar-Akademie in Ko-chel am See,wo sie unter anderem die Fachbereiche Europa und Internationale Zu-sammenarbeit betreut.

Das im Nomos-Verlag erschienene Buch von Andrea Riesch „Migration von Marokko in die EU - Migrationsursachen und Reaktionen europäischer Migrationspolitik“ von Andrea Riesch (ISBN 978-3-8329-2509-3) ist gleichzeitig der 15. Band der „Münch-ner Beiträge zur europäischen Einigung“. Es kostet 19,00 Euro und
kann portofrei bezogen werden über die "vorwärts:buchhandlung + antiquariat" im Willy-Brandt-Haus, Strese-mannstraße 28, 10963 Berlin (www.vorwaerts-ba.de), Telefon: