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Neue Abschiebungsregeln auf europäischer Ebene

Meist beginnt es mit einer Festnahme


Stefan Mohr, Richter für Abschiebungshaft, erzählt von seinen Erfahrungen in 17 Jahren Praxis

FRANKFURT/MAIN. "Als Abschiebungshaftrichter wissen Sie nie, was der Tag Ihnen bringt", sagt Stefan Mohr. Seit 17 Jahren bearbeitet der Richter am Amtsgericht Frankfurt am Main Abschiebungsfälle und entscheidet, ob jemand in Haft kommt. "Es kann den ganzen Tag ruhig sein. Oder es kann sein, dass die Hütte voll ist."

Mohr ist seit 1998 hauptamtlicher Richter in Sachen Abschiebungshaft - einer von dreien, die am Frankfurter Amtsgericht mit diesen Fällen befasst sind. Allerdings nicht in Vollzeit. Insgesamt sind nur 1,6 Richterstellen dafür vorgesehen.

Die Zahl der Fälle ist enorm. 1000 Verfahren gab es 2007. "Das heißt nicht, dass es um 1000 Personen ginge", erläutert Mohr: "Soll die Haft verlängert oder aufgehoben werden, gibt es ein neues Verfahren."

Ein Grund für die hohen Fallzahlen ist der Flughafen Frankfurt. Hier treffen die Flüchtlinge ein, die mit dem Flugzeug nach Deutschland kommen. Die Zahl der Verfahren hat in den vergangenen Jahren noch erheblich zugenommen. Mohr vermutet zwei Ursachen: Mehr Einwanderer und - vor allem - engmaschigere Kontrollen. Ein weiterer Punkt sind kürzere Asylverfahren: Liefen sie Anfang der 90er Jahre meist mehr als ein Jahr, nicht selten fünf, sechs oder sieben Jahre, so brachte die Beschleunigung in den 90ern mehr Fälle auf die Tische von Mohr und seinen Kollegen.

Die Arbeitsbelastung der Richter ist gestiegen. Bis Ende 2007 hieß es, ein Richter müsse 500 Verfahren im Jahr erledigen können. Zum Jahreswechsel wurde die Zahl auf 1120 erhöht. Den einen Teil der Frankfurter Fälle machen die Flüchtlinge aus, die am Flughafen ohne gültiges Visum erwischt werden. Den anderen Teil bilden Verfahren aus dem Inland.

Woher besonders viele Flüchtlinge kommen, das ändert sich von Jahr zu Jahr. Derzeit stellen die Iraker die größte Gruppe. "Sie sind nicht illegal eingereist", sagt Mohr. "Ihr Standard-Fluchtweg führt über die Türkei per Landweg und Schiff nach Athen und von dort nach Frankfurt. Da sie aus einem sicheren Drittland der EU einreisen (nämlich Griechenland), müssen sie dort auch Asyl beantragen. Auch in Griechenland haben sie kaum Aussichten auf Anerkennung, erklärt Mohr: "Die sind übergelaufen, ganz klar."

Der Wettlauf zwischen Behörden und "Illegalen" nimmt manchmal tragikomische Züge an. "An der Hanauer Landstraße sammelten die Bauunternehmer eine Zeitlang jeden morgen mit Kleinbussen die Arbeiter ohne Aufenthaltserlaubnis ein", erinnert sich Mohr. "Sie haben dann für einen Stundenlohn von fünf bis sechs Euro auf Baustellen gearbeitet. Bis die Polizei irgendwann auf die Idee kam, auch mal so einen Kleinbus zu mieten. Und dann ist sie mit den Leuten nicht zur Baustelle, sondern zur Wache und anschließend zur Ausländerbehörde gefahren." Mohr hatte dann über die Abschiebungshaft zu entscheiden. "Es war immer die gleiche Geschichte: Der Betreffende war erst ein bis zwei Tage im Land und hatte gleich bei der Ankunft seinen Pass verloren. Manche behaupteten, sie hätten ein Visum. Aber ich habe das dann nie geglaubt."

In der Praxis beginnt das Verfahren meist mit einer Festnahme. Dann wird der Verhaftete dem Richter vorgeführt und Abschiebungshaft beantragt. Der Richter ordnet die Haft an, die Ausländerbehörde vollstreckt sie. Ziel ist, den Aufenthalt in Deutschland zu beenden. Gegebenenfalls wird ein Ausländer auch aus der Haft entlassen, wenn der Richter zum Ergebnis kommt, die Behörde habe zu zögerlich gearbeitet.

Für ein großes Problem hält Mohr, dass es keine spezielle Ausbildung für Abschiebungshaftrichter gibt. Weder an der Universität noch im Referendariat. "Der Richter muss sich das ganze Gebiet selbst erschließen."


Bremer Nachrichten / Weser Kurier online, 07.06.2008

http://www.bremer-nachrichten.de/20080606/

 


Schlimmer als Untersuchungshaft

Kaum Schutz gegen Abschiebungshaft


BREMEN. Im Vergleich mit einem Gefangenen in Untersuchungshaft (U-Haft) ist ein Abschiebungshäftling deutlich benachteiligt. Im Gegensatz zum U-Häftling muss er an dem Verfahren mitwirken, das gegen ihn läuft. Während man U-Haft oft dadurch vermeiden kann, dass man eine Kaution zahlt, gibt es bei Abschiebungshaft keine Verschonungsmöglichkeit.

Der Abschiebungshäftling hat keinen Anspruch auf einen Anwalt, obwohl die Haft bis zu 18 Monate dauern kann. Bei einem U-Häftling schreibt das Gesetz vor, dass er ab drei Monaten Gefängnis einen Pflichtverteidiger bekommen muss. Nach sechs Monaten (danach alle drei Monate) prüft das Oberlandesgericht automatisch, ob der U-Häftling weiter im Gefängnis bleiben soll.

Eine solche Prüfung ist bei Abschiebungshäftlingen nicht vorgesehen. Manche Richter verhängen von sich aus nur drei Monate Haft in Abschiebungssachen. Damit stellen sie sicher, dass die Haft alle drei Monate geprüft wird. Verpflichtet sind sie dazu jedoch nicht. Außerdem kann der Abschiebungshaftrichter nur prüfen, ob die Voraussetzungen für die Abschiebungshaft vorliegen, nicht aber, ob der Betreffende vielleicht die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsrecht erfüllt.


Bremer Nachrichten / Weser Kurier online, 07.06.2008


http://www.bremer-nachrichten.de/20080606/btag_381_3230

 

 

 

"Diese Menschen haben einfach keine Lobby"

Interview mit dem Hannoveraner Rechtsanwalt Peter Fahlbusch / Für rechtswidrig vollstreckte Abschiebungshaft gibt es nur elf Euro pro Tag


Peter Fahlbusch ist Rechtsanwalt in Hannover und einer der wenigen Spezialisten für Abschiebungshaftrecht in Deutschland.

Frage: Wann kommt jemand in Abschiebungshaft?

Peter Fahlbusch: Die Gründe sind mannigfach. Von den Fallzahlen her die größte Gruppe betrifft Menschen, die vermeintlich das Land verlassen müssen und wo auf Seiten der Ausländerbehörden die Sorge besteht, dass sie sich der Abschiebung entziehen könnten. Da fängt das Problem schon an. Der betroffene Ausländer muss, wie das Gesetz sagt, "vollziehbar ausreisepflichtig" sein. Dafür muss ihm zunächst einmal die Entscheidung, mit der er ausreisepflichtig wird, ordnungsgemäß zugestellt worden sein. Hieran fehlt es oft.

Das klingt jetzt etwas spitzfindig.

Stellen Sie sich vor, der Gerichtsvollzieher klingelt bei Ihnen und sagt, Sie hätten ein Bußgeld nicht bezahlt, und er wolle jetzt das Geld. Dann protestieren Sie auch, wenn Sie vorher keinen Bescheid bekamen. Zu Recht. Das gleiche gilt, wenn es um Abschiebungen geht. Der Betreffende muss die Möglichkeit haben, freiwillig auszureisen oder gegen den Bescheid vorzugehen. Sie können sich gegen eine solche Entscheidung doch nur wehren, wenn Sie davon wissen.

Und wenn etwas bei der Zustellung schief gegangen ist?

Dann muss der Betreffende erst einmal nicht ausreisen und darf daher auch nicht in Haft genommen werden.

Wie oft ist denn jemand zu Unrecht in Abschiebunghaft?

Ich habe meine gesamten Akten seit 2002 ausgewertet. Seitdem habe ich bundesweit rund 550 Mandanten in Abschiebungshaftverfahren vertreten. Etwa 100 Verfahren laufen noch. 163 der 550 Mandanten haben zu Unrecht gesessen. Manche nur einen Tag, die Spitzenreiterin 195 Tage, also ein gutes halbes Jahr. Alles in allem komme ich auf 4283 Hafttage; das sind knapp zwölf Jahre rechtswidrige Haft. Diese Statistik kann man, wie mir Kollegen bestätigen, durchaus verallgemeinern.

Gibt es wenigstens eine Entschädigung, wenn Haft rechtswidrig vollstreckt wurde?

Wenn überhaupt, dann gibt es gegenwärtig elf Euro pro Tag. So jedenfalls die momentane Auffassung der in Anspruch genommenen Behörden beziehungsweise Bundesländer. Das letzte Wort ist hier allerdings noch nicht gesprochen. Zum Vergleich: Wenn Sie einen Unfall hatten und Ihr Auto nicht nutzen können, bekommen Sie je nach Wagentyp zwischen 30 und 100 Euro pro Tag.

Aber wir leben doch in einem Rechtsstaat.

Nach dem Gesetz sind alle Menschen in Deutschland gleich gut davor geschützt, nicht rechtswidrigerweise in Haft genommen zu werden. Das steht so auch in unserer Verfassung. In der Praxis gilt das jedoch für Ausländer, die in Abschiebungshaft genommen werden, nur sehr eingeschränkt. Wenn Sie einen Menschen mehr als eine Woche einsperren, erwartet Sie wegen dieser Freiheitsberaubung eine Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis. Bisher hat es noch kein entsprechendes Strafverfahren wegen Freiheitsberaubung gegen Mitarbeiter von Ausländerbehörden gegeben, auf deren Veranlassung hin Ausländer teilweise über Monate zu Unrecht in Abschiebungshaft verbracht haben.

Wie erklären Sie sich diese Lage?

Es gibt nicht nur einen Grund. Zunächst einmal ist es so, dass das Abschiebungshaftrecht entgegen der landläufigen Meinung sehr komplex und damit extrem anfällig für Fehler ist. Bei den Amtsgerichten werden zudem leider vielfach junge Richter eingesetzt, die noch in der Probezeit sind. Diese Richter sind häufig - man muss es leider so sagen - nicht hinreichend bewandert in der Materie. Oft wird das, was die Ausländerbehörde im Haftantrag schreibt, ungeprüft übernommen, da man meint, das werde in Ordnung sein. Das stimmt so leider oft nicht. Bei den Ausländerbehörden werden die Haftanträge großenteils nicht von Juristen geschrieben, sondern von einfachen Verwaltungsbeamten, die ebenfalls nicht tiefer in die Materie einsteigen.

Aber es ist doch skandalös, wenn so viele Menschen zu Unrecht in Haft sitzen . . .

Tatsache ist, dass das einfach keinen interessiert. Diese Leute sind vergessen, sie haben keine Lobby. Auch nicht bei Anwälten. Die Fälle machen viel Arbeit, bringen wenig Geld und sind zudem noch juristisch hochgradig schwierig. Da gehen nur wenige Anwälte energisch ran.

Was müsste geändert werden?

Eigentlich müsste das gesamte Abschiebungshaftrecht radikal verändert werden. Dass man etwa Menschen, denen nichts anderes vorgeworfen wird, als nicht ausgereist zu sein, bis zu eineinhalb Jahre in Haft schicken kann, ist hochgradig fragwürdig. Eine Änderung der gesetzlichen Vorschriften zum Guten hin ist jedoch bei der gegenwärtigen politischen Lage auf absehbare Zeit nicht zu erwarten. Auch die rot-grüne Koaltion hat das Abschiebungshaftrecht unangetastet gelassen. Der jetzigen Bundesregierung ist meine Statistik bekannt. Wie sie unlängst mitteilte, sieht sie dennoch keine Veranlassung, die Vorgaben zu überdenken. Das Mindeste, was ich daher fordere, ist eine Selbsverständlichkeit. Man möge - wenigstens - das bestehende Recht richtig anwenden. Denn sonst verstärkt sich der Eindruck, dass Artikel 104 Grundgesetz, der die Anforderungen an eine Freiheitsentziehung regelt, nach Auffassung vieler Rechtsanwender nur für Deutsche gilt.

 

Bremer Nachrichten / Weser Kurier online, 07.06.2008

http://www.bremer-nachrichten.de/200

 

 


Botschafter des Friedens und der Gerechtigkeit

Im Internationalen Menschenrechtsverein Bremen helfen Flüchtlinge sich gegenseitig und kämpfen für einen besseren Status

BREMEN. Es begann mit zwei Protestaktionen. Anfang der 90er Jahre demonstrierten tamilische Flüchtlinge zwei Monate lang gegen Abschiebungen nach Sri Lanka. Wenig später wehrten sich Asylbewerber gegen ihre Unterbringung auf einem Hausboot im Bremer Westen. Aus diesen Aktionen ging der Internationale Menschenrechtsverein Bremen hervor.

"Um 1994 bemühten sich die Behörden verstärkt, möglichst viele Tamilen abzuschieben", sagt der Vereinsvorsitzende Viraj Mendis. "Die Flüchtlinge haben deshalb im Januar 1995 eine Mahnwache vor dem Abschiebungsgefängnis organisiert." 36 Tage standen sie vor dem Gebäude gegenüber der Kunsthalle. Das blieb nicht ohne Wirkung: "Für ein Jahr haben wir einen faktischen Abschiebungsstopp erreicht", berichtet Mendis.

"Die Demonstration der Tamilen zeigte, dass wir Einfluss haben", sagt Mendis. Die Zeit für solche Aktionen sei damals reif gewesen. Auch die Asylbewerber, die auf dem Hausboot "Embrica Marcel" in Gröpelingen untergebracht waren, protestierten ab April 1995. Viele der auf dem Schiff Einquartierten wollten an Land leben. Außerdem wehrten sie sich gegen die engen Unterkünfte. Ihr Protest gipfelte in einem zehntägigen Hungerstreik.. Am Ende bekamen sie zwar keine andere Unterbringung, aber Gemeinschaftsräume, verbesserte Telefoneinrichtungen und Busfahrkarten, um in die Stadt fahren zu können.

Nach diesen Aktionen taten sich die Tamilen mit den Flüchtlingen der "Embrica Marcel", namentlich den Kurden, zusammen. Im August 1996 wurde der Verein gegründet. "Wir wollten, dass die Flüchtlinge sich gegenseitig helfen", erklärt Mendis. "Es gab Unterstützung, zum Beispiel von den Kirchen und vom Deutschen Gewerkschaftsbund."

Viel Beachtung fand 1998 die Aktion "Karawane der Flüchtlinge". Um die 60 Flüchtlinge zogen durch mehr als 40 Städte. Doch war es auch eine zwiespältige Angelegenheit. "Einige warnten uns: Überschätzt euch nicht, ihr habt keine Macht", sagt Mendis. "Wenn Leute für diese Bewegung kämpften, drohte ihnen die Abschiebung. Und wenn wir fir Leute zum Kämpfen aufrufen, müssen wir sie schließlich auch verteidigen können."

Heute sieht Mendis eine gewisse Selbsttäuschung: "Die Karawane sah nach einer großen Bewegung aus, aber sie war es nicht. In den Städten, in denen die Karawane Station machte, kamen die Leute, und wenn die Karawane weiterzog, gingen die Leute wieder ihrem Alltag nach."

Vielleicht entscheidend war, dass die Karawane viele Menschen deshalb anzog, weil sie Aufmerksamkeit versprach. Manche kamen nicht, um etwas zu geben, sondern um etwas zu bekommen. Als Streit über Einfluss in der Bewegung ausbrach, verließen Mendis und andere die Karawane.

Zwei große Probleme sieht Mendis, die die meisten Flüchtlinge beschäftigen. Das eine ist der unsichere Status, die drohende Abschiebung, die soziale Ausgrenzung. Das andere ist die Sorge um die Menschen, die sie in ihrer Heimat zurückgelassen haben. Mendis sieht die Flüchtlinge als "Brücke zwischen der Dritten und der ersten Welt": "Sie sind die Opfer von Krieg und Verfolgung und die Boten von Frieden und Gerechtigkeit."

Nicht alle ehemaligen Flüchtlilinge erinnern sich später daran, wenn sie einen gesicherten Aufenthaltsstatus erreicht haben. Der Verein kümmert sich um Flüchtlinge aus verschiedenen Ländern, dokumentiert ihre Lage und die Situation in ihrem Land auf seiner Internetseite. Seit längerem steht Sri Lanka im Mittelpunkt.


Bremer Nachrichten / Weser Kurier online, 07.06.2008


http://www.bremer-nachrichten.de/20080606/btag_381


 

Neue Abschiebungsregeln auf europäischer Ebene

Schluss mit den Scheindebatten


Daniel Gehrmann


Es ist eines Rechtsstaats nicht würdig, unschuldige Menschen für Monate ins Gefängnis zu stecken. Deshalb ist es ein Skandal, wenn in Europa Menschen künftig bis zu eineinhalb Jahre eingesperrt werden dürfen, nur, um sie irgendwann abschieben zu können. Hierzulande gilt das schon lange.

Alle Jahre wieder gibt es große Debatten über den Aufenthalt von Flüchtlingen in Deutschland oder Europa. Grob lassen sich dabei zwei Lager erkennen: Es gibt jene, die die Menschen und ihr Schicksal vergessen, und jene, die Recht und Regeln vergessen.

Beiden gemeinsam ist, dass ihre Standpunkte meist nicht von tieferer Sachkenntnis getrübt sind. Die meisten, die sich in die Diskussion einmischen, führen Scheindebatten fernab des Alltags in Behörden, Flüchtlingsunterkünften oder den Herkunftsstaaten. Für viele Flüchtlinge geht es um Leben und Tod. Da werden Menschen in ihrem Heimatland willkürlich eingesperrt und gefoltert, fliehen nach Europa - und werden wieder in ihr Land abgeschoben. Begründung: Es genüge, wenn sie im Heimatland umziehen; dann ließe ihr Staat sie in Ruhe. Auch die Flucht gilt mitunter als Beleg fehlender Verfolgung. Was in diesem Bereich abläuft, ist an Zynismus oft kaum zu überbieten.

Wie der Alltag im Abschiebungs- und Abschiebungshaftrecht wirklich aussieht, überblicken nur wenige Eingeweihte. Nicht aber die "Sonntagsredner", die in vielen Parlamenten, Redaktionen oder auf Podien sitzen und pauschal von Hilfe für die "wirklich Verfolgten" reden. Die Praxis vermittelt jedenfalls den Eindruck von Willkür.

Andererseits kann man nicht jeden in der sogenannten "ersten Welt" aufnehmen, der unter den politischen oder wirtschaftlichen Verhältnissen seines Heimatlandes leidet. Auch wer Flüchtlingen helfen will, muss Regeln aufstellen und sich daran halten. Das Mindeste, was man in Diskussionen erwarten muss, ist Sachkenntnis. Scheindebatten sind Heuchelei und Zeitverschwendung. Europa sollte sich zu seiner Verantwortung für Flüchtlinge bekennen. Vor allem darf es sie nicht wie Waren behandeln, die man vor dem Transport beliebig lagern kann.


Bremer Nachrichten / Weser Kurier online, 07.06.2008


http://www.bremer-nachrichten.de/20080606/btag

 

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