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Nicht warten, sondern handeln

www.fr-online.de/bad-homburg/nicht-warten--sondern-handeln,1472864,10285638.html

 

Frankfurter Rundschau vom 2. September 2011

Nicht warten, sondern handeln

Wazhma (22) aus Afghanistan hatte eine harte Zeit, ehe sie im Hochtaunus Tritt fasste. 

Von Dieter Hintermeier

Hochtaunus Migrationsdienst hilft bei der Integration / Neue Räume in Friedrichsdorf

Wazhma ist bester Laune. Angeregt bereitet sich die Afghanin mit ihren Mitstreitern auf das kleine Theaterstück vor, das gleich beginnt. Die Aufführung ist Teil der Feierlichkeiten, mit der der Jugendmigrationsdienst des Hochtaunuskreises seine neuen Räume in der Friedrichsdorfer Bahnstraße 29 einweiht.

In dem Stück spielt die 22-jährige Wazhma die Frau des „bösen Chefs“ einer Frankfurter Autowerkstatt, der seinem afrikanischem Dauerpraktikanten „John“ monatelang einen fest versprochenen Ausbildungsplatz vorenthält. Auch durch seine charmante Ehefrau lässt sich der „harte Boss“ nicht umstimmen. Da bleibt „John“ als letzter Ausweg nur noch die Kündigung des „Praktikantenplatzes“. Schwere Zeiten.

Die hat auch Wazhma hinter sich. Als sie vor rund eineinhalb Jahren mit ihrem heute 16-jährigen Bruder in Deutschland ankam, stand sie vor dem Nichts.

Monatelang lebten beide unter härtesten Bedingungen im Oberuseler Containerdorf. „In der Zeit habe ich fünf Kilo abgenommen“, erzählt die schwarzhaarige junge Frau, die man auch heute noch unbesehen zu den Leichtgewichten zählen würde.

Doch sie gab nicht auf, wollte heraus aus der menschenunwürdigen Umgebung. Den Hausmeister ihrer Unterkunft fragte sie nach Deutschkursen. Er gab den entscheidenden Tipp. So landete sie beim Jugendmigrationsdienst – und es ging bergauf. Wazhma, die in Afghanistan Mathematik studiert hatte, lernte das deutsche Einmaleins und die Sprache. Sie lernte im Fach PoWi (Politik und Wirtschaft), wie die deutschen „organisiert“ sind und was Frau Merkel so alles macht.

Wazhma begriff in kurzer Zeit so gut, dass sie heute eine Fachoberschulklasse der Feldbergschule besucht, bald die Fachhochschulreife erlangt und später studieren möchte.

Nach dieser schnellen, erfolgreichen Migration ist die Afghanin hellauf begeistert. „Deutschland ist super“, sprudelt es aus ihr heraus. Sie empfindet die Deutschen als großzügig. „Für Aufenthalt und Studium brauche ich nichts zu bezahlen“, freut sie sich. Aus ihrer Heimat ist sie anderes gewohnt.

Erfolgsgeschichten

Ihre Tipps für junge Migranten, die es in Deutschland schaffen wollen? „Man sollte nicht einfach ’rumsitzen und warten bis irgendwann mal jemand kommt und einem hilft“, betont sie. Das sei aber eine Mentalität, die bei nicht wenigen Migranten vorherrsche. „Sie warten immer auf Hilfe. Das ist ihr größter Fehler“, sagt Wazhma. Thomas Sochor, Leiter des Jugendmigrationsdienst in Friedrichsdorf, ist von seinem „Schützling“ begeistert. „Wazhma ist schon großartig“, freut sich der Sozialarbeiter mit strahlendem Gesicht. Wazhma sei aber nicht die einzige Erfolgsgeschichte des Dienstes. „Alle Jugendliche oder jungen Erwachsenen, die den Weg zu uns finden, sind motiviert. Sie wollen es in Deutschland schaffen“, erzählt Sochor.

Der Jugendmigrationsdienst hilft ihnen dabei. „Wir erstellen für jeden einen individuellen Integrationsplan, helfen bei Behördengängen oder Zeugnisbeglaubigungen“, zählt der Sozialarbeiter auf. Nicht zu unterschätzen seien auch die Kontakte, die der Migrationsdienst für die jungen Menschen knüpft. Vom Praktikumsplatz bis zur Wohnungssuche. Davon hat auch Wazhma profitiert. Sie wohnt jetzt in Köppern – in einer ganz normalen Zwei-Zimmer-Wohnung. Gute Laune inklusive.

 

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