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Newsletter PRO ASYL

Newsletter Nr. 160 Juli 2010

Inhalt

Allgemeine Meldungen BRD

Sachsen-Anhalt schränkt Abschiebungen von Roma in den Kosovo ein

Innenausschuss führt Anhörung zu Roma-Abschiebungen durch

Bundesregierung antwortet auf Kleine Anfrage zu Roma-Abschiebungen

Deutscher Anwaltverein fordert besseren Arbeitsmarktzugang für Personen mit subsidiärem Schutz

Bundesregierung zu Dublin II-Übernahmeersuchen an Griechenland

Oury Jalloh - Analyse des Dessauer Prozesses veröffentlicht

Innenministerium RLP veröffentlicht Zahlen zum Ausreisezentrum Trier

Beratungspraktische Themen im Asylmagazin

EU-Recht und deutsches Recht in Sachen Familiennachzug

Abschiebungshindernisse werden in Bremen künftig sorgfältiger geprüft

Jesuitenflüchtlingsdienst: Studie zu Abschiebungshäftlingen in Europa

Bundesverfassungsgerichtsurteil und Asylbewerberleistungsgesetz

 

Internationale Meldungen und Meldungen zu Herkunftsländern

Weltflüchtlingsstatistik 2009 veröffentlicht

UNICEF-Bericht über Kinderflüchtlinge aus Afghanistan

Zensur im Iran

Risiken bei Rückkehr eines verurteilten PKK-Mitglieds in Türkei

Aufklärung über den Tod eines türkischen Juristen gefordert

Libyen, UNHCR und die EU

 

Meldungen zur Flüchtlingspolitik der EU und einzelner EU-Länder

Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Europa nimmt zu

Kinderabschiebungspläne in Großbritannien und Dänemark

Artikel zur EU-Flüchtlingspolitik der letzten 20 Jahre

56 Iraker mit FRONTEX-Flug abgeschoben

Kritik von Amnesty International an Abschiebungen in den Irak

Französischer Minister schlägt euro-amerikanische task force vor

Jubiläum des Schengen-Abkommens für Flüchtlinge kein Grund zum Feiern

CIGEM in Mali leidet

EU leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen Belgien und Irland ein

BELGIEN

Asylsuchender stirbt in Aufnahmezentrum

GRIECHENLAND

Flüchtlinge im Evros ertrunken

Griechischer Flüchtlingsrat kritisiert das griechische Asylsystem

Ärzte ohne Grenzen kritisiert griechische Internierungslager

Bürgerschutzminister Chryssochoidis zu illegaler Migration

GROßBRITANNIEN

Geplanter Ausbau von Abschiebungshaftanstalt löst Befürchtungen aus

Irakische Asylsuchende bei Abschiebung geschlagen

ITALIEN

Italienische Regierung ignoriert Europäischen Menschengerichtshof

ÖSTERREICH

Suizidversuch eines 16-jährigen Abschiebungshäftlings

Kriminalisierung von Rechtsberatung

SCHWEIZ

Zwangsabschiebungen mit Charterflügen wieder aufgenommen

Gleichbehandlung von Kriminellen und Abschiebungshäftlingen

Afrikaner auf Fluchtweg umgekommen

SLOWAKEI

Auch Slowakei ignoriert Europäischen Menschengerichtshof

SPANIEN

Ceuta und Melilla auch rechtliche Exklaven

NEWSLETTER ITALIEN Juni 2010

 

Sachsen-Anhalt schränkt Abschiebungen von Roma in den Kosovo ein

Mit Erlass vom 27. Mai 2010 hat das Innenministerium Sachsen-Anhalt Beschränkungen bei der Abschiebung von Roma in den Kosovo angeordnet. Zum Anlass nimmt das Ministerium ein Schreiben des Bundesinnenministeriums an die Länder, mit dem dies eine zurückhaltendere Praxis bei der Abschiebung nahegelegt hatte. Die neue Praxis in Sachsen-Anhalt: Familienfälle sind dem Innenministerium vorzulegen, das die aufenthaltsrechtlichen und humanitären Aspekte des Einzelfalls prüft. Bei alleinreisenden Frauen soll geprüft werden, ob es eine Aufnahmemöglichkeit durch nahe Angehörige gibt. Ist das nicht der Fall, scheidet in der Regel die Abschiebung aus.

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Innenausschuss führt Anhörung zu Roma-Abschiebungen durch

Am 28. Juni 2010 hat der Innenausschuss des Deutschen Bundestages eine öffentliche Anhörung zu Anträgen der Fraktion Die Linke und Bündnis 90 / Die Grünen durchgeführt. Beide Anträge behandeln das Thema der Abschiebungen von Roma und anderen Minderheiten in den Kosovo. Von Seiten der eingeladenen Wohlfahrtsverbandsvertreter gab es einhellig Kritik an der aktuellen Praxis. So hält etwa die Diakonie einen Abschiebungsstopp für dringend geboten. Zugrunde lag der Diakonie-Stellungnahme auch der Bericht einer Recherchereise aus dem April zur Einschätzung der Lage der Minderheiten. Der Leiter des UNICEF-Büros im Kosovo lieferte bisher kaum bekannte Fakten zur Situation der abgeschobenen Kinder und Jugendlichen, die einem extrem großen Armutsrisiko unterliegen. Armut sei der Hauptgrund für die extrem hohe Zahl von Schulabbrechern innerhalb der befragten Minderheitenfamilien. Sprachbarrieren, fehlende Schulzeugnisse, Armutsprobleme usw. führten zu einer Abbruchrate von fast 74 Prozent. Nur 17 Kinder aus den untersuchten Familien der Roma (von 66) gingen nach ihrer Rückkehr in den Kosovo weiter zur Schule. Die derzeitigen Abschiebungspraktiken und angebotenen Reintegrationsmaßnahmen führten, so UNICEF, kaum zu nachhaltiger Rückkehr.

Für PRO ASYL nahm Stephan Dünnwald Stellung, der bereits im Herbst 2009 die Situation von Rückkehrern im Auftrag von PRO ASYL untersucht hat. Zu abweichenden und teilweise überraschenden Feststellungen kommt das Bundesamt für Migration in seiner Stellungnahme, die sich auf die Förderung der freiwilligen Rückkehr des Reintegrationsprojekts URA 2 konzentriert. Für die Minderheiten der Roma und Ashkali habe bisher immer Wohnraum gefunden werden können, heißt es in der Stellungnahme.

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Bundesregierung antwortet auf Kleine Anfrage zu Roma-Abschiebungen

Die Bundesregierung hat am 14. Juni 2010 eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke im Bundestag beantwortet (BT-Drucksachen 17/1504 und 17/2089). Gegenstand der Anfrage: „Forcierte Abschiebungen von Roma in den Kosovo“. Demnach gab es im gesamten Jahr 2009 541 Abschiebungen in den Kosovo, von denen 179 Minderheitenangehörige betrafen, unter ihnen 76 Roma. In den ersten vier Monaten des Jahres 2010 betrafen 74 von insgesamt 213 Abschiebungen in den Kosovo Minderheitenangehörige, unter ihnen 53 Roma. Würde dieser Trend weitergehen, ergäbe sich bis zum Jahresende eine Verdoppelung der Roma-Abschiebungen. Von den in diesem Jahr gestellten Rücknahmeersuchen (918) betrafen zwei Drittel Angehörige von Familien, ein Drittel Alleinstehende. 72,5 Prozent aller Ersuchen betrafen Minderheitenangehörige, darunter 556 Roma. Eine Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt aufgrund von Diskriminierung der Minderheiten vermag die Bundesregierung entgegen aller anderen Quellen nicht zu erkennen. Sie zeichnet ein Bild des Kosovo, in dem die Probleme gleichermaßen alle betreffen: „Viele der in Kosovo lebenden Menschen sind infolge der kriegerischen Auseinandersetzungen mit vielfältigen wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten konfrontiert. Dies ist unabhängig von einer bestimmten ethnischen Zugehörigkeit.“ Eine staatlich intendierte soziale und wirtschaftliche Ausgrenzung der Roma „allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit“ finde ohnehin nicht statt. Die hohe Arbeitslosigkeit der Roma habe keinen ethnisch diskriminierenden Hintergrund, sondern basiere auf ihrem niedrigen Bildungsniveau. Entsprechend sieht die Bundesregierung auch keine Notwendigkeit, zu einer Neubewertung der geplanten Abschiebungen von Roma oder gar zu einem humanitären Bleiberecht zu kommen.

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Deutscher Anwaltverein fordert besseren Arbeitsmarktzugang für Personen mit subsidiärem Schutz

Der Deutsche Anwaltverein hat in einer Stellungnahme im Mai 2010 einen verbesserten Arbeitsmarktzugang für Personen mit subsidiärem Schutzstatus, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 Aufenthaltsgesetz erteilt worden ist, gefordert. Durch eine Ergänzung der Beschäftigungsverfahrensordnung soll den Bestrebungen der EU-Kommission, die die Unterscheidung zwischen Flüchtlingsstatus und subsidiärem Schutzstatus auch beim Zugang zum Arbeitsmarkt aufheben möchte, Rechnung getragen werden.

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Bundesregierung zu Dublin II-Übernahmeersuchen an Griechenland

Wie aus einer Antwort der Bundesregierung (BT-Drucksache 17/1717) auf eine Kleine Anfrage (BT-Drucksache 17/ 1527) der Fraktion Die Linke hervorgeht, ist die Zahl der Übernahmeersuchen nach der Dublin II-Verordnung an Griechenland weiterhin hoch. Mehr als ein Viertel aller Dublin-Übernahmeersuchen betrafen Griechenland. Hauptbetroffene dieser Praxis sind Flüchtlinge aus Afghanistan und dem Irak. Von Oktober 2009 bis Ende März 2010 richtete Deutschland fast 1.400 Übernahmeersuchen an Griechenland. Aus derselben Antwort der Bundesregierung ergibt sich, dass die Schutzquote für Flüchtlinge aus dem Irak drastisch gesunken ist, obwohl sich die Lage im Irak nicht wesentlich verbessert hat. Die deutsche Praxis scheint sich damit auf einen gemeinsamen Pfad mit anderen EU-Staaten hinbewegen zu wollen, die bereits abschieben. Zwar kam im ersten Quartal 2010 noch jeder zweite Iraker in den Genuss eines Schutzstatus, doch im selben Zeitraum des Vorjahres waren es wesentlich mehr, nämlich 77,6 Prozent. Auch die Zahl der Widerrufe, die irakische Flüchtlinge betreffen, ist beträchtlich. Insgesamt allerdings erleidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bei Widerrufsverfahren, die zu Gericht gehen, überwiegend Schiffbruch. Nur 14 Prozent aller Gerichtsentscheidungen bestätigten die zugrundeliegenden Widerrufe des Bundesamtes.

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Oury Jalloh - Analyse des Dessauer Prozesses veröffentlicht

Am 7. Januar 2003 verbrannte Oury Jalloh aus Sierra Leone an Händen und Füßen gefesselt bei lebendigem Leib in einer Gewahrsamszelle der Dessauer Polizei. Der Bundesgerichtshof hat inzwischen den Freispruch gegen einen der an der Ingewahrsamnahme beteiligten Polizisten aufgehoben. Eine Analyse des ersten Prozesses beim Landgericht Dessau deckt die Mängel und Ausblendungen des Strafverfahrens auf und beleuchtet den gesamten Kontext, in dem die menschenrechtswidrigen polizeilichen Zwangshandlungen stattfanden. Die Prozessanalyse ist unter dem Titel „Der Mord in Dessau im Schoß der Polizei mit gerichtlichen Nachspielen“ vom Komitee für Grundrechte und Demokratie veröffentlicht worden und kann dort für 5 Euro beim Komiteesekretariat (Komitee für Grundrechte und Demokratie, Aquinostraße 7-11, 50670 Köln) bestellt werden. Die Autoren Wolf-Dieter Narr und Dirk Vogelskamp kommen zu dem Schluss, man könne von einem „strukturellen Mord“ der Dessauer Polizei sprechen. Wer allerdings bei dieser Diagnose weiterliest, stellt fest, dass die Autoren selbst die Tauglichkeit des Begriffes der strukturellen Gewalt ein wenig kritisch sehen. Dass dann aus dem „strukturellen Mord“ im Titel der Broschüre gar „der Mord in Dessau“ wird, ist eine schwer nachvollziehbare Verbeugung vor Teilen der Szene, die anstelle der Urteilskritik lieber ein alternatives Urteil setzen möchten. Trotzdem: Die profundeste Veröffentlichung zum Trauerspiel des Umgangs der deutschen Justiz mit der Polizei in Dessau.

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Innenministerium RLP veröffentlicht Zahlen zum Ausreisezentrum Trier

Das rheinland-pfälzische Innenministerium hat aktuelle Statistiken zur Landesunterkunft für Ausreisepflichtige in Trier veröffentlicht. Die bestätigen die grundsätzliche Kritik z.B. des AK Asyl Rheinland-Pfalz am Projekt des Ausreisezentrums Trier. Über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg konnten in der Landesunterkunft von 276 eingewiesenen Personen bei 78 Personen die Identität geklärt werden. Für ganze acht Personen pro Jahr wird eine ganze Infrastruktur der Entrechtung vorgehalten. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Insassen der Landesunterkunft beträgt 395 Tage. Der AK Asyl Rheinland Pfalz erneuert seine Forderung, das Ausreisezentrum zu schließen.

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Beratungspraktische Themen im Asylmagazin

Im Asylmagazin Nummer 6/2010 beschäftigt sich Rechtsanwältin Kerstin Müller (Köln) im Themenschwerpunkt „Aus der Beratungspraxis“ mit den Zuständigkeiten von Bundesamt und Ausländerbehörde, wobei die Kompetenzverteilung weiterhin in der Praxis erhebliche Probleme aufwirft. Probleme und (teilweise) Lösungen stellt die Autorin an Fallbeispielen dar. Ein zweites beratungspraktisches Thema behandelt Rechtsanwalt Ünal Zeran (Hamburg) unter der Überschrift „Erleichterter Familiennachzug durch EUGH-Rechtsprechung“. Der EUGH zwinge die deutsche Rechtsprechung zu einem familienfreundlicheren Umdenken im Aufenthaltsrecht. Das Urteil des EUGH vom 4. März 2010 im Fall Chakroun biete hierzu vielerlei Anlass, doch müsse die Rechtsprechung des EUGH, der den Nachzug in weit mehr Fällen gestatte, als dies in Deutschland bis jetzt gesetzlich vorgesehen sei, erst umgesetzt werden. Die Bundesregierung werde wohl zunächst wieder einmal europafeindlich behaupten, dass die Entscheidung eine niederländische Besonderheit betreffe und auf Deutschland nicht übertragbar sei.

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EU-Recht und deutsches Recht in Sachen Familiennachzug

Rechtsanwalt Hubert Heinhold (München), Vorstandsmitglied von PRO ASYL hat sich in einem Aufsatz unter der Überschrift „Die Sicherung des Lebensunterhalts nach Europarecht“ mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Fall Chakroun auseinandergesetzt. In dieser Entscheidung geht es um die europarechtliche Definition der Anforderungen an die Lebensunterhaltssicherung im Zusammenhang mit dem Nachzug von Familienangehörigen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Verschärfung der Vorschriften über die Sicherung des Lebensunterhalts durch den deutschen Gesetzgeber sowie die deutsche Rechtsprechung könne die Relevanz dieser Entscheidung für Deutschland kaum überschätzt werden. Die Einwanderungsgesellschaft ziehe aus dem gefestigten Aufenthalt der eingewanderten Bürger die gebotenen Konsequenzen und sperre den Familiennachzug nicht ohne Not. Dies sei der Grundgedanke des Europarechtes, so Heinhold. Nach europäischem Gemeinschaftsrecht sei anders als nach deutschem Recht die Sicherstellung des Lebensunterhalts sowie angemessenen Wohnraums jedenfalls keine zwingende Voraussetzung für den Nachzug. Ganz anders sei die deutsche Rechtslage von der Idee geprägt, Regelungen zu schaffen, die geeignet sind, jegliche denkbare Belastung der Sozialsysteme von vorneherein auszuschließen.

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Abschiebungshindernisse werden in Bremen künftig sorgfältiger geprüft

Ob ein kranker Flüchtling abgeschoben wird, darf die Ausländerbehörde Bremen künftig nicht mehr entscheiden. Will sie das Vorliegen gesundheitlicher Abschiebungshindernisse nicht anerkennen, dann muss der Fall künftig dem Innensenator vorgelegt werden. Dies ergibt sich aus einer Antwort des Senats auf parlamentarische Anfragen der Fraktionen Die Linke sowie Bündnis 90 / Die Grünen in der bremischen Bürgerschaft (Bürgerschaftsdrucksachen 17/1315 und 17/1316 vom 1. Juni 2010). Fälle krankheitsbedingter Abschiebungshindernisse sind künftig von der Behördenleitung zu überprüfen. Zusammen mit der Vorlagepflicht beim Innensenator dürfte dies tatsächlich ein großer Schritt weg von der bislang rechtswidrigen Abschiebepraxis in Bremen sein. Obwohl der Senat Fehler in der bisherigen Praxis einräumt, wollte man – so ergibt sich aus einigen Antworten – nicht allzu tief in die Akten der Vergangenheit schauen.

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Jesuitenflüchtlingsdienst: Studie zu Abschiebungshäftlingen in Europa

Der Jesuitenflüchtlingsdienst hat am 1. Juli 2010 eine Studie zur Lage von Abschiebungshäftlingen in 22 europäischen Staaten veröffentlicht, in der die Betroffenen auch selbst zu Wort kommen. Das quälende Warten mache Menschen krank. Nach wenigen Monaten in Abschiebungshaft klagten viele der Inhaftierten über Appetitlosigkeit, Schlafstörungen und Depressionen, darunter auch Angehörige besonders schutzbedürftiger Gruppen wie Minderjährige, schwangere Frauen oder (bereits vor der Haft) psychisch Kranke. In Deutschland wurden im Rahmen der Studie die Zustände in der JVA München-Stadelheim und im polizeilichen Abschiebungsgewahrsam in Berlin-Köpenick untersucht. Die Studie steht zum Download zur Verfügung. Unter www.jesuiten-fluechtlingsdienst.de findet sich auch ein Link zur englischsprachigen Gesamtstudie „Becoming Vulnerable in Detention“.

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Bundesverfassungsgerichtsurteil und Asylbewerberleistungsgesetz

Der Deutsche Caritasverband hat sich in einer ausführlichen Stellungnahme mit der Frage auseinandergesetzt, welche Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (1 BvL 1,3 und 4/09) vom 9. Februar 2010 für das Asylbewerberleistungsgesetz zu ziehen sind. Der Deutsche Caritasverband stellt fest, dass auch die Gesetzesbegründung des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht den Anforderungen genüge, die das Bundesverwaltungsgericht für die Ermittlungen der von Regelleistungen im SGB II aufgestellt hat. Der Gesetzgeber müsse auch nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichtes die notwendigen Anpassungen der Beträge vornehmen und für Kinder, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, das Existenzminimum auch auf eine Weise sicherstellen, die den Zugang zu Bildung gewährleiste.

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Internationale Meldungen und Meldungen zu Herkunftsländern

Weltflüchtlingsstatistik 2009 veröffentlicht

UNHCR hat die Weltflüchtlingsstatistik 2009 veröffentlicht. In diesem Jahr waren weltweit demnach 43,3 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Konflikten und Verfolgung. Das ist die höchste Zahl seit Mitte der 90er Jahre. Für eine freiwillige Rückkehr sei das Jahr 2009 das schlechteste seit 20 Jahren gewesen, so UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres. Der Jahresbericht „Global Trends“ weist darauf hin, dass immer mehr Flüchtlinge in den Megacities der Entwicklungsländer leben. Die meisten Asylerstanträge wurden im Jahr 2009 in Südafrika gestellt. Angesichts dieser aktuellen Zahlen ist es umso problematischer, dass die dauerhafte Neuansiedlung von Flüchtlingen aus einem Erstzufluchtsland in einem Drittland (Resettlement) gerade einmal eine Lösung für 112.400 Flüchtlinge war.

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UNICEF-Bericht über Kinderflüchtlinge aus Afghanistan

Bereits im Februar 2010 hat UNICEF einen Bericht über afghanische Kinder auf dem Weg in westliche Staaten veröffentlicht, der Titel: „Children on the Move“. Auch hier wird die starke Zunahme der unbegleiteten Minderjährigen seit 2007 zum Beispiel in Norwegen und in Großbritannien konstatiert. 20 unbegleitete Minderjährige aus Afghanistan wurden in diesen beiden Staaten interviewt. UNICEF spricht eine Reihe von dringenden Empfehlungen aus, die überwiegend die Situation der Kinderflüchtlinge auf ihrem Weg betrifft. Es müssten Strategien entwickelt werden, um die Betroffenen an den Sammlungspunkten ihres Weges aufsuchen, unterstützen und schützen zu können. Es müssten Kontakte zur Familie hergestellt werden, um Ausbeutungs- und Menschenhandelsstrukturen zu verhindern und Optionen für eine Rückkehr zu eröffnen, wenn sie ihre Reise nicht fortsetzen wollten. Die dabei gegebenen Informationen müssten vertraulich behandelt und nicht Informationen zu dem Zweck gegeben werden, ein bestimmtes Verhalten zu erzwingen.

Als Problem der Studie ergibt sich die relativ geringe Zahl von Interviews und die damit verbundene noch dürftige Datenbasis, die im Vorwort selber konstatiert wird. In den Fallstudien halten die von den Minderjährigen gegebenen Informationen z.B. über den Fluchtweg (nachvollziehbarerweise) einer Plausibilitätsüberprüfung nicht stand, werden aber als Fakten präsentiert. Dennoch ist dieser Bericht ein begrüßenswerter Versuch, sich des immer wichtiger werdenden Themas anzunehmen.

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Zensur im Iran

In iranischen Gefängnissen sitzen viele Künstler und Journalisten. Die Zensur im Iran ist allgegenwärtig. Über ihr Funktionieren berichtet Saadi Nizami im Onlinedienst Telepolis vom 12. Juni 2010 unter der Überschrift „Zensur in Iran“.

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Risiken bei Rückkehr eines verurteilten PKK-Mitglieds in Türkei

In einer Auskunft äußert sich die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) am 26. Mai 2010 zu möglichen Risiken bei der Rückkehr eines verurteilten PKK-Mitglieds in die Türkei.

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Aufklärung über den Tod eines türkischen Juristen gefordert

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat sich besorgt zur Gewalteskalation gegen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und der Kirche in der Türkei gezeigt. Anlass einer Presseerklärung vom 4. Juni 2010 war der Tod des türkischen Juristen Hakan Karadag, eines der Anwälte des 2007 getöteten armenischen Journalisten Hrant Dink. Die GfbV fordert die Aufklärung der Umstände des plötzlichen Todes.

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Libyen, UNHCR und die EU

Libyen hat das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hinausgeworfen. UNHCR muss seine Büros in Libyen schließen, die Mitarbeiter müssen das Land verlassen. Nach Jahren der Tätigkeit von UNHCR im Lande entdecken die libyschen Behörden nun den angeblich illegalen Charakter der Aktivitäten von UNHCR. Libyen habe die Genfer Flüchtlingskonvention niemals unterzeichnet und erkenne die Existenz des UNHCR im Lande nicht an. Deshalb seien auch dessen Aktivitäten nicht legal. Libyens EU-Botschafter äußerte, man habe nicht nur ein Problem mit dem Status von UNHCR, sondern auch mit der internationalen Definition des Flüchtlings, die UNHCR vertrete. Diese Sicht der Dinge referierte auch treu und brav Adrianus Kotsenruijter, EU-Botschafter in Tunis am Rande der 7. Verhandlungsrunde zwischen Libyen und der EU über ein Partnerschaftsabkommen. Nun würden, so Kotsenruijter, die Vereinten Nationen das Problem lösen müssen. Man stimme jedoch im Prinzip mit der libyschen Regierung überein, dass diejenigen, die aus anderen Ländern kämen, adäquat in Libyen behandelt werden müssten, so des Gesandten hilfloses Geschwätz. Libyen hatte der EU wieder einmal ein Beispiel seiner politischen Unberechenbarkeit gegeben, mit der Aktion jedoch vermutlich auch versucht, seine finanziellen Verhandlungspositionen in Richtung EU zu verbessern. Die geht Gaddafi seit Jahren um den Bart, damit er seine Türsteher-Rolle in der südlichen Vorfeldregion der EU weiterhin spielt. Ein geschätzter bilateraler Partner ist das Gaddafi-Regime insbesondere für Italien. Doch jetzt verdichten sich auch Hinweise auf eine Intensivierung der griechisch-libyschen Zusammenarbeit. Athen sucht nach einem Retter in der Finanzkrise und hofft auf Libyen als Großinvestor, so berichtet die Financial Times Deutschland vom 9. Juni 2010 unter der Überschrift „Libyens Staatschef Gaddafi soll den Hellas Angel spielen“. Im Telekommunikationssektor gibt es bereits Abkommen. Auch über Tourismus und Fischzucht sollen Papandreou und Gaddafi möglicherweise sprechen. (Zum Rauswurf und der möglichen Weiterarbeit des UNHCR in Libyen, siehe Newsletter Italien.)

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Meldungen zur Flüchtlingspolitik der EU und einzelner EU-Länder

Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Europa nimmt zu

Die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Europa nimmt zu, unter ihnen viele Afghanen. Eine Untersuchung des UNHCR Policy Development and Evaluation Service (PDES) hat sich des Themas jetzt angenommen und unter dem Titel: “Trees only move in the wind” eine ausführliche Studie veröffentlicht. Das Haupttransitland für afghanische Flüchtlingskinder ist die Türkei. Griechenland ist ebenfalls hauptsächlich ein Transitland. Eine Reihe von jungen Afghanen, die UNHCR interviewte, gaben allerdings an, dass sie nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen, nach Italien weiter zu gelangen, schließlich geblieben seien und den Flüchtlingsstatus beantragt hätten. Die Untersuchung beschäftigt sich ausführlich mit der Situation der Betroffenen in der Türkei, in Griechenland, in Italien, in Frankreich, den Niederlanden, Norwegen und Großbritannien. Problematisch ist das Kapitel Schlussfolgerungen und Empfehlungen. Nachdem die Studie die Fluchtmotive afghanischer Flüchtlingskinder ausführlich und nachvollziehbar dargelegt hat, nähert sie sich in diesem Teil Fluchtverhinderungsstrategien und fordert die afghanische Regierung auf, Politiken und Praktiken gegen die irreguläre Migration der Bürger, insbesondere Kinder einzuführen. Klar ist, dass die Minderjährigen sich fast ausnahmslos den Netzwerkstrukturen von Menschenschmugglern ausliefern müssen, um den Weg nach Europa aus und dabei erhebliche Risiken eingehen, die in der Untersuchung beschrieben werden. Solange legale Alternativen nicht zur Verfügung stehen, wird sich am Ausgeliefertsein gegenüber den professionellen Schleuserstrukturen nichts ändern. Die UNHCR-Empfehlung, weitere Untersuchungen in Afghanistan, in Iran und Pakistan zu fördern, um aufzuklären wie Schmuggler und ihre Netzwerke operieren, dürfte vor diesem Hintergrund als eine kleine Pflichtverbeugung vor den Interessen Europas zu werten sein, an dessen Staaten ansonsten durchaus vernünftige Forderungen gerichtet werden. Trees only move in the wind...

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Kinderabschiebungspläne in Großbritannien und Dänemark

Die britische Grenzagentur (UK Border Agency – UKBA) will vier Millionen Euro investieren, um ein Reintegrationszentrum für unbegleitete Minderjährige in Kabul zu schaffen. Es soll damit möglich gemacht werden, dass jedes Jahr über hundert minderjährige Afghanen abgeschoben werden. Über die Pläne berichtete der Guardian, der aber auch darauf hinweist, dass diese Pläne sich mit denen Norwegens decken. Nach einem Bericht der dänischen Zeitung Berlingske Tidende vom 29. Mai will Dänemark ebenfalls vier Millionen Kronen für denselben Zweck ausgeben. PRO ASYL hält die Abschiebung von Minderjährigen in Kriegs- und Krisengebiete für unverantwortlich. Statt kinderfeindlicher Abschiebungspläne bedarf es einer EU-weiten Initiative zur Aufnahme und zum Schutz von Kinderflüchtlingen. Liz Fekete vom Institute of Race Relations, Autorin des Buches „They Are Children Too: A study of Europe’s deportation policies“, hat die Geschichte solcher Kinderabschiebungspläne in einem Artikel vom 9. Juni 2010 unter der Überschrift “Deportation targets trump children’s rights“ rekonstruiert.

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Artikel zur EU-Flüchtlingspolitik der letzten 20 Jahre

In einem Artikel der Le Monde Diplomatique vom 11. Juni 2010 beschäftigen sich Claire Rodier (stellvertretende Vorsitzende von Migreurop) und Alain Morice (Jurist bei Gisti, eine insbesondere im Bereich der Rechtsberatung von Migranten arbeitende Organisation) mit der EU-Flüchtlingspolitik in den letzten 20 Jahren unter der Überschrift: „Europas Mauern – Mobile Hindernisse in Wüsten und Meeren“. Besonderes Augenmerk schenken sie dem Krieg der EU-Staaten gegen potentielle Asylsuchende an der Außengrenzen und der Kooperation mit Vorfeldstaaten, von denen viele die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet haben. Die mit den Drittstaaten geschlossenen Kooperationsabkommen verletzten nicht nur die Rechte von Flüchtlingen, sie bedrohten auch ein weiteres Rechtsgut: das Recht auf Bewegungsfreiheit. Dabei diene das ideologische Konstrukt der „Ko-Entwicklung“, in dem theoretisch Migration und Entwicklung verknüpft sind zum angeblichen Wohle aller Beteiligten, lediglich dazu, den beteiligten Staaten repressive Maßnahmen schmackhaft zu machen. Zwar seien Fragen der Grenzsicherung nur ein Teilaspekt in den Verträgen, tatsächlich beträfen in der Praxis zahlreiche geplante Maßnahmen und Zahlungen in erster Linie die Abwehr der „illegalen Zuwanderung“. Staaten, die sich auf dieses Programm einließen, müssten letztlich die eigene Bevölkerung scharf überwachen.

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56 Iraker mit FRONTEX-Flug abgeschoben

Kurdische Nichtregierungsorganisationen werfen Anwälten der britischen Regierung vor, die Richter des High Court beeinflussen zu wollen, ihren Job in einer ganz bestimmten Richtung zu erledigen. Es geht dabei um einen Brief des Treasury Solicitor’s Department vom 2. Juni, in dem die Richter gewarnt werden, in letzter Minute eingelegte Rechtsbehelfe von Menschen, die nach Bagdad abgeschoben werden, als Anlass für Verzögerungen zu nehmen. Über den Sachverhalt berichtet der Guardian vom 8. Juni 2010 unter der Überschrift „Don’t delay deportation flight, government warns judges“. Immigrationsminister Damian Green erklärte, dass die UK Border Agency seit 2005 vor jedem Charterflug so handele. Dies werde auch von den Gerichten so akzeptiert. Die Regierung sei entschlossen, Steuerzahlergelder zu sparen und zügig abzuschieben. Mit dem Flug wurden am 9. Juni im Asylverfahren abgelehnte irakische Staatsangehörige nach Bagdad expediert. Der von FRONTEX arrangierte Flug legte einen Zwischenstopp in Schweden ein, wo weitere Iraker an Bord gezwungen wurden. Ein erster Abschiebungsflug nach Bagdad war im Oktober 2009 im Desaster geendet, weil sich die irakischen Behörden geweigert hatten, 34 von 44 Abgeschobenen aussteigen zu lassen, weil sie Kurden waren. Sie mussten daraufhin nach London zurückgeflogen werden.

FRONTEX hält den Abschiebungsflug in den Irak, über den der Guardian berichtete, für erfolgreich. An Bord gewesen sind nach einer FRONTEX-Pressemeldung vom 10. Juni 2010 56 Personen, unter ihnen 30 Iraker aus Schweden, 11 aus Norwegen, 11 aus Großbritannien und 9 aus den Niederlanden. Schweden hatte den Abschiebungsflug initiiert. Per-Uno Johansson, leitender Beamter der Grenzpolizei in Stockholm bewertete diesen 16. Abschiebungsflug unter der Ägide Schwedens als erfolgreich, gar als eine Quelle von good practices.

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Kritik von Amnesty International an Abschiebungen in den Irak

Ganz anders sah und sieht diesen Flug und die dahinter stehende Praxis Amnesty International. Bereits am 7. Juni 2010 hatte AI die europäischen Staaten aufgefordert, Zwangsabschiebungen von Irakern sofort zu stoppen. Die Entscheidung für Zwangsabschiebungen verstoße direkt gegen die Empfehlungen von UNHCR, der ebenfalls die Regierungen aufgefordert habe, Iraker nicht zurückzuschicken, bevor sich nicht die Sicherheitssituation verbessert habe. Die irakische Regierung sei weiterhin unfähig, ihre eigenen Bürger zu schützen, um so mehr diejenigen, die aus dem Ausland zurückkämen, so Amnesty International.

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Französischer Minister schlägt euro-amerikanische task force vor

Der französische Migrationsminister Eric Besson hat die Schaffung einer euro-amerikanischen task force zum Kampf gegen die illegale Migration vorgeschlagen. Das Ziel ist die Entwicklung eines gemeinsamen Programms für operative und technische Kooperation mit wichtigen Herkunfts- und Transitländern.

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Jubiläum des Schengen-Abkommens für Flüchtlinge kein Grund zum Feiern

„Für Flüchtlinge kein Grund zum Feiern“ ist das 25. Jubiläum des Schengener Abkommens, das mit großem Aufwand in dem kleinen Ort an der Mosel gefeiert wurde. So resümiert denn auch Stefan Troendle vom ARD-Hörfunkstudio in der Überschrift zu seinem Artikel über das Schengen-Abkommen. Die Kehrseite des Europas ohne Schlagbäume: der menschenrechtswidrige Umgang mit Flüchtlingen an den Außengrenzen.

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CIGEM in Mali leidet

Das Zentrum für Migrationsinformation und –management (CIGEM) in Mali leidet. Es leidet, so Mitglieder einer Delegation des Europaparlaments nach einem Besuch in Mali, unter mangelndem Vertrauen auf Seite der malischen Behörden. CIGEM sollte das Musterbeispiel einer Zusammenarbeit von Europa mit Drittstaaten in Sachen Migrationsmanagement sein und der Delegationsleiter des EU-Parlaments behauptete jetzt wieder, dass es sehr nützlich für die Republik Mali sei und Synergieeffekte mit Europa generiere. Die großartige Werbung zur Überwindung malischen Misstrauens gipfelt in dem Satz: „CIGEM ist kein FRONTEX auf malischem Boden“. Im Gegenteil, die Stärke von CIGEM beruhe darauf, dass die Zivilgesellschaft eingebunden werde. Das jedenfalls versucht CIGEM in Bamako seit langem, mit sehr begrenzten Effekten.

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EU leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen Belgien und Irland ein

Die EU-Kommission hat entschieden, gegen Belgien und Irland ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, da die beiden Staaten die EU-Verfahrensrichtlinie noch nicht völlig umgesetzt hätten.

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Asylsuchender stirbt in Aufnahmezentrum

Ein Asylsuchender aus der Elfenbeinküste starb in der Nacht vom 2. auf den 3. Juni im offenen Zentrum in Charleroi, nachdem er einige Tage die Nahrungsaufnahme verweigert hatte. Die belgische Tageszeitung La Libre Belgique berichtete am 11. Juni 2010 darüber: Wegen der Überfüllung in den Aufnahmezentren sei der Ivorer zunächst für zwei Monate in einem Hotel untergebracht worden. Während die Heimverwaltung sein Verhalten als „gefährlich“ beurteilt hätte, berichtet die Liga für Menschenrechte dagegen: Der Ivorer hätte nicht gesprochen, er wäre nicht aggressiv gewesen. Die verschiedenen Dienste des Zentrums hätten, so die Liga für Menschenrechte, vergeblich versucht, ein Gespräch mit ihm zu führen. Dem Mann sei es schlecht gegangen, er wäre psychisch sehr angegriffen gewesen, die Fedasil (organisiert in Belgien die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber) habe aber seinen Zustand nicht beachtet. Die Asylsuchenden müssten eine bessere medizinische und psychologische Versorgung erhalten, fordert die Liga.

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Flüchtlinge im Evros ertrunken

Bei dem Versuch, über den Grenzfluss Evros von der Türkei nach Griechenland überzusetzen, sind 16 Flüchtlinge ertrunken, so die griechische Polizei Ende Juni. Die Leichen von sechs Männern und drei Frauen wurden auf der griechischen Seite gefunden, während fünf weitere am türkischen Ufer geborgen werden konnten. Kurz zuvor wurden die Leichen von zwei Frauen entdeckt. Die Ertrunkenen hatten schwimmend versucht, das griechische Ufer des Flusses zu erreichen, der durch Regen stark angeschwollen war.

Zunehmend versuchen Flüchtlinge auf diesem Weg, die Europäische Union zu erreichen. Ebenfalls im Juni hatten griechische Behörden 25 afrikanische und afghanische Flüchtlinge aufgegriffen, die ebenfalls versucht hatten, den Fluss zu überqueren. In der Gruppe waren auch zehn Kinder. Am 8. Juni wurde die Leiche eines afrikanischen Migranten aus dem Fluss geborgen, der vermutlich zu einer Gruppe gehörte, die Ende Mai an gleicher Stelle ertrank. Aus dieser Gruppe waren bereits zwei Männerleichen gefunden worden sowie die der mutmaßlichen Mutter eines fünf Monate alten Babys. (Quelle: UNHCR Greece Press Review; 8 – 9 Juni 2010)

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Griechischer Flüchtlingsrat kritisiert das griechische Asylsystem

Nach einem Bericht des griechischen Flüchtlingsrates (Greek Council for Refugees – GCR) ist das griechische Asylsystem trotz aller regierungsamtlicher Zusicherungen zu Verbesserungen weiterhin extrem defizitär. Nach dem Bericht gibt es weiterhin faktisch keinen Zugang zum Asylverfahren. Lediglich zehn Asylanträge pro Woche werden akzeptiert. Die Bedürfnisse vulnerabler Gruppen wie schwangerer Frauen und Minderjähriger werden ignoriert. Es gebe, so der GCR keine Informationen für die Betroffenen an den Ankunftsorten. Asylanhörungen werden weiterhin ohne Dolmetscher durchgeführt. Praktisch keines der Probleme, auf die die Rechercheberichte von PRO ASYL in den letzten Jahren aufmerksam gemacht haben, scheint gelöst. (Quelle: UNHCR Greece Press Review; 8 – 9 Juni 2010)

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Ärzte ohne Grenzen kritisiert griechische Internierungslager

Vor dem Internationalen Weltflüchtlingstag am 20. Juni 2010 hat die medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen einen Bericht veröffentlicht, der die psychische Belastung für Migranten und Asylbewerber in griechischen Internierungslagern dokumentiert. Der Bericht „Migrants in detention: Lives on hold“ bezieht sich auf Untersuchungen, die in den drei Internierungslagern Pagani auf Lesbos, Filakio in der Grenzregion am Evros und Venna vorgenommen wurden. Nach Auffassung von Ärzte ohne Grenzen erfüllen die Bedingungen in den griechischen Internierungslagern weder nationale noch internationale Standards. Überfüllung, katastrophale hygienische Bedingungen, die Trennung von Familienmitgliedern sind an der Tagesordnung.

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Bürgerschutzminister Chryssochoidis zu illegaler Migration

Das Problem der illegalen Migration könne eine Bombe für die Fundamente der griechischen Gesellschaft werden, wenn man sich nicht effektiv darum kümmere, so der griechische Minister für Bürgerschutz, Michalis Chryssochoidis am 17. Juni 2010 gegenüber dem Parlamentsausschuss für öffentliche Ordnung. Das zentrale Problem sei, ob die Türkei nun endlich kooperationswillig werde und abgeschobene Migranten rückübernehme. Wenige Tage nach dieser leichtfertigen Bombenmetapher wurde auf Chryssochoidis Ministerium am 24. Juni 2010 tatsächlich ein Anschlag mit einer Paketbombe verübt, bei der ein Personenschützer getötet wurde. (Quelle: UNHCR Greece Press Review 19 – 23 Juni 2010)

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Geplanter Ausbau von Abschiebungshaftanstalt löst Befürchtungen aus

Zwei kurz hintereinander veröffentlichte Berichte warnen vor den Folgen der Planungen für Europas größtes Asyl-/Abschiebungszentrum in der Nähe des Flughafens Heathrow bei London. Die Aufnahmekapazität soll dort durch den Ausbau des schon existierenden Harmondsworth Immigration Removal Center auf 623 Plätze gesteigert werden. Das offizielle Überwachungsgremium für die Abschiebungshaftanstalt, das Independent Monitoring Board (IMB) beklagt in seinem Bericht, dass die neuen Trakte in Harmondsworth schlechtere Standards setzten als die Gebäudeteile, die sie ersetzen. Es handele sich um Gefängniszellen mit Toiletten innerhalb des Raumes und lediglich begrenztem Sichtschutz. In einem zweiten Bericht warnte auch die Chefinspektorin für Gefängnisse vor gefängnistypischer Unterbringung in kleinen und bedrückenden Zellen. (Quelle: Migration News Sheet Juni 2010)

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Irakische Asylsuchende bei Abschiebung geschlagen

Irakische Asylsuchende, die aus Großbritannien abgeschoben worden sind, haben angegeben, Personal der UK Border Agency habe sie ins Flugzeug und nach der Landung hinausgeprügelt. Dies berichtet BBC News am 18. Juni 2010 aus Bagdad. Der Abschiebungsflug, um den es geht, landete am 17. Juni 2010 um 6 Uhr morgens auf dem Flughafen in Bagdad. Journalisten wurde der Zutritt verweigert. Von 42 Abgeschobenen, die an Bord gewesen sein sollen, wurden offenbar nur sechs relativ schnell auf freien Fuß gestellt. Ein Kurde gab gegenüber der BBC an, er und andere seien nach der Landung geschlagen worden, um sie zum Verlassen des Flugzeuges zu bewegen. Dies sei im Flugzeug geschehen. Wenn einer nicht herauskommen wollte, hätten die Polizisten ihn im Nacken gepackt. Der interviewte Kurde gab an, sein ganzes Geld sei ihm gleich nach der Ankunft von der irakischen Polizei auf dem Flughafen gestohlen worden, was von irakischen Offiziellen direkt dementiert wurde. Immerhin 14 der Abgeschobenen gaben gegenüber UNHCR an, sie seien vom Personal der UK Border Agency geschlagen worden.

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Italienische Regierung ignoriert Europäischen Menschengerichtshof

Die italienische Regierung scheint entschlossen, die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte konsequent zu ignorieren, jedenfalls dann, wenn sie Menschen betreffen, die unter Terrorismusverdacht stehen. Drei Wochen, nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Italien eines Verstoßes gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention für schuldig befunden hatte, als es einen tunesischen Staatsangehörigen trotz sogenannter vom Gerichtshof verlangter interim measures nach Tunesien abgeschoben hatte, folgte ein weiterer Fall. Die jetzige Abschiebung ist der dritte Fall seit 2008, in dem die italienische Regierung das Begehren des Menschenrechtsgerichtshofs, den Vollzug einer Abschiebungsmaßnahme auszusetzen, ignoriert. Der Generalsekretär des Europarates hat Italiens Vorgehen am 19. Mai 2010 scharf verurteilt. Man riskiere, das Menschenrechtssystem auszuhöhlen, das schließlich auch zentral für den Schutz aller europäischen Bürger sei. (Quelle: Migration News Sheet Juni 2010)

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Suizidversuch eines 16-jährigen Abschiebungshäftlings

Ein 16-jähriger Abschiebungshäftling aus Afghanistan hat in Wien Anfang Juni versucht, sich das Leben zu nehmen. Er versuchte, sich mit einem Betttuch am Fenstergitter zu erhängen. Er sollte im Rahmen des Dublin-Verfahrens in das EU-Land abgeschoben werden, in dem er die EU zum ersten Mal betreten hatte (dies wird in den Medienberichten nicht genannt). Österreich steht seit langem in der Kritik wegen seines Umgangs mit minderjährigen Asylsuchenden.

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Kriminalisierung von Rechtsberatung

Scharf schießt die Wiener Fremdenpolizei, die einen Juristen wegen „Förderung rechtswidrigen Aufenthaltes“ angezeigt hat. Der Rechtsberater eines Migrantenvereins habe ein Verfahren zur Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen verhindern wollen und einen unzulässigen Aufenthalt wissentlich erleichtert. Rechtsgrundlage soll der seit Anfang 2010 geänderte Paragraph 120 des österreichischen Fremdenpolizeigesetzes sein, der bei Förderung rechtswidriger Einreise und rechtswidrigen Aufenthaltes drastische Strafen vorsieht. Über den Fall berichtete u.a. Der Standard vom 29. Juni 2010.

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Zwangsabschiebungen mit Charterflügen wieder aufgenommen

Nach zweimonatiger Schampause werden wieder Zwangsabschiebungen mit Charterflügen aus der Schweiz durchgeführt. Nach dem Tod eines Nigerianers im März hatte man die Praxis zeitweilig aufgegeben. Künftig werden Mediziner an Bord jedes Fluges sein und die Kantone müssen Flugtauglichkeitsbescheinigungen vorlegen. Abschiebungsflüge nach Nigeria bleiben jedoch weiter suspendiert, solange die Untersuchungen zum letzten Todesfall noch laufen. Die Schweiz hat den Hinterbliebenen als „humanitäre Geste“ etwa 50.000 Franken gezahlt. Insbesondere die Kantone hatten auf die Wiederaufnahme von Abschiebungsflügen gedrängt, da Abschiebehäftlinge mangels realer Möglichkeit der Abschiebung freigelassen werden mussten. (Quelle: Migration News Sheet Juni 2010)

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Gleichbehandlung von Kriminellen und Abschiebungshäftlingen

Es ist so eine Sache mit den humanitären Gesten in der Schweiz. Am 17. Mai 2010 hat die Regierung des Kantons Waadt ein Ende der Praxis der Fußfesselung von Asylsuchenden angekündigt. Bislang hatte man Asylsuchende, die zu Gerichtsverhandlungen gebracht wurden, oft mit Handfesseln und Fußketten traktiert. Die Polizei machte keinen Unterschied zwischen gewöhnlichen Kriminellen und Abschiebungshäftlingen. (Quelle: Migration News Sheet Juni 2010)

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Afrikaner auf Fluchtweg umgekommen

In der Einflugschneise des Flughafens Zürich wurde Anfang Mai die Leiche eines Afrikaners aufgefunden, der sich nach Angaben des zuständigen Untersuchungsrichters vermutlich im Fahrwerk einer Passagiermaschine versteckt hatte und auf dem Weg nach Zürich erstickt und/oder erfroren war. Vermutlich beim Ausfahren des Fahrwerks für die Landung fiel die Leiche aus dem Fahrwerkschacht. Es handelt sich nicht um den ersten Fall dieser Art in Europa. (Quelle: Migration News Sheet Juni 2010)

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Auch Slowakei ignoriert Europäischen Menschengerichtshof

Ähnliche Verachtung für den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof und die Europäische Menschenrechtskonvention wie Italien hat auch die Slowakei bewiesen, die einen algerischen Staatsangehörigen unter ähnlichen Umständen nach Algerien abschob. Während seiner Inhaftierung in der Slowakei hatten die algerischen Behörden seine Auslieferung verlangt, weil man ihn in Abwesenheit wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu lebenslanger Haft verurteilt hatte. Das slowakische Verfassungsgericht hatte entgegen der Auffassung des slowakischen obersten Gerichtshofes entschieden, dass eine Auslieferung die Menschenrechte verletzen würde. Nach einer erfolglosen Weiterflucht nach Österreich entschied der slowakische Oberste Gerichtshof am 30. März 2010 in seinem Asylverfahren negativ. Die slowakischen Behörden betrieben daraufhin erneut die Ausweisung nach Algerien. Bevor ein Antrag beim slowakischen Verfassungsgericht anhängig gemacht werden konnte, wurde der Betroffene am 19. April 2010 abgeschoben. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte war davon ausgegangen, dass seine frühere Bitte um Aussetzung der Abschiebung noch gültig sei. (Quelle: Migration News Sheet Juni 2010)

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Ceuta und Melilla auch rechtliche Exklaven

Ein spanisches Gericht in Ceuta hat entschieden, dass Personen, denen Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt worden ist, Ceuta nicht in Richtung des spanischen Festlands verlassen dürfen. Das Gericht schloss sich der Auffassung der spanischen Regierung an und entschied, dass die zwei spanischen Exklaven in Marokko Ceuta und Melilla nicht Teil des Schengen-Gebietes sind. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass die von den spanischen Behörden ausgestellte gelbe Karte für Asylsuchende oder subsidiär Geschützte nicht ausreicht, um das Schengengebiet betreten zu dürfen.

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zusammengestellt von Judith Gleitze, Palermo

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