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"60 Jahre Grundgesetz - mehr Demokratie wagen!"
die Humanistische Union (www.frankfurt.humanistische-union.de), das Fritz Bauer Institut (www.fritz-bauer-institut.de) und die Frankfurter Rundschau (www.fr-online.de) laden  zum Kongreß "60 Jahre Grundgesetz - mehr Demokratie wagen!" am Samstag, den 23. Mai 2009 von 11:00 bis 17:00 im Uni-Campus Westend, Casino am IG Farben-Haus, Raum 1.811, ein.

Am 23. Mai 2009 wird das Grundgesetz 60 Jahre alt - Zeit für eine Bestandsaufnahme: Wie hat sich unsere Verfassung in dieser Zeit weltpolitischer Umwälzungen bewährt und welche Modernisierungen sind mit Blick auf mehr Demokratie wünschenswert oder notwendig? Die Grundrechte werden unverändert garantiert - doch mit welchen Einschränkungen? Und welche Bedeutung haben die Freiheitsgarantien heute noch in der Praxis?

Auf dem Kongreß blicken wir sowohl zurück: auf die Veränderungen in den letzten 6 Jahrzehnten - zugleich aber nach vorn: was sind Antworten auf die Herausforderungen gerade unserer aktuellen Situation?

Es referieren:
11:00: Peter Menne,
Vorsitzender der HU Frankfurt: Einführung

11:15: Prof. Dr. Rosemarie Will,
Professorin für Öffentliches Recht, Humboldt-Universität Berlin und Bundesvorsitzende der Humanistischen Union:
Gibt es ein "Grundrecht auf Sicherheit"?

12:15: PD Dr. Werner Konitzer,
stv. Direktor des Fritz Bauer Instituts:
Asyl und Migration: Zur Geschichte eines politischen Rechts in der Bundesrepublik.

14:00: Dr. des. Volker Mittendorf,
Universität Wuppertal:
Direkte Demokratie im Grundgesetz - ein uneingelöstes Versprechen?

15:00: Dr. Sascha Liebermann,
Mitgründer der Initiative "Freiheit statt Vollbeschäftigung", Technische Universität Dortmund (bis 2007):
Den Sozialstaat auf das Fundament stellen, auf dem die Demokratie schon ruht - durch ein bedingungsloses Grundeinkommen


Anfahrt  zum Uni-Campus Westend, Casino am IG Farben-Haus, Raum 1.811:

Mit den Linien U 1, 2 oder 3 bis "Holzhausenstraße". Von dort zu Fuß durch die Holzhausenstraße und die Bremer Straße zum Grüneburgplatz (der Beschilderung "Campus Westend" folgen). Oder mit der U 4 bis "Bockenheimer Warte", dort umsteigen in den Bus Linie 36 in Richtung "Hainer Weg" bis "Oberlindau / Universität".

Im Stadtteil Frankfurt Westend-Nord gibt es nur wenige freie Parkmöglichkeiten. Ein kleiner Parkplatz befindet sich an der Kreuzung Hansaallee / Bremer Straße.

Anfahrtsskizze :  http://www.unistart-frankfurt.de/images/Anfahrt_Campus_Westend_v21.pdf

Der Eintritt ist frei -doch sind wir für jede Spende dankbar. 

 

 

Die Themen

Gibt es ein "Grundrecht auf Sicherheit"?

von Prof. Dr. Rosemarie Will, 11:15 Uhr

Die Auseinandersetzung um die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit ist immer schon eine Auseinandersetzung um unser Staatsverständnis, um das angemessene Verhältnis zwischen Staat und Bürgern. Seitdem Josef Isensee 1983 ein "Grundrecht auf Sicherheit" proklamierte, dass allen anderen Grundrechten voraus gehe, droht eine Umkehrung dieses Verhältnisses: Um die Sicherheit des Staates und seiner Mitbürger zu gewährleisten, seien radikale Einschnitte in die Freiheitsgarantien des Einzelnen hinnehmbar.

Rosemarie Will wird die rechtspolitische Diskussion um dieses angebliche "Recht auf Sicherheit" darstellen. Neben den rechtsphilosophischen Implikationen zeigt ihr Vortrag die praktischen Konsequenzen eines grenzenlosen Strebens nach mehr Sicherheit auf, dass die deutsche Sicherheitspolitik der letzten Jahren kennzeichnet.

Asyl und Migration: Zur Geschichte eines politischen Rechts in der Bundesrepublik.

von PD Dr. Werner Konitzer, 12:15 Uhr

Der Artikel 16 im Grundgesetz, der jedem politisch Verfolgten ein individuelles Recht auf Asyl zuspricht, stellte eine unmittelbare Reaktion auf die Erfahrung der nationalsozialistischen Vergangenheit dar. In seiner Geschichte spiegelt sich das Verhältnis der Bundesrepublik zur NS-Verrgangenheit, aber auch zu den aktuellen Rechten derer, die dem Staat nicht zugehören. Welche Rolle hat dieses Recht in der Geschichte der Bundesrepublik gespielt? Warum wurde der Paragraph abgeändert? Was ist von dem Recht geblieben?

Direkte Demokratie im Grundgesetz - ein uneingelöstes Versprechen?

von Dr. des. Volker Mittendorf, 14:00 Uhr

Das Volk übt seine Souveränität gemäß Artikel 20 Grundgesetz auch durch Volksabstimmungen aus. Dennoch wird das Grundgesetz als "prononciert antiplebiszitär" ausgelegt (Frank Decker). Und trotz mittlerweile hoher Zustimmung in der Bevölkerung findet der Vorschlag, direkte Demokratie auch auf Bundesebene zu etablieren, im Bundestag nicht die nötige Zweidrittelmehrheit. Mittendorf setzt sich mit dem immer noch gepflegten Missverständnis der plebiszitären Wirkung direkter Demokratie und beleuchtet vor den Erfahrungen auf Kommunal- und Landesebene sowie in der Schweiz mögliche Ausgestaltungen direkter Demokratie im Grundgesetz. Darüberhinaus legt er dar, wie Volksbegehren und Volksentscheid dem stärker werdenden Mißtrauen gegenüber der Demokratie als Staatsform - wie es jüngst eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung gezeigt hat - sowie dem stärker werdenden Rechtsradikalismus entgegenwirken könnten. Schließlich wird dargestellt, welche Probleme der direkten Demokratie bei einer ernstlichen Debatte aufgearbeitet werden müssten.

Den Sozialstaat auf das Fundament stellen, auf dem die Demokratie schon ruht – durch ein bedingungsloses Grundeinkommen

von Dr. Sascha Liebermann, 15:00 Uhr

Liebermanns Thesen:
1. Demokratische Gemeinwesen gründen in der Souveränität ihrer Bürger. Sie sind das Fundament und damit die Legitimationsbasis politischer Ordnung. Bedingungsloses Vertrauen in die Bürger und ihre Loyalität ist unabdingbare Voraussetzung staatlicher Ordnung.
2. Jegliche politische Entscheidung muss sich vor diesem Hintergrund rechtfertigen, sie muss dazu beitragen, die Grundfesten demokratischer Ordnung zu stärken.
3. ‚Aktivierende Sozialpolitik’ ersetzt Freiheit durch fürsorgliche Bevormundung. Wo ‚Anreize’ regieren, wo immerzu ‚gesteuert’ und gelenkt werden soll, wird Selbstbestimmung durch Fremdbestimmung ersetzt. Dies untergräbt die Grundlagen demokratischer Gemeinwesen.
4. Ein bedingungsloses Grundeinkommen von der Wiege bis zur Bahre, hoch genug, um tatsächlich davon leben zu können, pro Kopf jedem Staatsbürger und dauerhaft Aufenthaltsberechtigten gewährt, Kindern wie Erwachsenen gleichermaßen, wäre der demokratischen Ordnung gemäß.
5. Ein bedingungsloses Grundeinkommen anerkennt die Bürger als Fundament des Gemeinwesens, maximiert ihre Freiräume, gibt ihnen Verantwortung in die Hand und lässt den Souverän souverän sein.
6. Ein bedingungsloses Grundeinkommen fördert Eigeninitiative, erhöht die Chance, dass jeder das macht, was seinen Neigungen und Fähigkeiten am besten entspricht, und hört auf, darüber zu bestimmen, was der Einzelne mit seinem Leben anzufangen hat.
7. Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist nicht idealistisch, es ist auch nicht utopisch - es ist die konsequente Fortentwicklung des Sozialstaats.

Die ReferentInnen

Prof. Dr. Rosemarie Will lehrt Staats- und Verwaltungsrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin und ist seit 2005 Bundesvorsitzende der Humanistischen Union.

1984 wurde Rosemarie Will als Professorin für Staatsrecht an die Humboldt-Universität Berlin berufen. Von 1993 bis 1995 wechselte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe. Von 1996 bis 2006 war sie Richterin am Landesverfassungsgericht Brandenburg. Rosemarie Will ist Mitherausgeberin der "Blätter für deutsche und internationale Politik".

Ausgewählte Publikationen:
Rechtsstaatlichkeit als Moment demokratischer politischer Machtausübung, Deutsche Zeitschrift für Philosophie 1989, S. 801 ff.

Die Menschenwürde. Zwischen Versprechen und Überforderung, in: Fredrik Roggan (Hrsg.), Mit Recht für Menschenwürde und Verfassungsstaat. Festgabe für Dr. Burkhard Hirsch, Berlin Verlag 2006.

PD Dr. phil. Werner Konitzer ist stellvertretender Direktor des Fritz Bauer Instituts zur Erforschung der Geschichte und Wirkung des Holocausts.

Bis Mai 2006 arbeitete Konitzer am Hamburger Institut für Sozialforschung im Arbeitsbereich "Nation und Gesellschaft" zum Arbeitsgebiet: "Ethik nach dem Holocaust. Moralische Argumentationen in den Debatten um die Geschichte des Nationalsozialismus". Er lehrte als Privatdozent an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Europa Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) am Lehrstuhl für Sprachwissenschaft II: Linguistische Kommunikations- und Medienforschung.

Ausgewählte Publikationen:
Alibi oder Zeuge? Ignatz Bubis und die fremdenfeindliche Gewalt im wiedervereinigten Deutschland, in: Ignatz Bubis. Ein jüdisches Leben in Deutschland. Ausstellungskatalog, hrsg. von Fritz Backhaus, Raphael Gross und Michael Lenarz, Frankfurt am Main 2007.

Medienphilosophie. Mänchen 2006

Antisemitismus und Moral. Einige Überlegungen, in: Mittelweg 36, Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung, 14. Jg., 2005

Die mosaische Unterscheidung. Zwei Erzählungen zur Erklärung antisemitischer Affekte, in: Mittelweg 36, 13. Jg., 2004

Dr. des. Volker Mittendorf (http://www.volkermittendorf.de) arbeitet als Akademischer Rat an der Bergischen Universität Wuppertal. Er lehrt und forscht zu Bürgerbeteiligung und Direkter Demokratie und arbeitet in der Partizipationsberatung.  Zuvor arbeitete Mittendorf an der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie der Philipps-Universität Marburg und baut dort die Datenbank "Bürgerbegehren" mit auf.

Ausgewählte Publikationen:
(2008): Auswirkungen von Quoren und Themenrestriktionen bei kommunalen Bürgerbegehren im Ländervergleich. In: Vetter, Angelika (Hg.): Erfolgsbedingungen lokaler Bürgerbeteiligung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 73–102.

(2008): Kriminalpolitik und neue Kommunikationstechniken - politikfeldanalytische Betrachtungen. In: Lange, Hans-Jürgen (Hg.): Kriminalpolitik. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 269–287.

(2008): Bürgerbegehren und Volksentscheide gegen Privatisierungen und die Rolle der Gewerkschaften. In: Brandt, Torsten (Hg.): Europa im Ausverkauf. Liberalisierung und Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und ihre Folgen für die Tarifpolitik. Hamburg: VSA-Verl., S. 310–329.

Dr. Sascha Liebermann hat gemeinsam mit Kollegen im Jahr 2003 die „Initiative Freiheit statt Vollbeschäftigung” (http://freiheit-statt-vollbeschaeftigung.de) gegründet, die sich seitdem öffentlich für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens einsetzt.
Liebermann studierte Philosophie, Soziologie und Psychoanalyse in Frankfurt. Nach Abschluß des Philosophiestudiums (1995) promovierte er im Forschungsschwerpunkt von Ulrich Oevermann. Von 1999 bis 2001 war er zuerst wissenschaftlicher Mitarbeiter, von 2001 bis 2007 wissenschaftlicher Assistent an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Technischen Universität Dortmund. Gegenwärtig ist er freiberuflich tätig.

Ausgewählte Publikationen:
Die Krise der Arbeitsgesellschaft im Bewußtsein deutscher Unternehmensführer : eine Deutungsmusteranalyse, Frankfurt: Humanities Online, 2002

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